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Addison Rae Eine neue Britney für die Generation Z?

Von Influencerin zur ernstzunehmenden Künstlerin – Addison Rae erfand sich nicht nur musikalisch neu. Was haben Björk, Britney, Charli XCX und eine geleakte Playlist mit dem plötzlichen Erfolg zu tun?

Von: Mariam Daher

Stand: 06.06.2025 | Archiv

Academy Museum Gala on Saturday, Oct. 19, 2024 | Bild: picture alliance / Jordan Strauss/Invision/AP | Jordan Strauss

Wenn man über 40 ist und TikTok meidet, dann ist einem Addison Rae vermutlich kein Begriff – oder bestenfalls ein Name, den man mal auf einer Fernsehzeitschrift oder in der Werbung für eine Netflix-Komödie gesehen haben könnte. Doch für eine ganze Generation junger Menschen – insbesondere der Generation Z – ist Addison Rae eine der bekanntesten Figuren des Internets. Sie war eines der Aushängeschilder der TikTok-Welle, die zu Beginn der 20er Jahre die globale Jugendkultur umkrempelte. 

Wer ist Addison Rae? 

Geboren 2000 in Lafayette, Louisiana, begann Rae ihre Karriere mit kurzen Tanzvideos auf TikTok. Binnen Monaten sammelte sie Millionen Follower*innen, unter anderem durch ihre Interpretation populärer Choreografien zu viralen Songs. Ihre Präsenz war stets perfekt: weißes Lächeln, Athleisure-Outfits, Haare wie frisch geföhnt, Moves auf den Punkt. Für viele war sie das Social-Media-Äquivalent zu Britney Spears in den 1990ern.

Vom Influencer zur Musikerin – eine Reinkarnation mit Pop-DNA 

Was Addison Rae von anderen TikTok-Stars unterscheidet? Sie hatte alles – nun entschied sie sich trotzdem, ihr Schritt ist final, raus aus dem Influencer*innen-Kosmos und hinein in die Popmusik. Fortan will sie sich als It-Girl in erster Linie der Musik widmen. 2021 veröffentlicht sie ihre erste Single „Obsessed“. Die Kritik war gemischt – zu gewollt, zu durchschaubar, zu Instagram-mäßig. Doch Rae blieb dran. Sie verschwand musikalisch kurz von der Bildfläche. Was folgte, war eine Neuausrichtung. Die musikalische Reinkarnation. 

Im Sommer 2023 erschien „AR“, eine Mini-EP, die niemand erwartet hatte. Fünf Tracks, die stark von Y2K-Pop (also 2000er-Jahre-Sounds), hyperpop-Elementen und einem Hauch von satirischer Selbstreflexion geprägt waren. Besonders „2 Die 4“, ihr gemeinsamer Song mit Charli XCX, wurde in Popkreisen gefeiert. Pitchfork schrieb: „It’s like Britney came back from the dead, but with weirder friends.” 

Mit Rollen in Filmen wie dem Netflix Remake „He’s All That“ und eigener Musik hat sie sich erfolgreich in der Unterhaltungsbranche etabliert. Dabei profitiert sie auch von der Unterstützung ihrer Eltern, die selbst erfolgreiche Social-Media-Persönlichkeiten sind. Ein Nepo-Baby also. Durch die Reichweite ihrer Eltern konnte sie gezielt Kontakte und Netzwerke nutzen, um sich öffentlich zu positionieren und ihre Musik zu produzieren. 

„Diet Pepsi “– Pop-Fantasy meets Billboard 

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Addison Rae - Diet Pepsi (Official Video)

2024 erschien dann „Diet Pepsi“, ein Song, der für vieles steht, was ihre Musik auszeichnet: süßlich-ironische Lyrics, Retro-Beats, kühle Distanz gepaart mit überinszenierter Emotion. Kritiker verglichen sie mit einem „digitalen Barbie-Update von Kylie Minogue“ – und das war durchaus positiv gemeint. Und zutreffend, denn der Track ging durch die Decke und ist nicht selten im „on repeat“ zahlreicher Spotify User*innen zu sehen, mit über 400 Mio Streams. 

„Diet Pepsi“ schaffte es in Großbritannien in die Top 10 der Charts und erreichte Platz 54 in den US Billboard Hot 100 – ein kleines Kunststück für eine Künstlerin, die von vielen lange als "Influencerin ohne Substanz" abgestempelt wurde. 

Die Charli-XCX-Connection – eine neue Art von Power 

Die Pop-Transformation von Addison Rae wäre ohne die Unterstützung von Charli XCX schwer vorstellbar. Die britische Sängerin und Produzentin half Addison auf der Suche nach ihrem eigenen Sound. Ihre gemeinsame Single „2 Die 4“ wurde zur Hymne des ironisch-glamourösen Digitalpop. Bei einem gemeinsamen Auftritt im Madison Square Garden bezeichnet Charli ihre Freundin als „the future of femme-pop“. Auch andere Künstlerinnen äußern sich positiv über Rae: Der Producer A. G. Cook (PC Music) twitterte: „Addison is real. We don’t deserve her.“Die geleakte Playlist – Björk und die Pop-Intelligenz.

2021 hat sich ein völlig neues Bild von Addison Rae in der Popwelt entwickelt. Auslöser: Es wurde eine Spotify-Playlist von ihr entdeckt. Darin: Songs von SOPHIE, Arca, Grimes, Yves Tumor, FKA twigs – und sogar Björk. Das Netz war verwirrt: War Addison Rae etwa „music smart“? Oder bloß gut gebrieft? Dass sie nicht nur Songs hörte, die in den Charts liefen, verwundert viele. Ein Tweet mit einem Screenshot der Playlist ging viral, mit dem Kommentar: „Addison Rae listening to Björk is the plot twist I didn’t know I needed.“  

Die Playlist machte etwas klar: Addison Rae war nie bloß Algorithmus-Futter. Sie ist ein Produkt, ja, aber eines, das offenbar mehr Kontrolle über sein eigenes Image hatte als viele glauben.

Was macht ihre Musik besonders? 

Addison Rae schafft es, Nostalgie und Post-Ironie zu verbinden. Ihre Musik klingt nach 2002, riecht aber nach 2027. Die Beats sind glatt, die Vocals oft autotunig, doch nie emotionslos. Tracks wie “ I Got It Bad” wirken wie eine Hommage an frühe Nuller-Jahre-Tracks, aber mit der Coolness und Distanz der Gen Z. 

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Addison Rae - I got it bad (Official Audio)

Dabei ist alles an Rae kalkuliert – und gerade das wirkt so ehrlich. In einer Zeit, in der selbst Gefühle wie Authentizität zur Marketingstrategie werden, macht Addison Rae Popmusik, die sich weder schämt, catchy noch künstlich zu sein. 

Die Producer des Albums, sind anders als zu häufig – Producerinnen! Luka Kloser and Elvira Anderfjärd produzieren ihr Debüt. Beide sind unter MxM Music, eine schwedische Produzentenfirma des schwedischen Max Martin. Addison selbst ist an jedem ihrer Tracks in den Writing Credits. Im Gespräch mit dem Interview Magazin, erwähnt Rae ihre Inspirationen: Frauen.

"I love a woman who does it all. I love a girl that does it all with no filter, it's just ingrained in me."

Addison Rae

Sie hat Popstars studiert, das merkt man, an ihrer Marketingstrategie und an dem Wiedererwecken des elektronischen Pops. Das Cover ihres Debüts erinnert an Taylor Swifts Debütalbum, beim Sound denkt man an marineblauen Eyeshadow und die Visuals geben einem das Gefühl, sie sei soeben aus einem IPod Commercial gesteppt. 

Addison Rae ist keine Sängerin im klassischen Sinne, sondern ein Produkt ihrer Zeit – und das ist nicht negativ gemeint. Ihre Musik ist hypermodernes Popdesign, das zwischen Nostalgie, Ironie und echtem Talent balanciert. Sie ist Barbie, Björk und Business – gleichzeitig. 

Wer sie analysiert, versteht etwas über die aktuelle Popkultur: Ihre Musik ist (k)ein Meme mit Melodie, ein Instagram-Filter in Audioform – und überraschend hörenswert. Addison Rae ist das Pop-Phänomen, das niemand kommen sah, oder sehen wollte, aber viele jetzt ernst nehmen müssen.