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Clubsterben Hat die Gen Z das Feiern verlernt?

"Clubsterben ist real", schreibt der Münchner Club Rote Sonne und der Nürnberger Club Stereo bleibt in Zukunft donnerstags zu. Viele können – oder wollen – sich das Feiern in Clubs nicht mehr leisten. Und es könnte noch schlimmer werden.

Von: Sandra Limoncini

Stand: 02.04.2025 | Archiv

Clubsterben: Hat die Gen Z das Feiern verlernt? | Bild: Leonhard Simon/SZ Photo/pa

Nach 20 Jahren macht der Club Stereo in Nürnberg zu. Zumindest donnerstags. Denn es gehen einfach viel zu wenige Menschen mehr weg, schreiben sie auf Instagram. Lange hätten sie es noch versucht, doch es hätte sich einiges verändert in der Weggehkultur seit den 90ern und 00er-Jahren.

"Clubsterben ist real – auch wir spüren den Druck"

Generell lässt sich beobachten: Die Donnerstage in Clubs fallen, in Nürnberg und auch in München. Der Club Goldener Reiter etwa streicht auch ab Mai seinen Donnerstag und macht erstmal wieder nur Freitag und Samstag auf.

Und die Rote Sonne launcht statt einem normalen Donnerstag gar ein neues Event-Konzept: die Community Nights. "Clubsterben ist real – auch wir spüren den Druck", schreiben sie auf Instagram. Darum würden sie jetzt auf Abende mit unangekündigtem Line-Up setzen, bei denen die Gemeinschaft im Vordergrund steht.

Wo soll die Community das Geld hernehmen?

Die Community ist zum Beispiel Tim, 22 Jahre alt und Student in München. Feiern gehen, sagt er, ist eine teure Angelegenheit. "Jeder, der halbwegs intelligent ist, geht ein bisschen vortrinken, dass er später nicht so viel ausgeben muss." Denn wenn man alles wirklich zahlen würde, dann könne der Abend locker 50-70 Euro kosten. "Kann auch bis zu 100 Euro hochgehen."

München ist die teuerste Stadt Deutschlands. 100 Euro sind für Menschen wie Tim schnell weg, wenn sie nicht so sehr auf Ausgaben achten, oder Freund:innen einen ausgeben. Wenn man jedes Wochenende Freitag und Samstag ausgehen würde kommen im Monat rund 800 Euro zusammen. Das wäre selbst für einen erwachsenen Gutverdiener kaum bezahlbar.

Ist die Gen Z anders sozialisiert?

Steve, Ende 20, organisiert Partys in Münchner Clubs und erklärt, dass die Preise gerechtfertigt sind, weil auch die Kosten für die Veranstalter steigen. "Ich muss DJs buchen, Werbung machen, Flyer erstellen lassen und Hotels buchen, wenn ein DJ von außerhalb kommt, was meistens der Fall ist." Außerdem müsse beim Event Fotos und Videos gemacht werden, um Werbung für die nächste Party oder den nächsten Clubabend auf Social Media zu machen, erklärt Steve.

Laut Steve gibt es noch andere Gründe als die gestiegenen Kosten: "Die Leute, die damals zwischen 16 und 20 Jahre alt waren, haben Partykultur nicht gelernt", glaubt er. Nach Corona habe es einen kurzen Boom gegeben, aber mit der Zeit hätten die Leute ihr Geld anderweitig ausgegeben. "Die Leute kommen, wenn was Gutes geboten ist, dann ist auch immer alles voll. Aber in der Regel bleiben sie doch lieber zu Hause oder gehen in Bars."

Clubs machen dicht – und Investoren drängen auf den Markt

Und das spüren die Clubs ganz massiv. Im November 2024 hat die Berliner Interessensvertretung der Clubs, die Clubcommission, gewarnt, dass jeder zweite Club in der Hauptstadt in den nächsten Jahren die Schließung drohe. Auch in München sieht es nicht gut aus. In letzter Zeit haben Clubs wie das "Call me Drella" oder das "Enter the Dragon" zugemacht.

Und die Zukunft sieht nicht wirklich rosiger aus. Meldungen wie zuletzt der Verkauf von Boiler Room, der erfolgreichen Plattform und Eventreihe, an den Live-Musik-Gigant Superstruct Entertainment dürften den Druck auf die vergleichsweise kleinen Clubs noch weiter erhöhen. Mit Veranstaltungen in über 200 Städten und mehr als 8.000 Auftritten von über 5.000 Künstler:innen ist Boiler Room einer der großer Player in der elektronischen Musikszene, der mit Superstruct Entertainment jetzt an den Großveranstalter von Festivals wie das Sonar, Monegros, DGTL Amsterdam, Northern Lights, Awekenings, aber auch das Sziget und Wacken geht. Nach eigenen Angaben erreicht Superstruct damit über 7 Millionen Besucher:innen pro Jahr und über 30 Millionen Fans auf Social Media.

Und weil Superstruct Entertainment selbst wiederum erst vor einem Jahr für über eine Milliarde Euro an den Private-Equity-Investor (und Hauptaktionär des Springer Verlags) KKR verkauft wurde, dürfte das Ziel damit klar gesteckt sein: Profit. Wie man schon an den prominent kommunizierten Zahlen sehen kann, wird hier auf Masse gesetzt. Gerade die kleineren Clubs dürfte diese Marktkonzentrationen noch zusätzlich unter Druck setzen, sei es durch steigende Gagen für DJs ab einer gewissen Größe oder durch die Effekte von Mega-Events wie sie zuletzt auch bei den Adele- und Taylor-Swift-Konzerten in München zu beobachten waren: das Geld für teuren Tickets fehlt dann an anderer Stelle.

Neue Anreize, um Leute zurück in die Clubs zu holen

Eventorganisator Steve aber sieht dennoch optimistisch in die Zukunft. "Ich denke, dass der Boom wieder zurückkommt. Aber das wird noch ein, zwei Jahre brauchen. Und dass sich die Veranstalter und die Clubs neue Konzepte ausdenken, dass der Anreiz zum Feiern wieder aufkommt."

Eine Partyreihe in München versucht das gerade mit Freigetränken und Gästelisteplätzen über eine eigene App. Das Kalkül: Die Leute werden in den Club gelockt – und nach 23 Uhr müssen sie dann wieder für die Drinks zahlen. Denn der große Gewinn wird immer noch mit Getränken gemacht.

Zurück zur Community

Und die Rote Sonne probiert es jetzt mit den Community Nights. Das Gemeinschaftserlebnis soll wieder mehr im Vordergrund stehen und nicht das DJ-Lineup. Ein Stück weit also wieder back to the roots. Und auch auf Social Media werden in letzter Zeit gerne mal nostalgische Dancefloor-Momente gefeiert und glorifiziert: Alte Videoclips aus den 90ern und 2000ern, in denen die Leute ausgelassen tanzen und das – auf vielen Parties heute kaum mehr vorstellbar – ohne Smartphone in der Hand. Vielleicht aber noch viel interessanter ist, was auf den Clips von früher auch keine große Rolle spielt, auch wenn die damals definitiv schon mit dabei waren: die DJs.