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Kunst und Kohle Von Mäzenaten, Förderern und Sammlern

Es gibt sie noch, die Kunst. Doch ihre Wahrnehmung und ihre gesellschaftliche Bedeutung wandeln sich. Welche Rolle spielen dabei Sammler und Mäzene? Und welche Motivation steckt hinter deren "Liebe" zur Kunst? Beispiele aus Franken.

Von: Horst Konietzny

Stand: 16.06.2016 | Archiv

Scheinbar wie immer schmückt die Kunst an, sie regt an, regt auf, gilt mal als Lebensmittel, mal als Speerspitze politischer Agitation. Kunst ist mal verständlich, mal verschlossen, banal, oder raffiniert oder einfach halt so da.

Kunstskandal in Nürnberg

Anfang der 70er-Jahre war sie in Nürnberg Streitobjekt. Zu einer Zeit also, als sich der Wutbürger in seiner fränkischen Ausprägung noch an der Kunst abreagierte. Der Anlass war ein großangelegtes Projekt, das den öffentlichen Raum mit Kunst besiedelte: das legendär gewordene "Symposium Urbanum". Ein Verein kunstsinniger Bürger hatte das Bedürfnis, das in Kunstdingen mittelalterliche Nürnberg in die Jetztzeit zu beamen. Man organisierte, kümmerte sich um die Finanzierung und wählte die Künstler aus. Ein Projekt, das polarisierte, wie der Kabarettist Dieter Hildebrandt seinerzeit feststellte.

"Viele Bürger schienen diese Art der Gestaltung für einen vorsätzlichen Akt der Umweltverschmutzung zu halten. Sie heulten förmlich auf. Ich zitiere einen der größten Heuler: 'Rohre aus Stahl stecken wie Pfähle im Fleisch des historischen Stadtkörpers.' Auaa!"

Kabarettist Dieter Hildebrandt im Jahr 1972

Heute ist die Kunst einfach da

Einige der entstandenen Werke aus Metall oder Stein sind längst ins kollektive Kunstunterbewusstsein der Nürnberger hinabgesunken und schmiegen sich heute unbeachtet an verschiedenen Stellen in die Stadt. Sie sind halt da, als würde es so gehören. Damals lösten sie einen riesigen Kunstskandal aus.

Welche Rolle spielen Sammler und Mäzene?

Diese Diskussion ist Grund genug, sich mit denen zu beschäftigen, die neben der öffentlichen Hand eine wesentliche Basis der Kunst in der Gesellschaft darstellen: den Sammlern und Mäzenen. Welche Rolle spielen sie?

Neues Museum Nürnberg

Hansfried Defet, ein Nürnberger Fabrikant hochwertiger Künstlerpinsel, wurde Anfang der 70er-Jahre Geschäftsführer des Vereins "Symposium Urbanum" in Nürnberg. Er und seine 2008 verstorbene Frau Marianne haben seit den 50er-Jahren wesentlich die Geschicke der modernen Kunst in Nürnberg inspiriert. Als Galeristen, Sammler, Freunde und Förderer der Kunst und der Künstler haben sie entscheidende Anstöße gegeben, mit aktuellen künstlerischen Positionen das kulturelle Leben in Nürnberg zu bereichern. Eine große Schenkung von 130 Arbeiten bildet 2002 einen wesentlichen Grundstock des damals eröffneten Neuen Museums in Nürnberg.

"Zunächst war ich neugierig und habe mir Künstler gesucht, die meine Pinsel getestet haben. Und so ist dann der Wunsch entstanden, auch das eine oder andere Bild dieser Künstler zu besitzen. Und es hat sich soweit entwickelt, dass wir eigentlich nie aus einem Atelier heraus gegangen sind, ohne etwas gekauft zu haben."

Hansfried Defet

Für den Pinselfabrikanten Hansfried Defet ist es ein Geben und Nehmen. Er habe nicht nur viele Freundschaften gewonnen durch die Kunst, sondern auch sehr viele Anregungen für seine Produkte erhalten.

Kunst und Kohle: Wem nutzt die gute Tat?

Bei Sammlern und Mäzenen stellt sich die Frage nach dem Nutzen der guten Taten. Was haben die Mäzene von ihrem Engagement? Ist es Selbstlosigkeit, Naivität oder kluges Kalkül und Repräsentationsbedürfnis, die sie antreiben? Bringt Kunst hier den  Kick unbestimmter Faszination, gespeist aus der Sehnsucht nach dem Überraschenden, Überdurchschnittlichen, Originellen? Locken die spekulativen Fantasien des Kunstmarktes? Dem Tummelplatz für die Gewinner des entfesselten Kapitalismus?

Ein zweiter wichtiger Fürsprecher der modernen Kunst in Nürnberg ist der ehemalige Leiter der Schmidtbank, Karl Gerhard Schmidt. Er engagiert sich in zahlreichen Feldern der Kunst, von Wagner bis zu modernen Kunst. Der Bankier ist ein Weggefährte von Hansfried Defet.

"Das Ganze ging so los: Ich habe von Defet eine Stahlplastik gekauft. Die konnte ich zu Hause nicht unterbringen. Da haben wir sie in das Foyer der Bank gestellt. Und dann haben wir gesagt, so eine Plastik müssen wir den Leuten erklären. Hängen wir doch noch ein paar Bilder dazu. Und so entstand eine Galerie."

Karl Gerhard Schmidt

Er habe nicht aus sozialen Gründen Kunst gekauft, sondern weil er eine Freude daran hatte, sagt Karl Gerhard Schmidt. Als Sammler oder Mäzen versteht er sich nicht.

"Unter Mäzenen verstehe ich Menschen, die materiell und auch sonst Gutes für die Künstler tun, die Künstler materiell unterstützen. Ich hab mich als Freund der Künstler gesehen. Und wenn ich was gekauft habe, dann habe ich mir mindestens so viel Gutes getan, wie den Künstler. Ich habe die Künstler als Partner und Freunde gesehen."

Karl Gerhard Schmidt  

Ein Feature von Horst Konietzny

Das Feature "Kunst und Kohle" von Horst Konietzny zeigt neben den bereits erwähnten Beispielen außerdem das Bestreben der Familie Hiller von Gaertringen, die in Thurnau versucht, das in Ihrer Sammlung bewahrte kulturelle Erbe der Region zu erhalten. Und es lässt sich von der Leidenschaft von Stefanie Barbara Schreiner für osteuropäische Druckgrafik anstecken und diskutiert die Verantwortung des Sammlers gegenüber der Vergangenheit seiner Sammlung.


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