Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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19. Oktober 1811 Denkmal für die Königin Luise in Gransee

Die schöne Luise, Königin von Preußen! Ihr kurzes Leben hatte gewaltige Nachwirkungen. Am 19. Oktober 1811 wurde ihr erstes Denkmal in Gransee eingeweiht, ein ganzer Luisenkult folgte.

Stand: 19.10.2011 | Archiv

19 Oktober

Mittwoch, 19. Oktober 2011

Autor(in): Thomas Morawetz

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Redaktion: Thomas Morawetz / Wissenschaft und Bildung

Ende Juli 1810: Der Sarg mit der Königin Luise von Preußen wird nach Berlin gebracht. Vor einer Woche ist sie gestorben, ein Sommerausflug in Brandenburg, plötzlich hohes Fieber, kurz darauf war sie tot. Nur 34 Jahre alt ist sie geworden. Die Ärzte sagen, sie sei an gebrochenem Herzen gestorben.

Im kleinen Ort Gransee macht der Leichenzug Rast. Die Bürger dort sind so ergriffen, dass sie danach ein Denkmal haben wollen. Ein gutes Jahr später wird es eingeweiht, am 19. Oktober 1811: ein Sarkophag auf einem Sockel, darüber ein eiserner gotischer Baldachin.

Es gibt ein schönes Foto im Internet. Darauf sieht man eine Gruppe von Mädchen und Jungen vor dem Denkmal stehen, eine Schulklasse. Vor ihnen ein Mann, der offenbar erzählt, wer diese Luise war. Die Klasse lauscht, mit hängenden Schultern. Luise - o.k., wer war die?

Küsse und Demütigung

Mit 17 kommt Luise nach Berlin, als Braut des Prinzen, des späteren Königs Friedrich Wilhelm III. Die halbe Stadt ist auf der Straße und jubelt. Und Luise - hebt ein kleines Mädchen aus dem Volk hoch und küsst es. Ein Schock, ein Zeichen! Ein totaler Verstoß gegen die Etikette! Jetzt schwärmt ganz Berlin: Wenn die mal Königin wird, wird alles anders!

Und das wollen die Bürger auch. Reformen müssen her, und die küssende Luise wird das Symbol der Hoffnung - und bald Königin. Doch Küsse reichen bald nicht mehr aus, Napoleon ist im Anmarsch. Soll Preußen Krieg riskieren? Der König zögert, doch Luise will, und es kommt zur Katastrophe: Napoleon schlägt die preußische Armee vernichtend, und Luise flieht - durchs ganze Land, ohne Gatten, typhuskrank, durch Eis und Schnee. Erst dann besinnt man sich auf Verhandlungen mit dem Sieger. Und so kommt es zur schicksalhaften Begegnung in Tilsit: Luise trifft auf Napoleon.

Was spielt sich damals wirklich ab? Luise soll natürlich einen günstigen Frieden für Preußen rausschlagen, doch das Treffen wird ein Fiasko. Napoleon brüstet sich danach gegenüber einem General, dass er dem vollsten und tiefsten Dekolleté, das je eine Deutsche herzeigte, standgehalten habe. Dann strich er Preußen auf die Hälfte zusammen.

Luisenmanie im ganzen Land

Was für eine Demütigung! Und die Preußen sind sich sicher: Unsere Luise hat sich geopfert - für uns! Drei Jahre später ist sie plötzlich tot, und sofort bricht eine Luisenmanie über das Land herein. Gransee beginnt mit den Denkmälern, dazu kommen bald Luisen-Straßen, -Plätze, -Wäldchen, Luisenbilder auf Vasen und Geschirr.

Als Napoleon dann doch noch besiegt wird, steht der alte General Blücher auf dem Montmartre in Paris und sagt in die Abenddämmerung: "Luise, du bist gerächt." Aber es kommt noch dicker: Luises Sohn Wilhelm wird später der erste Kaiser des Deutschen Reichs. Jetzt hat ihr Opfer seinen ganzen Sinn erfüllt. Luise wird zur Madonna des neu gegründeten Deutschlands.

Erst Hitler zeigte sich reservierter. Als Führer konnte er keine Madonna neben sich brauchen. Ein Riesenglück für Luise, so war sie später wenigstens nicht auch noch eine Nazi-Ikone. Und tatsächlich kann man sie inzwischen wieder brauchen: Seit 1989 schon mal als Briefmarke und noch viel besser: Zum 200. Todestag 2010 wurde sie als Miss Preußen gefeiert, ja sogar als It-Girl und Fashion Victim - und: als Working Mom. Schön, das passt auf jeden Fall, denn Luise hatte neben dem ganzen Preußen-Stress auch noch zehn Kinder geboren. Ob die Schulklasse in Gransee irgendwas davon beeindruckt hat?


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