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"Opus" mit John Malkovich Diese Popstar-Horror-Satire lässt Influencer-Augen zerplatzen

In der Horror-Komödie "Opus" spielt John Malkovich den größten Popstar der Welt. Der lädt eine Reihe von Journalisten zu einer Album-Releaseparty auf ein abgelegenes Anwesen ein. Die Ausmaße des Starkults dort sind eine Warnung vor Fantum und Aufmerksamkeitsökonomie.

Von: Ferdinand Meyen

Stand: 25.04.2025 14:38 Uhr | Archiv

Szene aus dem Film "Opus" mit John Malkovich | Bild: A24

Fans sind eigentlich super, oder? Im Fußballstadion supporten sie ihre Lieblingsmannschaft. Sie füllen Hallen, tanzen Pogo oder basteln Freundschaftsbändchen. Positiv Verrückte, die etwas gefunden haben, für das man morgens gerne aus dem Bett steigt. Eigentlich ist das Wort Fan aber die Kurzform von fanatic. Die fatalen Folgen des Fanatikers im Fan zeigt der neue Horrorfilm "Opus" von Mark Anthony Green.

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Opus | Official Trailer HD | A24

John Malkovich als Moretti im Horrorfilm "Opus"

 "Opus" erzählt die Geschichte von Ariel Ecton. Journalistin, Anfang 30, auf der Suche nach der ersten großen Story. Ariel, gespielt von Ayo Edebiri ("The Bear"), macht mittelmäßige Geschichten für ein renommiertes Musikmagazin – doch plötzlich hat sie die Chance ihres Lebens. Der größte Popstar der Neunziger, Alfred Moretti, gibt sein Comeback bekannt. Nach fast 30 Jahren veröffentlicht er ein neues Album, "Er bringt euch ein Geschenk", sagt Morettis Manager. Das beste Album aller Zeiten. Und zur Veröffentlichung lädt Moretti, gespielt von John Malkovich, eine Reihe berühmter Medienpersönlichkeiten zu einer Party auf sein Anwesen ein. Eine Influencerin, der Chefredakteur des Musikmagazins, ein berühmter Podcaster, eine TV-Moderatorin, eine Fotografin und Ariel Ecton sind die ersten, die die neuen Songs dort hören dürfen. 

Levelismus: Der Starkult wird okkult 

Starstruck sind sie alle, als sie Moretti auf seiner Farm in New Mexico begegnen. Sie hängen an seinen Lippen, als er vom Wettstreit zwischen Chuck Norris und Muhammed Ali im Moretti-Backstagebereich erzählt. Und übersehen so, dass sich um Moretti ein toxischer Kult gebildet hat. Eine Religion der Kreativen, die den Popstar im Zentrum gottgleich verehrt. Levelismus. So heißt die Ideologie, die der irre Moretti auf seiner Farm ins Leben gerufen hat. Die Levelisten sind Moretti-Fans, die alles stehen und liegen ließen, Jobs und Familien, um ihr Idol auf seiner kreativen Reise zu begleiten. Das Ziel der Levelisten: Perfektion in der Kunst zu suchen. Ja, der sehr einprägsame Soundtrack von The Dream und Nile Rodgers kommt da ziemlich nah ran. Aber als die ersten Journalisten nach und nach verschwinden, und die Bräuche und Rituale rund um Moretti immer abstruser werden, realisiert die junge Journalistin Ariel, dass es bei diesem Ausflug nach New Mexico eigentlich gar nicht um ein neues Album, sondern um Leben und Tod geht. 

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‘35mm’ Visualizer | OPUS

Die politische Botschaft hinter "Opus"

"Opus" ist dabei wegen aus zwei Gründen sehenswert. Auf der einen Seite zeigt er die negativen Folgen von Idolisierung. Never meet your heroes! Die Journalisten Lena Kampf und Daniel Drepper haben die Folgen in ihrem Buch "Row Zero" dokumentiert. Gezeigt, dass Fans oft zu viel mit sich machen lassen, wenn sie ihre Idole treffen. Und dass Idole mit dieser Idolisierung selten richtig umgehen können. "Opus" überspitzt diese toxische Beziehung zwischen Fans und Popstar, lässt den Kult okkult werden. Aber da bleibt der Film nicht stehen – geht noch einen Schritt weiter. 

"Opus" als Kritik der Aufmerksamkeits-Ökonomie 

Dieser Horrorfilm ist auch eine Kritik an der Ökonomie der Aufmerksamkeit. Das Ziel Morettis und seiner Levelisten ist nämlich die maximale Aufmerksamkeit. Ihre Ideologie ist so konzipiert, dass Medien auf der Suche nach der einen, großen Story nicht an ihr vorbeikommen. So wirr und irre, dass sie Influencer-Augen buchstäblich zerplatzen lässt. Auch Ariel Ecton fällt am Ende auf diesen Trick herein, obwohl sie journalistisch einen guten Job macht. 

Die fatalen Folgen der "Gesellschaft der Singularitäten" 

Der Soziologe Andreas Rekwitz warnt in seinem Buch "Die Gesellschaft der Singularitäten" davor, dass genau diese Suche nach dem Besonderen, Ungewöhnlichen, Singulären zu Zersplitterung und politischer Polarisierung führt. Und zu Schlimmerem. Gewaltakte, Amok und Terror wären ohne Aufmerksamkeitshascherei nicht denkbar. Denn sie "machen sich die Mechanismen des medial gestützten kulturell-affektiven Sicherheitsmarktes für Singularitäten zunutze", schreibt Rekwitz. Auch Popstar Moretti will seine Ziele mit Aufmerksamkeit und Gewaltakten erreichen. Seine Ideologie muss berühmt, der Horror so ekelhaft gestaltet werden, dass Medien anbeißen. Denn selbst wenn sich neun- von zehntausend Lesern angewidert abwenden… Die tausend anderen stehen jetzt auf Morettis Seite. Und so zeigt "Opus" auch: Der Übergang von Fantum in der Popkultur zu politischem Fanatismus ist fließend.