Bayern 2 - Zündfunk

DJ Koze zum neuen Album "Music Can Hear Us" "Ich würde ja sagen, ich bin Katzen-schwul und Damon-Albarn-schwul"

Mit seinem neuen Album "Music Can Hear Us" betreibt DJ Koze regionalen Bio-Weltraumtourismus, wie er sagt. Im Interview spricht er über die vielen Feature-Gäste, mit denen er durch den Weltraum düst, Nahtoderfahrungen und warum er nur wenige DJ-Gigs spielen wird.

Von: Ann-Kathrin Mittelstraß, Ralf Summer

Stand: 31.03.2025 | Archiv

DJ Koze | Bild: Pampa Records

Mit "Music Can Hear Us" veröffentlicht der Musiker, Labelbesitzer und Produzent Stefan Kozalla, der den meisten nur als DJ Koze bekannt ist, sein viertes Album. Das Album ist wieder voller sphärischer Sounds und quillt nur so über von Feature-Gästen, wobei Damon Albarn von Blur und den Gorillaz wohl der bekannteste ist.

Zündfunk: Als wir die Trackliste von deinem Album gelesen haben, dachte wir uns: Das hätte sich der Zündfunk nicht besser ausdenken können. Du hast in diesen 15 Songs ungefähr ein Dutzend Stimmen und alle lieben wir. Deshalb die Frage, wie suchst du denn deine Gäste am Mikro aus? Überlegst du dir, wer zu welchem Instrumental passt, oder wie kamen all diese Stimmen auf die Platte?  

DJ Koze: Zum großen Teil ist es ja auch mein Freundeskreis mit Ada und Sophia (Kennedy) und auch Markus (Acher), obwohl Markus jetzt noch kein richtiger Freund ist, aber er wird bestimmt bald einer werden. Zum anderen Teil sind Stimmen, die mich fasziniert haben. Ich würde ja sagen, ich bin Damon-Albarn-schwul. Katzen-schwul und Damon-Albarn-schwul. Irgendwie hat sich das so zurecht gepfriemelt, dass diese ganzen schönen Stimmen jetzt auf meiner Platte sein können.

Es gab aber eine Stimme, die wir so ein bisschen vermisst haben. Das Róisín-Murphy-Album, das du zuletzt produziert hast, war bei uns Album des Jahres, aber sie ist nicht auf der Platte. Hat sich vielleicht die Arbeiten an beiden Platten überschnitten oder wieso kommt Róisín Murphy nicht vor?

Das ist genau so, warum ein Bazzazian einen Haftbefehl nicht auf der Platte hat. Das wäre irgendwie zu naheliegend gewesen. Und ich finde es irgendwie auch ganz gut so. Ich habe ehrlich gesagt nicht eine Sekunde daran gedacht.

Wirklich? Hat sie vielleicht daran gedacht und denkt sich jetzt, hm, wieso hat er mich nicht angerufen?

Das weiß ich nicht, aber eigentlich eine interessante Frage! Was ist mit mir los? Man sieht den Wald manchmal vor lauter Bäumen nicht, ne?

Das Album heißt ja "Music Can Hear Us". Hat sich dieser Titel im Laufe der Arbeit herauskristallisiert oder stand der Titel vorher schon fest?

Nee, irgendwann ist mir dieser Einfall gekommen, dass das doch ein schöner Titel wäre. Ich finde auch zusammen mit dem Cover wirkt er wie so ein politisches Straßengraffiti. Dieses undefinierbare Wesen im Röckchen, diese Musik zwischen japanischem Kehlkopfgesang, den süßen Männern und den süßen Frauen. Dann diese punkig große Schrift mit "Music Can Hear Us", das ist wie ein Statement in unserer doomigen Zeit, dass vielleicht irgendjemand oder irgendetwas da draußen uns hört und versteht. Unsere Sorgen, unsere Ängste, unsere Hoffnungen, unseren Schmerz.

Normalerweise ist es ja so, dass die Menschen auf die Musik reagieren, wenn wir sie hören. Bei dir ist es ja dann umgekehrt. Glaubst du wirklich, dass Musik uns hören kann?

Ja, sie ist ein Spiegel unserer Emotionen. Sie hört die Tiefen unseres Herzens und reagiert darauf – mit einem leichten Delay immer. Es passieren Sachen und drei Monate später gibt es Musik, die das verarbeitet. Ich glaube da wirklich dran.

Was hat es denn mit diesem Zitat von Rumi auf sich? Dieser persische Dichter und Mystikers, der in deinem Opener-Song vorkommt. Was steckt da dahinter?

Die Aufnahme kommt von Melon, das ist ein Near-Deather. Das sind Leute, die Nahtoderfahrung gemacht haben und mal kurz tot waren. Das höre ich wirklich oft zum Einschlafen. Das ist nämlich eine ganz tolle Geschichte von jemandem, der ich glaube, einen Wasserfall runtergefallen ist und dann mal kurz tot war, aber dann wiederbelebt wurde. Der berichtet dann von all dem, was er so gesehen und erlebt hat. Und komisch ist, dass sich diese Erzählungen bei allen Nahtodlern sehr, sehr, sehr ähneln. Und am Anfang dieses Berichts kommt dieses Rumi-Zitat und ich fand das irgendwie schön als Beginn für die Platte.

Im Pressetext zu deinem Album steht, das Album ist für dich ein Trip ins Weltall und zurück und dass du seit einiger Zeit an der Idee arbeitest, den Raumfahrttourismus zu revolutionieren, aber als Reisen ohne sich zu bewegen. Ich muss ja sagen, ich bin ja froh, dass sich nicht nur unsympathische Multimilliardäre mit zweifelhaften Absichten um den Weltraumtourismus kümmern. Deine Art des Weltraumtourismus ist ja auch noch viel nachhaltiger. Lese ich da so eine gewisse Kritik raus an so gewissen Musks, Bezos und Co?

Es ist Bio-Weltraum! Regionaler Bio-Weltraumtourismus.

Wie weit bist du denn schon gereist in den Weltraum? Wie weit bist du schon gekommen?

Es ist wie so eine Achterbahn, die entgleist und dann in den Weltraum fliegt, an so kleinen Planeten vorbei. Da stehen dann so japanische Sängerinnen, da steht Damon Albarn, hat einen Joint im Maul, Ada und Sophia, Arm in Arm, immer noch wach vom anderen Planeten. Und dann kreist man da so rum und winkt. Dann schmeißt man mal eine Kassette rüber, dann kommt eine Kassette zurück und dann kommen noch so ein paar komische Aliens vorbei. Sun Ra grüßt vom Saturn und dann irgendwann kommt man zurück und landet wieder und denkt sich: Warum verreisen?

Klingt gut! Weil du gerade schon gesagt hast, Damon Albarn steht da. Du hast vorher schon deine große Bewunderung, Liebe für Damon Albarn kundgetan. Ist die denn auch gegenseitig?

Das weiß ich gar nicht, ob die gegenseitig ist. Er ist auf jeden Fall ein charmanter Typ, der sich das auch nicht anmerken lassen würde, wenn es nicht so wäre. Ich habe ja mal für die Gorillas 2019, einen Remix gemacht. Und im Zuge dieses Remix habe ich ihn dann gefragt, ob er nicht vielleicht auf einem Stück von mir singen könnte. Und in einer Manier des Slow Cookings hat es sich dann über ein paar Jahre so hin und her geschaukelt und dann ist das dabei rausgekommen.

The Notwist ist ja so etwas wie unserer Haus- und Hofband, die begleiten wir schon sehr, sehr lange. Du sampelst ja auf diesem Song den Notwist-Hit Consequence und Markus Acher singt aber auch noch was Neues dazu. Bist du auch Fan des Songs gewesen?

Ja, absolut. Ich bin auch Fan des Songs gewesen. Ich habe, ehrlich gesagt, mir Consequence so ein bisschen in meinen Song reingelegt, um die Anmutung von Markus Achers Stimme zu haben. Ich habe also die Maße von Markus genommen, um dann ein Gewand zu nähen. Und dann kam er wirklich und hat sich das angezogen.

Wie würde denn dieses Gewand aussehen, wenn man es sich bildlich vorstellen müsste?

Das ist so eine Mischung aus Sonnenkönig Ludwig und einer Dragqueen.

Du hast schon angekündigt, es gibt eine offizielle Album-Launch-Party in London. Aber wirst du die Platte auch für Menschen präsentiert, die nicht in London dabei sein können? Also bei Konzerten oder klassisch in Clubs? Gibt es eine Tour?

Es gibt ein paar Termine und Festivals. Aber live mit Orchester oder so werde ich die Platte jetzt nicht umsetzen. Aber ich werde ein paar DJ-Gigs spielen. Nicht zu viele, ich bin ein alter Mann. Ich brauche viel Zeit zu meditieren und über mein Leben nachzudenken, mein Verkorkstes.