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Hochprozentiges von der Bank Die 90-jährige Laugna-Wasser-Tradition

Für das Schnapsbrennen ist der Mensch offenbar bereit allerhand Erstaunliches zu unternehmen. Oder wie muss man es verstehen, dass in Laugna im schwäbischen Landkreis Dillingen an der Donau die Schnapsbrennerei des Dorfes in der örtlichen Bank untergebracht ist? Das Produkt, das dort gebrannt wird, das sogenannte "Laugnawasser" ist weitum bekannt – und selbstverständlich gibt’s das auch in der Bank zu kaufen. Womit diese Bankfiliale vermutlich diejenige in Bayern ist, die ihren Kunden mit Abstand die höchsten Prozente anbietet. Wenn's auch keine Zinsen sind …

Stand: 01.12.2013 | Archiv

Laugnawasser | Bild: VR-Bank Handels- und Gewerbebank eG

Warum gibt es Schnaps in der Bank?

Anno 1923 wurde die Obstverwertungsgenossenschaft in Laugna gegründet. Die erwarb die Brennrechte. Dann wurde gebrannt und schwarz verkauft. Später gab es Schwierigkeiten mit der Abrechnung, Schulden häuften sich an. Die wurden schließlich von der Raiffeisenbank übernommen - und schon hatte die Bank den Schnaps.

Bank- und Schnapsberatung

Heute wird das "Laugna-Wasser", wie der Schnaps heißt, von den Bankangestellten verkauft. Früher waren sie sogar am Entstehungsprozess aktiv beteiligt.

"Zwei-, dreimal, wenn man im Winter reingegangen ist in die Bank, gab es einen eigenartigen Geruch. Da haben die oben das Wasser an den Schnaps gemischt, bis er die gewünschte Stärke hatte."

Ulrich Kain, Bankvorstand

Laugner bringen ihre Äpfel und Birnen

Marktingmaßnahme

In Laugna stehen Schnapsflaschen ganz offen in der Bank herum - eine "Marktingmaßnahme": Denn wer neugierig auf den Inhalt geworden ist und einmal probiert hat, der nimmt auch meistens eine Flasche mit. "Laugna-Wasser" kann man wahlweise in der kleinen 0,35 Liter-Flasche oder in der großen 0,75 Liter-Flasche kaufen.

Viele Bürger haben noch heute Anteil am "Laugna-Wasser": Von ihnen kommen nämlich die Äpfel und Birnen, die Alois Dippler erst zu Maische verarbeitet, dann gären lässt und schließlich in einem großen, dicht verschlossenen Kessel erhitzt, bis unten der feine Schnaps herauskommt. Der klare Geist wird zum Abkühlen in Kanister gefüllt und mit Wasser gemischt - bis der gewünschte Alkoholgehalt von 50 Prozent erreicht wird.

Alkohol - früher durfte es gern mehr sein

"Vor Jahren hat man das noch nicht so genau genommen: Da haben wir Raiffeisensitzung gehabt, der Geschäftsführer hatte neu gebrannt und ein paar Flaschen zum Probieren mitgebracht. Den Schnaps konnte ich einfach nicht trinken. Nach der Kontrolle hat sich dann herausgestellt, dass der 62 Prozent gehabt hat."

Georg Keis, Bürgermeister von Laugna

Heute wird "Laugna-Wasser" nicht nur als Verdauungsschnaps nach einem guten Essen verwendet. Manche Leute in Laugna reiben sich sogar mit dem Schnaps ein.

Wie der Geist in den Schnaps kam

Das Wort Geist hat ein ganz besonders interessante Geschichte. Es hängt mit dem Wort Gähnen zusammen. Das Gähnen bedeutet nämlich ursprünglich soviel wie Mundaufsperren und ein Geist macht, dass man den Mund aufsperrt. Der Geist als Gespenst verursacht einen offenen Mund vor Erschrecken und der Geist im Sinn von Verstand lässt den Mund vor Bewunderung offenstehen. Erst später ist zu diesen beiden der Geist als Getränk getreten – aber auch als solches lässt er manchen Mund offen stehen – vor Erstaunen.


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