Bayern 2 - Zündfunk


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Fatih Akin über "Tschick" und das Filmemachen Der schmale Grat der Freiheit

Literaturverfilmungen sind so eine Sache. Meistens gehen sie schief. Fatih Akin traut sich an Wolfgang Herrndorfs Roman „Tschick“. Roderich Fabian hat mit dem Regisseur über Erwartungshaltungen gesprochen. Und über Freiheit - im Film und im richtigen Leben.

Von: Roderich Fabian

Stand: 17.08.2016

Fatih Akin zu Gast im Zündfunk | Bild: BR

Zündfunk: Eine wichtige Szene ist ja: Irgendwann fliegt das Handy aus dem Auto. Das steht ja auch im Buch so. Jetzt ist das Handy aber der Kultgegenstand dieser Generation.  Hast Du irgendwann mal überlegt, mehr Handykultur einzubauen?

Fatih Akin: Na, die Idee war ja gerade das Handy loszuwerden. So Edward Snowden-mäßig: Du kannst nicht mehr verfolgt und beobachtet werden. Das ist ja heute schon was Innovatives ohne Handy auszukommen. Aber das Handy ist ja nicht nur ein Gebrauchsgegenstand der Jugend, es ist ja für alle wichtig. Wenn Du mal U-Bahn fährst: Niemand liest mehr Zeitung, alle haben diese kleinen Dinger, jung, alt, egal, Hunde auch. Du siehst ja nicht mehr aus dem Fenster.

Keine analoge Wirklichkeit – die eine große Rolle spielt in „Tschick“.

Genau. Der Film ist schon ein Bekenntnis zur analogen Wirklichkeit – ohne jetzt so altmodisch oder gar reaktionär zu sein. Nur so: Schau mal, da draußen steht auch ein Baum, den kann man anfassen, den gibt‘s halt auch. „Tschick“ geht auch darum, sich so anzunehmen, wie man ist. Sich freimachen von Erwartungen.  Also, dieser Drang nach Freiheit, das ist schon eines von Herrndorfs zentralen Themen. Und das kann man ja auf verschiedene Ebenen übertragen: Die Freiheit beim Filmemachen beispielsweise, sich da von Erwartungshaltungen zu lösen.

Hast Du diese Freiheit?

Ich muss die mir schützen, und zwar jedes Mal von neuem. Das ist so ein schmaler Grat. Filmemachen ist ja nicht so wie Musikmachen, alleine in seinem Kämmerchen. Filme werden zu Filmen durch viel Geld, da sind viele andere Menschen involviert. Also, muss das schon auch irgendwie gesehen werden. Kinos sind halt groß, es ist halt schön, wenn die gefüllt sind.

Welche Freiheiten hast Du Dir bei diesem Film genommen?

Ich musste mir gar nicht so viele Freiheiten nehmen, weil der Roman schon eine sehr gute Drehbuchvorlage war. Man muss sich die Freiheit nehmen, von Szenen zu trennen. Man muss den Roman zerlegen in was ist filmisch möglich und was nicht. Ich habe mich lange um die Verfilmung bemüht, gleich 2011, als ich den Roman zum ersten Mal gelesen habe, habe ich bei Rowohlt angerufen. Ein Jahr hab ich Klinken geputzt. Dann hat ein anderer Produzent die Rechte bekommen und ich dachte: Dann soll es wohl nicht sein. Und dann ist es doch anders gekommen.

Das war höhere Fügung.

Was immer es war. Glück!

Das Interview in voller Länge gibt es im Stream und als Download


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