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"Hated: GG Allin and the Murder Junkies" Diese Doku blickt in den Abgrund des Punk

GG Allin war der Punk-Exzess schlechthin. Ein gefährlicher Irrer, der sagte, nur die Musik hielte ihn davon ab, zum Mörder zu werden. Kurz vor seinem Tod entstand die Doku "Hated: GG Allin and the Murder Junkies". Ein Zeitdokument über die Abgründe Amerikas - und das Erstlingswerk eines heute berühmten Regisseurs.

Author: Roderich Fabian

Published at: 24-2-2023

Screenshot der Doku "Hated: GG Allin and the Murder Junkies" von 1993 | Bild: Skinny Nervous Guy Prod., Todd Phillips

Thurston Moore von Sonic Youth hat 1992 mal als das Jahr bezeichnet, in dem Punk seinen Durchbruch erlebte, dem "Year that Punk broke". Aber das trifft höchstens auf Amerika zu, wo Nirvana in dieser Zeit die größte Band überhaupt waren und ähnlich-orientierte Bands in den Fokus der Öffentlichkeit gerieten.

The Year that Punk broke

1992 war auch das Jahr, in dem der damals 22-jährige Filmstudent Todd Philips (später Regisseur von "Hangover" und "Joker") seinen Erstling drehte, eine Dokumentation über den wildesten Menschen des Ami-Punk, über GG Allin. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Name schon weltweit herumgesprochen. Wer wirklich etwas von Punk Rock verstand, der kannte GG Allin und seine größten Hits "Eat My Fuck" oder "I Wanna Fuck Myself".

Der Typ war Anfang der 90er schon eine Legende, und einige der größten Fans des Sängers konnten auch genau begründen, was ihnen an Konzerten von GG Allin fasziniert:

"Ich war auf einige GG-Shows, wo ich Angst hatte, dass mir jemand die Knochen bricht. Du gehst hin, um dir die bizarrste Freakshow deines Lebens anzusehen. Ich kenne einige Leute, die sagen: Ich stehe ihn der ersten Reihe, wenn GG sich umbringt. Und hoffentlich nimmt er mich mit."

- Fans über GG Allin

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GG Allin and the Murder Junkies (live in Austin, TX)  5/18/93 | Bild: Jihmns Ramone (via YouTube)

GG Allin and the Murder Junkies (live in Austin, TX) 5/18/93

Exzess und Selbstzerstörung

GG Allin trieb all die Provokationen des Punk-Rock auf die Spitze. Die Songs von ihm und seiner Band, den Murder Junkies, waren voller Sexual- und Fäkalsprache, der Sound war simpel. Und live trat GG Allin in der Regel splitternackt auf. Während des Auftritts wurden Mitglieder des Publikums mit Faustschlägen traktiert oder der Sänger entleerte sich und rieb sich mit seinen Hervorbringungen ein. All das zeigt Todd Philips Film gnadenlos.

Und es gibt auch ein paar Interviewfetzen mit GG Allin selbst, in denen er glaubwürdig darlegt, dass ihn nur der Rock 'n' Roll davon abgehalten hätte, ein Serienmörder zu werden:

"Meine Seele ist jenseits des Scheiß-Universums. Man kann sie nicht einfangen, diese wilde Seele, die aus diesem Leben herauswill. Darin fühlt sie sich einfach gefangen. Sich selbst das Leben zu nehmen auf dem Höhepunkt, das würde deine Seele viel stärker machen in der nächsten Existenz."

- GG Allin

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Hated: GG Allin & the Murder Junkies trailer | Bild: MusicFilmWeb (via YouTube)

Hated: GG Allin & the Murder Junkies trailer

Der Anti-Christ des Punk

1992 wurde GG Allin als krasse Form der Unterhaltung gefeiert, dabei ist Todd Philips Film eigentlich ein Blick in den Abgrund der amerikanischen Seele. Wir erfahren, dass sein Vater ein durchgeknallter Evangelist war und in seinem Sohn den Wiedergänger Jesus Christus sah. Tatsächlich war sein Geburtsname "Jesus Christ Allin". Diese und viele andere Geschichten um dieses Endstadium von Punk-Rock wurden in diesen Film gepackt. Dass es sich beim Verhalten von GG Allin auch und vor allem um einen Schrei nach Liebe handelte, erzählt im Film sein ebenfalls am liebsten nackt auftretender Schlagzeuger Dino Sex. GG Allin starb ein Jahr nach dem "Year that Punk broke", aber nicht wie angekündigt durch Suizid auf der Bühne, sondern durch eine Überdosis Heroin. Aber man sei gewarnt: Der Film ist nichts für Kinder, Weinkenner und sonstige Ästheten.  

"Er ist eine extrem ungewöhnliche und wunderschöne Person. Außerdem stellt er einen ernsthaften sozialen Kommentar dar zum Thema menschlicher Gewalt. Denn es gibt viel zu viel Gewalt und viel zu wenig Zärtlichkeit – und darauf konzentriert sich im Grunde seine ganze Erscheinung."

Dino Sex über GG Allin

Zum 30. Jubiläum der Doku ab dem 23. Februar wieder in den Kinos.