Bayern 2 - Zündfunk

"Everyone's Crushed" Das amerikanische Duo Water from your Eyes zerlegt Rock in seine Einzelteile

Die Geschichte von Rachel Brown und Nate Amos von "Water from your Eyes" begann in Chicago. Als Paar, das zusammen Musik macht. Jetzt leben beide in New York, machen aber trotzdem weiter ihren experimentellen Indie-Sound. Die neue Platte "Everyone's Crushed" klingt schroff, aber nicht abweisend. Sie zieht uns an, denn sie berührt.

Von: Ralf Summer

Stand: 30.05.2023

Die Band Water from your Eyes | Bild: Eleanor Petry

"One two three, I count mountains, two three four, you're a cool thing count mountains", singt Rachel Brown, die Stimme von "Water From Your Eyes". Während Nate Amos die Gitarre malträtiert. Das amerikanische Duo, das nun schon sein fünftes Album veröffentlicht, erinnert manchmal an Sonic Youth. Auch weil die queere Sängerin Rachel den coolen Sprechgesang von Sonic Youth-Bassistin Kim Gordon trifft. "Water From Your Eyes" sagen aber, dass eher der verstorbene Avantgarde-Gitarrist Glenn Branca ein Einfluss für sie ist als Sonic Youth.

Zerfaserter Rock

"Water From Your Eyes" verbinden diverse Stile miteinander, für sie ist Musik eine große Spielwiese. Auch ein Klavierakkord mit leichtem Beat drunter kann in ihren Wall-of-Noise einfahren. Wobei das dann nie als rockistisches Breitwand-Brett daherkommt, sondern eher als Zertrümmerung des klasischen E-Gitarren-Sounds. "Water from your Eyes" haben mehr Lust an der Zerfaserung und der Schrumpfung von Rock.

YouTube-Vorschau - es werden keine Daten von YouTube geladen.

Water From Your Eyes- "Barley" (Official Music Video) | Bild: Water From Your Eyes (via YouTube)

Water From Your Eyes- "Barley" (Official Music Video)

"Ich bin in alle verliebt, aber alles tut weh. Und bei allen, die ich verletze, ist es Liebe", singt Rachel im Titelsong des Albums: "Everyone's Crushed". Auf Deutsch: jede/jeder ist verliebt. Wir wissen nicht, ob dieser Ringschluss das erklärt, was ihnen passiert ist: dass sie sich als Pärchen getrennt haben. Weil Rachel, die genderfluid ist, sich ständig verliebt, mit Nate jedoch weiter Musik macht. Ganz anders als die vorhin schon erwähnten Sonic Youth.

Freundschaft durch die Musik

Und schon schneidet sie wieder, die Gitarre - und auch er knurrt wieder, der Bass, im Song "True Life", eine weitere Single-Auskoppelung. Sie klingt erneut nach dem US-amerikanischen Gitarren-Underground aus der Zeit vor Mudhoney und Nirvana, sprich wie der sogenannte NoWave-Sound New Yorks der frühen 80er und der Vor-Grunge-Sound Seattles der späten 80er. Und immer wieder gibt es Songzeilen, die man auf die persönliche Situation von "Water from your Eyes" beziehen kann. Wie im Schlussstück, das mit dem Satz beginnt: "There are no happy endings, there are only things".

Immer wieder geht es in den Songs von "Water from your Eyes" um ein gesellschaftliches Unbehagen, das das Duo am Ende der Pandemie erlebt hat, Zitat: "Wie Kapitalismus und Establishment-Politik wieder auf Hochtouren liefen“. Was bleibt, ist die Freundschaft. Auf dem Albumcover sehen wir sie als Schwarz-Weiss-Comic-Figuren gezeichnet: Amos rauchend und mit Kopfhörer, Rachel mit Sonnenbrille, beide sich die Hände reichend. Amos, der in der neuen Heimat New York dank Rachel seine Drogensucht in den Griff bekommen hat, sieht Rachel zwar an, behält aber beim freundschaftlichen Handshake die Kopfhörer auf: sie bleiben verbunden - durch die Musik. Wir hoffen, ihr haltet diese Situation durch, Amos und Rachel. Jetzt, wo es losgehen kann für euer Duo. Möge sich euer verheulter Bandname nicht bewahrheiten!