Bayern 2

Wie werde ich Heiliger? Der steinige Weg zur Seligsprechung

Die katholische Kirche kennt heute etwa 20.000 Heilige und Selige, und diese Zahl erhöht sich ständig. Doch wer kann denn überhaupt in den Kreis der Auserwählten gelangen? Hätte womöglich auch unser Autor Thomas Grasberger eine Chance?

Author: Thomas Grasberger

Published at: 16-6-2022 | Archiv

"Im Grunde geht es dabei ja immer um den lieben Gott. Denn so ein Heiliger ist ja nur ein Vermittler, der einer Gottheit besonders nahe steht. Es gibt solche vollkommenen Menschen in allen Religionen. Sie gelten als heilig, weil sie in ihrer Lebensführung vorbildlich sind."

(Thomas Grasberger)

Manchmal dauert es hunderte von Jahren bis zur Seligsprechung

In den meisten Fällen ist der Weg zum Heilig-Sein lang und steinig, hat Thomas Grasberger bei seinen Recherchen herausgefunden: Mehrere Jahrhunderte dauert es manchmal bis zur Seligsprechung - der unabdingbaren Vorstufe für eine Heiligsprechung.

Wie der Prozess abläuft, davon erzählt Johannes Modesto, der als so genannter "Postulator" für das Erzbistum München und Freising die Zeugnisse dafür sammelt und auch sonst die Verfahren vorbereitet, von denen er derzeit mehrere "in Arbeit" hat.

Johannes Modesto

"Also nach dem Ableben einer möglichen seligen Person muss eine sogenannte 'Fama sanctitatis' da sein, ein Ruf der Heiligkeit.

Das heißt also, Gläubige müssen dem Erzbischof schreiben und sagen: Ich möchte, dass der Herr Maier oder die Frau Müller selig gesprochen wird, weil der war so gut zu den Anderen, hat sich für die Anderen eingesetzt und war immer freundlich. Also da muss praktisch ein Ruf der Heiligkeit da sein, weil sonst geht das nicht.

Dann kann man einen Prozess eröffnen, aber wenn diese Voraussetzung nicht gegeben ist, dann ist eigentlich der Prozess von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Es ist eigentlich ein urdemokratischer Vorgang, so eine Seligsprechung. Also ohne das Votum der Gläubigen gibt es keine Seligsprechung."

(Dr. Johannes Modesto, Polstulator)

"Tja, vielleicht hat sich mir deshalb die Frage nie gestellt. Das Anforderungsprofil entspricht wohl nicht ganz den Fähigkeiten des Bewerbers. Aber wer weiß? Vielleicht wird's ja noch. Wunder geschehen immer wieder. Sagt man."

(Thomas Grasberger)

Der heilige Bruder Konrad von Parzham

Bruder Konrad von Parzham, Glasfenster in der Bruder-Konrad-Kirche zu Altötting

Dass die Welt der Heiligenverehrung auch jenseits der theologischen Fachwelt heute noch recht lebendig ist, zeigt das Beispiel des heiligen Bruder Konrad von Parzham. Aufgewachsen als Bauernbub im niederbayerischen Rottal eroberte er im 19. Jahrhundert als demütiger Klosterpförtner im oberbayerischen Marienwallfahrtsort Altötting die Herzen der gläubigen Besucher.

Im Jahr 2018 feiern zahlreiche Fans den zweihundertsten Geburtstag des Heiligen mit Pontifikalmessen, Lichterprozessionen und feierlichen Umzügen, bei denen die Bruder-Konrad-Kopfreliquie präsentiert wird.

Für den Autor Martin Winkelbauer vom Theaterhof Halsbach war Bruder Konrad vor allem ein ganz außergewöhnlicher Mensch:

"Seine Gelassenheit, seine große Güte, seine Gewaltlosigkeit. Diese Gewaltlosigkeit, bis an die Grenzen, sag ich jetzt mal, wo es fast schon nicht mehr zum Aushalten ist."

(Martin Winkelbauer)

Schwierig wird's für uns Heutige mit bestimmten Tugenden, die an Bruder Konrad gerühmt wurden: Demut und Gehorsam, Unterordnung und selbstvergessenes Dienen. Das sind keine modernen Erziehungsideale, eher Untertanentugenden.

Aber vielleicht muss man sie aus ihrer Zeit heraus verstehen. Bruder Konrad ist 1894 verstorben, 15 Jahre nach seinem Tod nahm seine Verehrung so richtig Fahrt auf. Aus durchaus handfesten Gründen: Damals brauchte Altötting für die boomende Marien-Wallfahrt dringend eine größere Kirche.