Bayern 2 - Zeit für Bayern


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Urform des Urlaubs Kulturgeschichte der Sommerfrische in Bayern

Vor dem 19. Jahrhundert hat es sowas wie Urlaub gar nicht gegeben. Da war nur der Adel unterwegs, der samt seinem Hausstand vom Winterpalais in die Sommerresidenz umgezogen ist. Als die Reisekutschen dann von der Eisenbahn abgelöst wurden, hat auch das Bürgertum das Leben auf dem Land entdeckt.

Von: Hannelore Fisgus

Stand: 13.08.2017 | Archiv

Im Wörterbuch der Brüder Grimm heißt es unter Sommerfrische „die Landlust der Städter im Sommer“.

Schon die alten Römer haben die heißen Sommer in der Frische der Berge verbracht: Sommerfrische oder wie sie es nannten „villeggiatura“.

Auch in Bayern war es zunächst der Adel, der die kühle Landluft der sommerlichen Hitze in der Stadt vorzog. Später folgten die Künstler und irgendwann leisteten sich auch die Bürger einen Aufenthalt auf dem Land.

Die Alpenregion war besonders beliebt. Mit der Erschließung durch die Bahn waren die ländlichen Orte auch besser zu erreichen.

Im 19. Jahrhundert wurde die Sommerfrische in Bayern immer beliebter. Die Gäste kamen aus Berlin oder aus dem Ruhrgebiet und blieben oft mehrere Wochen – von den Einheimischen argwöhnisch beäugt, aber auch geschätzt als Einnahmequelle. Der Sommerfrischler praktizierte das, wonach sich viele Menschen heute sehnen: Entschleunigung.

Wie viele Betten wurden für ihn geräumt, wie viele Kinder mussten sich dem Diktat der Ruhe unterwerfen, weil der Gast nicht gestört werden sollte. Er kam, blieb und wurde Teil des Dorflebens.

Aktivurlaub Sommerfrische

Der Sommerfrischler heute hat sich zum Aktivurlauber gewandelt, zum Wellness-, Weekend- und Kurzurlauber, der möglichst viel in kurzer Zeit erleben will. Sommerfrische, dieses Wort kennt er nicht. Es klingt so altmodisch, wie es ist. Wer verbringt heute noch seinen Jahresurlaub an einem Ort? Wer bleibt seinem Urlaubsort über Jahre treu, kennt Kinder und Enkelkinder der Gastgeber? Gibt es ihn noch ansatzweise, den Sommerfrischler?

Aus der Sommerfrische hat sich im 20. Jahrhundert der Familienurlaub und später der riesige Wirtschaftszweig des Massentourismus entwickelt.

Hannelore Fisgus erinnert an die Urform des Urlaubs und wie er sich entwickelt hat.

(Erstsendung 12.06.16)


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