Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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15. Oktober 1929 Premiere für Fritz Langs "Die Frau im Mond"

Fritz Lang hat oft bewiesen, was für ein Visionär in ihm steckt. Am 15. Oktober 1929 führt er der Welt zum ersten Mal seinen Film "Frau im Mond" vor - und nebenbei auch den ersten Countdown der Geschichte.

Stand: 15.10.2013 | Archiv

15 Oktober

Dienstag, 15. Oktober 2013

Autor(in): Markus Mähner

Sprecher(in): Andreas Wimberger

Illustration: Angela Smets

Redaktion: Thomas Morawetz

Zehn, Neun, Acht. Der Mann reißt die Augen auf und zählt mit: Vier, Drei, Zwei, Eins. Jetzt! - Und schon hinterlässt die Rakete nur noch einen hellen Streifen. Die Menge applaudiert frenetisch, Münder stehen offen.

Einstein bei der Premiere

Die Szene ereignet sich nicht in Cape Canaveral, sondern im Kino, im Ufa-Palast am Berliner Zoo. Es ist der 15. Oktober 1929. An diesem Tag sieht die Welt zum ersten Mal den Science-Fiction-Thriller "Frau im Mond". Regisseur Fritz Lang hat mit Filmen wie "Metropolis" bereits bewiesen, welch prophetisches Potential er besitzt. Dementsprechend groß ist die Erwartung des ausgewählten Publikums: Der gesamte Aufsichtsrat der UFA ist zugegen, der amerikanische Botschafter teilt sich mit Vertretern aus Politik und Wirtschaft die vorderen Reihen. Dazwischen führende Wissenschaftler: Albert Einstein, der sieben Jahre zuvor den Nobelpreis für Physik erhalten hat, sitzt unweit von Hermann Oberth, einem der führenden Köpfe in Sachen Raumflug und Raketenantrieb.

Oberth ist nicht zuletzt aus beruflichen Gründen im Ufa-Palast. Er stand Regisseur Lang in technischen Fragen maßgeblich zur Seite. Die Idee des Flüssigantriebs und einer Rakete mit mehreren abstoßbaren Stufen gehen auf ihn zurück - Visionen, die später Standard bei der bemannten Raumfahrt werden sollten. Auch das äußere Erscheinungsbild der Rakete wird sich als schockierend realistisch erweisen. Mit ihrem schwarz-weißen Anstrich ähnelt sie schon der V2-Rakete, die später während des Zweiten Weltkriegs London in Angst und Schrecken versetzen wird. Die Filmrakete, die zudem noch "Friede" benannt ist, gleicht der Vernichtungs-Waffe so sehr, dass die Nationalsozialisten später alle Raketenmodelle des Films vernichten lassen und den Film aus der Öffentlichkeit ziehen. Die Ähnlichkeit ist allerdings auch kein Zufall: Oberth beriet nicht nur Fritz Lang für den Film, sondern Jahre später auch Wernher von Braun, der die V2 konstruierte.

Countdown für die Spannung

Während Oberth die technischen Visionen beisteuerte, erfand Fritz Lang quasi nebenher einen dramaturgischen Standard, der noch heute bei jedem Raketenstart den Höhepunkt darstellt: Den Countdown! In "Frau im Mond" wird zum ersten Mal in der Geschichte der Start einer Rakete mit einem Countdown eingeleitet. Bis dahin zählte man in der Science-Fiction-Literatur und auf ersten Testgeländen entweder gar nicht oder einfach bis zu einem festgelegten Zeitpunkt. Doch da wisse das Publikum doch nicht, wann es losgeht, meinte Fritz Lang. Nur wenn rückwärts gezählt wird, könne Spannung beim Publikum erzeugt werden. Wie recht er hatte!

Knappe 40 Jahre später zählte die ganze Welt die magischen Zahlen von 10 bis 0 herunter, als in Cape Canaveral drei Männer sich ebenfalls auf die Reise zum Mond machten. Diesmal war jedoch keine Frau an Bord. Auch das Ziel war ein anderes: Während Armstrong, Aldrin und Collins einfach nur den Mond betreten und wieder zurückkommen sollten, war für die Raumfahrer im Film die Suche nach Gold und Wasser der Antriebsmotor. Danach wurde übrigens - ganz altertümlich, oder vielleicht  auch wieder sehr modern - mit der Wünschelrute gesucht.


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