Bayern 2 - Zündfunk

"Damage Control" Das Berliner Garage-Punk-Duo Cava gibt Gas, als ob es kein Morgen gäbe

Peppi und Meli können das Genre Garage-Rock nicht neuerfinden - aber es klingt so laut, kompromisslos und selbstbewusst, als ob es all die White Stripes und Black Keys nie gegeben hätte. Gerade ist das Debüt des Berliner Duos erschienen: „Damage Control“ ist unser Album der Woche.

Von: Ralf Summer

Stand: 13.03.2023

Als ich für diesen Beitrag zu recherchieren beginne, werde ich sehr schnell sehr traurig. Nachdem ich den Bandnamen “Cava” als Suchbegriff zufällig bei Facebook eingebe, ploppt ein Post auf: “2. April 2022, München, Muffathalle, Cava: die erfrischende, Gitarre-Schlagzeug-Vollgas-Sensation aus Berlin! Pure & direct waren sie gestern Anheizer im besten Sinn von den Sleaford Mods”. Gepostet wurde dieser Lobgesang von Martino Di Leo. Der Rosenheimer war einer unserer fleißigsten Hörer in der Zündfunk Neigungsgruppe Musik auf Facebook. War. Ein Monat nach dem Konzert im letzten Jahr verstarb er überraschend mit nur 61 Jahren.

Die Sleaford Mods habe ich vor knapp einem Jahr in München gesehen – die Vorband leider nicht. Was muss das live für eine Energie sein, wenn schon die Platte aus allen Nähten platzt!? Cava kommen aus Berlin und Peppi Ahrens, die Sängerin und Gitarristin, erklärt, was es mit dem Namen auf sich hat: “Cava ist ein spanischer Schaumwein, hier als Sekt bekannt. Mela hatte zu einer Probe eine Flasche mitgebracht. Ich war davor eine längere Zeit in Barcelona, da kommt der her. Das war dann wie so eine Eingebung, dass wir uns so nennen. Wir haben uns nie groß Gedanken um den Sound gemacht, der ist im Laufe der Zeit so zustande gekommen. Als wir das Album aufgenommen haben, haben wir gemerkt: Das passt voll für uns!”

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CAVA - Blue Monday | Bild: Buback Tonträger (via YouTube)

CAVA - Blue Monday

Kompromissloser Sound

Man legt förmlich die Ohren an, beim harten, kompromisslosen Sound der beiden. Dabei kommt Peppi eigentlich aus der Klassik – sie hat 13 Jahre lang Konzertgitarre gespielt. Danach studierte sie Musikwissenschaften und lernte im Studium Leute kennen, die sie auf den Garagen-Sound brachten. Sie habe so lange gebraucht, sagt sie, weil sie lange einfach keine weiblichen Vorbilder fand. Peppi mochte zwar PJ Harvey und Kim Gordon von Sonic Youth, aber erst als sie den US-Ober-Garage-Rocker Ty Segall entdeckte, ging der Knoten bei ihr auf.

Das Besondere an der Platte ist, dass Cava sie schon selbst in Berlin gepresst und veröffentlicht hatten, bevor sie ihr Label Buback Records in Hamburg entdeckten. Das zeigt den unbedingten Willen der beiden, ihr Ding durchzuziehen, koste was es wolle. Peppi zum Albumtitel: „‘Damage Control‘ – Schadensbegrenzung – so fühlt sich unser Leben an: Man versucht sich so gut es geht durchzuschlagen. Leider werden einem dann Steine in den Weg gelegt. Aber es hilft ja nichts, irgendwie muss es weitergehen. Das schwingt auf unserem Album auch mit.“

Hilft ja nichts, irgendwie muss es weitergehen

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CAVA - Copy & Paste Me | Bild: Buback Tonträger (via YouTube)

CAVA - Copy & Paste Me

„Blue Monday“ und „Copy & Paste Me“ heißen die beiden Singles des Debüts. Das Video zu „Blue Monday“ ist eine Art Mediendystopie: Menschen wie gelähmt vorm Fernseher oder am Handy, die Hand schon im Tablettenteller. Und im Clip zu „Copy & Paste Me“ wird Tischtennis gespielt. Nicht freiwillig. Peppi Ahrens Erklärung: „‘Copy & Paste Me‘ ist ein Song, der sich in gewisser Weise mit Arbeit und mit Beschäftigungsverhältnissen auseinandersetzt. Was wir in der Vergangenheit schon erlebt haben: Dass dir deine Kollegen sehr als Familie vermittelt werden. Dass es heißt: Man kann nicht das angemessene Gehalt zahlen, aber es gibt einen Obstkorb oder eine Tischtennisplatte, an der man nach Feierabend mit dem Chef entspannt eine Runde spielen kann. Unsere Meinung dazu wird relativ deutlich.“

Nur die Spitze eines Eisberges

Alle Songs sind englisch gesungen, nur in „No Breakfast“, in dem es ums Wartenmüssen geht, tauchen ein paar Fetzen Deutsch auf. Das Tolle an Cava ist auch: Sie sind nur die Spitze eines Eisberges. Cava sagen, es gibt noch viel, viel mehr Garage-Riot-Grrrl-Bands in Berlin – mit der Energie von Amyl & The Sniffers.

Auch wenn Cava das Rad des punkigen Garagen-Rocks nicht noch mal neu erfinden können: Umso mehr Spaß macht ihr bewusst simpel gehaltener Sound. So ähnlich wie bei anderen Garage-Duos wie den White Stripes oder den Black Keys. Wer sie gerade auf Tour erwischt, kann kurz an Martino Di Leo denken, der uns in der Zündfunk Neigungsgruppe auf Facebook schon vor einem Jahr prophezeite: „Cava - die Vollgas-Sensation“.

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