"An Inbuilt Fault" Wenn Westerman leidet, klingt das leider sehr gut
Der 31jährige Brite Will Westerman ist nicht der einzige Musiker, der seinen Depressionen in seinen Songs Ausdruck verleiht. Der einstige Chorsänger und ADHS-Patient hat sein zweites Album „An Inbuilt Fault“ genannt. Der „eingebaute Fehler“ ist ein permanentes Unwohlsein, das er allerdings in wunderschöne Songs verpackt hat.

Unter den vielfältigen, kulturellen Einflüssen des Albums von Will Westerman, sind auch zwei Filme aus den 50er Jahren, also aus der Ära des Existenzialismus, der Sinnsuche in der Zeit nach dem verheerenden Zweiten Weltkrieg. Der eine Film ist Ingmar Bergmans Meisterwerk "Das siebente Siegel", in dem ein alternder Ritter mit dem Tod Schach spielt, mitten in den Qualen der Pest-Epidemie. Der andere ist "Ikiru" vom Japaner Akira Kurosawa, dort will ein Krebskranker noch kurz vor seinem Tod Gutes tun und sich mit den Mitmenschen versöhne. Als britisches Remake namens "Living" ist der Film im Moment zufällig wieder im Kino. Der Einzelne und das unabwendbare Schicksal: das ist auch das Thema von Westermans zweitem Album, etwa wenn er in "Pilot was a Dancer" singt: Bin ich der letzte Überlebende am Ende der Welt?
YouTube-Vorschau - es werden keine Daten von YouTube geladen.

Pilot Was A Dancer
Vertonte Depressionen
In der härtesten Phase der Corona-Pandemie steckte der Londoner Westerman in Italien fest, zuvor hatte er einige Monate lang in den USA gelebt. Die Isolation traf den damals knapp 30jährigen schwer, verstärkte seine Ängste und Depressionen. Er habe nicht gewusst, ob diese Songs je erscheinen würden, hat er zu Protokoll gegeben. Aber zurück in London traf er eher zufällig auf die richtige Person, nämlich auf James Krivchenia, den Schlagzeuger der amerikanischen Band Big Thief. Krivchenia hörte Westermans Demos und war sofort zu einer Zusammenarbeit bereit. So entstanden magische Songs mit fantastischen Off-Beats wie "A Lens Turning."
"I know what I like and I like what I know" singt Westerman hier - und auch dies ist eine Anspielung auf längst vergangene Zeiten. Vor fünfzig Jahren sang diese Worte Peter Gabriel auf einem Hit seiner damaligen Band "Genesis". Und tatsächlich erinnern die Arrangements, das immer leicht Surreale an Westermans Musik zuweilen an die frühen Solo-Platten Peter Gabriels. Aber es wäre unzutreffend, "An Inbuild Fault" deshalb ein Prog-Rock-Album zu nennen. Wenn schon ein Genre herhalten muss, dann geht es hier eher um Folktronica, denn am meisten erinnert Westerman an Bon Iver.
YouTube-Vorschau - es werden keine Daten von YouTube geladen.

Westerman - A Lens Turning (Official Music Video)
So viel Musikgeschichte steckt in Westermans Album
Wenn man jetzt noch weiß, dass Westerman sich beim Schreiben des Albums einerseits von Barockmusik und andererseits vom Album "Future Days" der Kölner Band Can inspirieren ließ, kann man gar nicht anders als beeindruckt zu sein von so viel kultureller Bildung des 31jährigen. Im Titelstück "An Inbuilt Fault" klingt dann auch noch der Gitarrenstil Joni Mitchells an, der originelle Basssound des Jazzers Jaco Pastorius und zugleich die englische Folklore des 19. Jahrhunderts.
Es ist also ein gerüttelt Maß an Referenzen, dass einem beim Hören dieses Albums um die Ohren fliegt. Aber Westerman war es eben wichtig, klarzustellen, aus welchen Quellen heraus er seine Musik konstruiert. Umso erstaunlicher ist, wie eigenständig dieser eingebaute Fehler am Ende ausgefallen ist.
YouTube-Vorschau - es werden keine Daten von YouTube geladen.

Westerman - Give (Official Audio)