"Shook" Kaum eine Band geht politisch so explizit zur Sache wie die Algiers
"Shook" heißt das vierte Album der anglo-amerikanischen Band Algiers. Es dauert fast eine Stunde lang, ist mit Text zugepflastert und voller Gastmusiker, darunter einen linksradikalen Punk und einen Aktivisten. Ein extrem wütendes Opus Magnum.

Mark Stewart ist eine Legende. Der Frontmann der Pop Group, also der linksradikalen Experimental-Punks aus England, ist musikalisch und politisch immer noch ein kompromissloser Musiker. Genauso verhält es sich bei Zack de la Rocha von Rage against the Machine, der in den letzten Jahren eher als anti-rassistischer Aktivist aufgefallen ist, als als Sänger. Beide haben Gastauftritte auf "Shook", dem vierten Album der Band Algiers.
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Algiers- "Irreversible Damage (ft. Zack De La Rocha)" (Visualizer)
Ein linksextremes Opus Magnum
"Nazi Pop-Opern haben ihr Publikum gefunden", rappt Zack auf "Irreversible Damage" und "ich suche nach einer Möglichkeit, sie noch aufzuhalten". Aber - der Songtitel sagt es - der Schaden ist schon entstanden und lässt sich nicht mehr rückgängig machen.
Der Albumtitel "Shook" steht - genau wie bei Elvis‘ "All Shook up" - für Aufruhr, extreme Aufregung - alles dreht sich, alles bewegt sich. Die Algiers wollen damit den Zustand der USA beschreiben: einem Unruheherd, in der sich feindliche Lager unversöhnlich gegenüberstehen. Aber die Band fordert Widerstand ein, in "Bite back" heißt es "Beiß ruhig die Hand, die dich füttert, wenn sie dich vergiften will." Und dann setzt die sambisch-kanadische Rapperin Backwash ein und erzählt von den wenig erfreulichen Erfahrungen, die sie mit der amerikanischen Polizei gemacht hat.
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Algiers- "Bite Back (ft. billy woods & Backxwash)" (Official Music Video)
Der Punk ist zurück und er hat seine Freunde mitgebracht
"Shook" bietet viele Stimmen, nicht nur die vom Gospel-geschulten Algiers-Sänger Franklin Fisher. Das Album soll in seiner vokalen Vielfalt als Statement der Diversität verstanden werden und auch als ein Zeichen, als Startschuss für eine positive Veränderung. Stilistisch bedienen sich die Algiers aus etlichen Genres, das geht vom Old School HipHop über Post-Punk bis zu Southern Soul.
Auf "I can’t stand it" beklagt Franklin Fisher den Verlust eines Freundes, der politisch die Seiten gewechselt hat und mit dem man nun nicht mehr reden kann. "Shook" macht den Zuhörern - gerade in Europa - klar, wie gespalten die Gesellschaft der USA wirklich ist.
Die Songs des Albums decken dabei viele Aspekte ab. Es ist zwar nicht wirklich ein Konzeptalbum, hat aber als Roten Faden die Stadt Atlanta, denn drei der vier Algiers-Musiker stammen ursprünglich aus der südlichen Metropole in Georgia. "Wir sind alle erschüttert, es ist ein Zeichen der Zeit", singen sie im Eröffnungsstück "Everybody shatter".
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Algiers- "I Can't Stand It! (ft. Samuel T. Herring & Jae Matthews)" (Visualizer)
Eine Stunde Wut
Wer hier an politischen Old School HipHop à la Public Enemy denkt, liegt gar nicht so falsch. Aber auch britische Referenzen kann man heranziehen. Algiers erinnern mit ihrer Kompromisslosigkeit zuweilen an Johnny Rottens alte Band Public Image Limited, denn im Moment gehen nur wenige Bands derzeit politisch so explizit zur Sache wie die Algiers. Und tatsächlich drängt sich sogar der Vergleich zu Rage against the Machine und Mark Stewarts Pop Group auf, wenn auf "Something wrong" plötzlich lärmiger Punk Rock erklingt.
Mit einer Spielzeit von knapp einer Stunde haben die Musiker von Algiers hier ein Monster erschaffen, das der Band irgendwann auch mal gefährlich werden kann. "Shook" wirkt nämlich wie ihr Opus Magnum, danach können sie sich eigentlich nur noch wiederholen oder an Intensität nachlassen. Hier ist ein Ruf wie Donnerhall ergangen, der uns nach lange in den Ohren pfeifen wird.