Internationales Russland in Franken
"Die Russen kommen" hieß ein Theaterstück am Nürnberger Staatstheater - und so realistisch es auf eine ganz bestimmte Entwicklung hinwies, so unscharf war doch der Titel gewählt: denn die Russen sind längst da, auch in Franken.
Sie sind in allen größeren fränkischen Städten anzutreffen, fallen im bunt gewürfelten Bevölkerungsgemisch aber kaum auf. Schaut man genauer hin, dann findet man überall kleine russische Enklaven: deutsch-stämmige russische Familien leben oft konzentriert in Stadtteilen und haben sich dort ein gut funktionierendes soziales Umfeld geschaffen.
Zuckersüße Hochzeitstorten und russische Gottesdienste
Da gibt es kleine Läden mit Waren, die in kyrillischer Schrift angepriesen werden, frische Blinis und abenteuerlich anmutende zuckersüße Hochzeitstorten. Diese Geschäfte, in denen man mit der deutschen Sprache schwerlich weiterkommt, sind Kommunikationszentren ebenso wie sie den täglichen Bedarf ihrer Kunden abdecken.
Galerien mit zeitgenössischer russischer Kunst entpuppen sich (tatsächlich wie die weltberühmten Puppen in der Puppe) als Beratungsbüros für Alltagsfragen und Behördenangelegenheiten. Eine wichtige Funktion haben die Israelitischen Kultusgemeinden übernommen: in Fürth etwa werden Gottesdienste am Schabatt in russischer (und hebräischer) Sprache gehalten.
Russendisco
Russendisco
Andererseits aber wächst mancherorts auch zusammen, was auf den ersten Blick gar nicht so zusammengehört. Während "Russendiscos" mittlerweile ein herkunftsübergreifender wilder Freizeitspaß sind, tut sich zum Beispiel in der fränkischen Musikszene Erstaunliches: Es gibt im Nürnberger Land Kasachen, die auf traditionellen Musikinstrumenten fränkische Volksmusik spielen, und in Bamberg fegt die Band "Kellerkommando" crossover mit einem Rapper über die Bühnen, der zu elektronisch verstärkter Blasmusik die russische Seele brüllen lässt.
"Die Russen kommen"
Über Identitätsprobleme "der Russen" aber erfahren die einheimischen Nachbarn meist nur wenig. Wie schwer es jedoch ist, die Heimat zu verlassen, wie man zu kämpfen hat um Anerkennung in einem fremden Land, wie man umgeht mit Vergangenheit und massiven kulturellen Unterschieden, davon hat Gesine Schmidt in ihrem Theaterstück "Die Russen kommen" erzählen lassen - von Betroffenen, die sich in Franken eingerichtet haben oder mit ihrer Sehnsucht nach den alten Verhältnissen nie wirklich heimisch werden konnten.