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"Inside" In diesem Film spielt Willem Dafoe einen Dieb, der am Tatort ums Überleben kämpft - monatelang

Kunstdieb Nemo, gespielt von Willem Dafoe, soll einen Millionär um seine Kunstwerke erleichtern. Doch der Auftrag geht schief und die Schließanlage blockiert. Nemo sitzt in dem unbewohnten Smart Home fest: wochen-, monatelang. Er stößt dabei die Grenzen der Existenz und Philosophie.

Author: Roderich Fabian

Published at: 15-2-2023

"Inside" - Szenenbild: Kunstdieb Willem Dafoe trägt ein Gemälde | Bild: SquareOne Entertainment

„Inside“ beginnt mit einer Kamerafahrt durch ein menschenleeres New Yorker Luxusappartement mit zehn Meter hohen Wänden. Überall hängen moderne, großflächige Gemälde. Aber dies ist kein Museum, sondern eine Privatwohnung von einem offenbar steinreichen Menschen, denn es gibt auch einen Pool, elegante Sitzbereiche, mehrere Terrassen und eine mondäne Küche. Aus dem Off hören wir eine Stimme, die scheinbar von dem Milliardär stammt, dem dieses Monstrum gehört: „Als ich ein Kind war, befragte mich mein Lehrer, welche drei Dinge ich aus meinem Haushalt retten würde, wenn’s brennt. Und ich antwortete: Mein Skizzenbuch, mein AC/DC-Album und meinen Kater Groucho. Meine Eltern oder meine Schwester habe ich nicht erwähnt. Macht mich das zu einem schlechten Menschen? Katzen sterben, Musik verstummt, aber Kunst bleibt für immer.“ 

Von nun an Gefangener

Dann sehen wir Willem Dafoe als Nemo. Er ist in diese Wohnung eingebrochen, um einige der sündteuren Kunstwerke zu stehlen. Aber nachdem er einen Fehler bei der elektronischen Entriegelung gemacht hat, lässt ihn die Wohnung nicht mehr gehen. Es erfolgt zwar keine Meldung an die Polizei, aber Nemo - die Hauptfigur heißt nicht ohne Grund so wie der geheimnisvolle, einsame Kapitän Nemo in den Werken Jules Vernes - Nemo ist von nun an ein Gefangener. Es ist ihm unmöglich, mit der Außenwelt Kontakt aufzunehmen, auch wenn er auf Monitoren die Bilder von anderen Menschen sieht, die ihm Überwachungskameras übermitteln.

Nemo ist auf sich allein gestellt, um einerseits in einer Wohnung zu überleben, in der die Klimaanlage plötzlich mal auf 38 Grad aufheizt, und andererseits vielleicht doch einen Ausweg zu finden. In seiner stetig zunehmenden Verzweiflung spricht zu einer Taube, die - unerreichbar für ihn - jenseits der gläsernen Wand auf der Terrasse sitzt. 

Nicht den Verstand verlieren

Eingesperrt in der Luxuswohnung: Willem Dafoe als Kunstdieb Nemo

Die größte Gefahr für Nemo besteht nun darin, den Verstand zu verlieren. Für andere Probleme findet er Lösungen: Die Wasserleitung ist zwar abgestellt, aber es gibt ja eine Sprinkleranlage für das riesige Terrarium. Der Kühlschrank ist zwar leer, aber es gibt ja massenhaft Dosen mit Hundefutter. Sehr schnell schon geht es nur noch ums Überleben. Die ihm umgebende Kunst, die edlen Designermöbel, der Pool mit dem ungenießbaren Chlorwasser - all das, was sich manche Menschen für ein schickes Leben wünschen, wird zu wertlosem Kram im Angesicht von Nemos sehr realen, man kann sagen: animalischen Bedürfnissen. Als Zuschauer kann man gar nicht anders als seine missliche Lage nachzuempfinden.

Der griechische Regisseur Vasilis Katsoupis hat „Inside“ chronologisch drehen lassen. Am Haarwuchs des Protagnisten, aber auch an der zunehmenden Verwüstung der Wohnung erkennt man, dass viele Wochen, wenn nicht Monate seit dem Einbruch vergangen sein müssen. Aber auch Nemos Geisteszustand wird immer bedenklicher, wenn man seinen Selbstgesprächen lauscht.

Ein subtiler Horrorfilm

Natürlich ist „Inside“ weder Krimi noch Komödie, auch wenn die Monotonie von Nemos Alltag manchmal an Bill Murrays Murmeltiertag erinnert. Es ist eher ein sehr subtiler Horrorfilm, denn wie Jack Nicholson in „The Shining“ wird auch Willem Dafoes Nemo allmählich von Halluzinationen verfolgt. Vor allem aber geht es hier um philosophische Fragen: Was braucht ein Mensch zum Leben? Was ist Überfluss? Wie lang hält man Einsamkeit aus? Hilft Demut oder doch die Hoffnung auf die zündende Idee? „Inside“ spielt das alles durch und wir dürfen mit Nemo leiden und hoffen und träumen. Schon jetzt steht fest: Einer der besten Filme des Jahres. Und zum Abspann gibt’s auch noch Musik von Radiohead.

Ab dem 16. März 2023 im Kino.
Den Trailer zum Film sehr Ihr
hier.