Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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13. Februar 1858 Erste Afrikaforscher am Tanganjikasee

Seit Jahrtausenden rätselten die Menschen über die Quellen des Nils. Als die Afrikaforscher Speke und Burton am 13. Februar 1858 an den Ufern des Tanganjikasees standen, schien die Antwort gefunden.

Stand: 13.02.2014 | Archiv

13 Februar

Donnerstag, 13. Februar 2014

Autor(in): Brigitte Kohn

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Illustration: Angela Smets

Redaktion: Thomas Morawetz

Als der britische Afrikaforscher John Hanning Speke am 13. Februar 1858 endlich am Ufer des zentralafrikanischen Tanganjikasees stand, sah er zunächst einmal nichts. Er fieberte und bekam seine vereiterten, entzündeten Augen nicht auf. So brachen seine Begleiter ohne ihn in Jubel aus, überwältigt vom Anblick des gigantischen Sees, der im unvergleichlichen Licht der tropischen Sonne funkelte. Ein Fest für die Seele, schrieb Spekes Kollege und Reisegefährte Richard Burton, aller Qualen wert, die sie durchgestanden hatten: Malariaattacken, giftige Insekten, geschwollene Füße, temporäre Blindheit, Angst vor Löwen und Schlangen und vor Sklavenhändler-Karawanen.

Suche nach der Quelle des Nils

Sich als erste Europäer in ein Gebiet zu wagen, von dem niemand eine  Vorstellung, geschweige denn eine Landkarte hatte, ohne Handy, Auto und Antibiotika und ohne jeden Kontakt zur gewohnten Welt, das hatte auch die Freundschaft zwischen Burton und Speke auf eine harte Probe gestellt. Zwischen den beiden kriselte es gewaltig, auch jetzt, als sie gemeinsam den zweittiefsten und sechstgrößten See der Erde entdeckt hatten. Denn die Frage, um die sich alles drehte, war immer noch unklar: Ist dieser Tanganjika-See nun die Quelle des Nils oder nicht? Die Suche nach den Nilquellen trieb die Menschen jener Tage regelrecht um.

Der Nil, länger als der Rhein, die Oder, die Elbe und die Donau zusammen, der Nil, dessen Schlamm die Wüste fruchtbar macht und die altägyptische Hochkultur ermöglichte, der Nil, dieser gewaltige Menschheitsstrom, gab das Geheimnis seines Ursprungs schon seit dem Altertum nicht preis. Er kommt irgendwo aus dem Urschlamm, glaubten die alten Ägypter, und schreckliche Dämonen bewachen seine Quelle. Die Frage, wo genau die sei, wäre ihnen so vermessen erschienen wie uns die Frage nach dem Ort, an dem Gott wohnt.

Heißer als der heißeste Dschungel

Doch die Zeit der Mythen war vorbei; das Kolonialzeitalter wollte eine überschaubare, beherrschbare Welt. Richard Burton erklärte den Tanganjika-See zum Ursprung des Nils und fühlte sich tief gekränkt, als John Speke noch einmal allein aufbrach, um einen weiteren See zu finden: den Victoria-See. Nun hatte also jeder der beiden Seen einen Fürsprecher, der ihn in den Rang einer Nilquelle erhob, und der daraus entstehende Dauerzwist erwies sich als heißer als der fieberheißeste Dschungel. Er spaltete die Fachwelt und belastete Speke dermaßen, dass er 1864 Selbstmord beging.

Dabei lag er mit seiner Theorie gar nicht so falsch: Als Ursprung des Nils gelten heute die Mondgebirge Ruandas, deren Niederschläge über einen Quellfluss des Nils, Kagera genannt, in den Victoria-See gelangen. Insgesamt betrachtet, bezieht der riesige Strom mit seinen Nebenarmen und Zuflüssen sein Wasser aus einem Einzugsgebiet von 2,9 Millionen Quadratkilometern. Bis man das einigermaßen durchschauen und beschreiben konnte, floss noch viel Schweiß und Tinte. Heute haben sowohl der Tanganjika-See als auch der Victoria-See große Umweltprobleme, und es bleibt zu hoffen, dass man die schneller in den Griff bekommt als die Frage nach dem Ursprung des Nils.


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