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Zentrum für Extraterrestrik in Würzburg Gibt es intelligentes Leben im All?

Gibt es intelligentes Leben jenseits der Erdatmosphäre? Und wenn ja, wie sieht es aus? Universitäts-Professor Hakan Kayal aus Würzburg sucht nach Antworten auf diese Fragen. Eine Aufgabe, für die er viel mehr Geld und Personal bräuchte.

Von: Wolfram Hanke

Stand: 05.04.2023 | Archiv

Für Hakan Kayal hat alles mit einer Beobachtung seines Vaters in den 1970er Jahren angefangen.

"Er hat es beobachtet, als er vom Zug ausgestiegen ist und nach Hause gehen wollte. Und zusammen mit ihm haben das viele andere auch gesehen. Es war oval bis rundlich, hatte Lichter drumherum, war lautlos in einigen hundert Metern Entfernung und etwa so groß wie der Mond. Vielleicht ein bisschen kleiner. Also keine kleine leuchtende Lichtquelle, sondern es konnte schon eine Form ausgemacht werden. Aber auch nicht sehr scharf, eher wie eine Wolke. Aber auf keinen Fall eine Wolke. Es hat sich sehr schnell bewegt. Das war alles. Aber es war genug, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Er hat ja am Flughafen gearbeitet zu der Zeit, also hat er jeden Tag Flugzeuge gesehen. Das wäre für ihn nichts Außergewöhnliches. Ein Meteor oder eine Wolke war es wohl auch nicht. Das hätte er, denke ich auch erkannt. Aber viel mehr war es auch nicht."

Hakan Kayal, Professor für Raumfahrttechnik

Es reichte auf jeden Fall, um beim jungen Hakan eine lebenslange Begeisterung für UFOs und den Weltraum zu wecken. Was dieses Flugobjekt war, weiß er bis heute nicht. Inzwischen ist aus dem Kind ein Professor geworden. Ein Professor für Raumfahrtechnik, um genau zu sein. Und Hakan Kayal hat vor sieben Jahren ein interdisziplinäres Zentrum für Extraterrestrik an der Universität Würzburg ins Leben gerufen.

Was sind UFOs eigentlich?

"Die Raumfahrttechnik beschäftigt sich mit der Entwicklung von Kleinsatelliten. Wir haben zum Beispiel zurzeit in diesem Zentrum ein Projekt laufen, das nennt sich Satex. Dabei schauen wir, welche Möglichkeiten Kleinsatelliten in der Erforschung interplanetarer Räume haben. Auf der anderen Seite ist eben seit Anfang 2022 das Thema UFOs einer der offiziellen Forschungsgegenstände und in diesem Rahmen wollen wir Technologien und Methoden entwickeln, wie man UFOs erforschen kann. Bisher haben wir allerdings kein gefördertes Projekt, das heißt, wir machen es mit eigenen Ressourcen und das ist natürlich viel zu wenig. Wir bemühen uns jetzt um Forschungsmittel, damit wir auch wirklich ernsthaft Dinge entwickeln können, um der Sache auf den Grund gehen zu können, was die UFOs eigentlich sind."

Hakan Kayal, Professor für Raumfahrttechnik

Der Begriff UFO wurde in den 1950er Jahren in den USA zum ersten Mal verwendet und steht für Unknown Flying Object. Ein unbekanntes Flugobjekt, das vor allem geprägt ist vom Bild der Fliegenden Untertasse mit kleinen grünen Männchen an Bord. Um diese Phänomene aus der Schwurblerecke herauszuholen, sind Experten für Rätsel im Luftraum inzwischen dazu übergangen, von sogenannten UAPs zu sprechen. Unidentified Aerospace Phenomena. Also unidentifizierten Luftraum-Phänomene. Kayal beschäftigt sich schon seit seiner Kindheit mit solchen Dingen. Dem Weltraum und möglichen außerirdischen Lebensformen.

"Das hat mich letztendlich zu der Professur für Raumfahrttechnik geführt. Ich glaube, wenn man sich mit dem Weltraum beschäftigt und mit den großen Fragen des Lebens, dann kommt man eigentlich fast automatisch zu der Frage nach Leben außerhalb der Erde. Wenn man noch weiter denkt, kommt man auf die Frage nach intelligentem Leben und dann ist der Schritt nicht allzu weit, zu überlegen, wenn es intelligentes Leben im Universum geben sollte, ob es denn vielleicht auch im ganzen Universum verteilt sein könnte. Und so kommt man natürlich automatisch auch auf das Thema UFOs."

Hakan Kayal, Professor für Raumfahrttechnik

UFO-Forschung in den USA, Frankreich – und nun auch in Würzburg

Was an der Arbeit von Professor Hakan Kayal neu ist, ist der universitäre Rahmen in dem sich seine Arbeit bewegt. Jahrelang wurde das Thema UFOs von der Wissenschaft eher belächelt und ins Reich der Science Fiction verbannt. Doch in den vergangenen Jahren gibt es immer mehr Anzeichen dafür, dass den UFOs oder UAPs immer ernsthafter begegnet wird. In den USA, aber auch in Frankreich gibt es Forschungsprojekte, die sich mit der Untersuchung dieser Phänomene beschäftigen. Sogar die US-Raumfahrt-Organisation NASA hat inzwischen ein hochkarätig besetztes Gremium einberufen, um den UAPs auf den Grund zu gehen. Und da ist dann noch Würzburg.

"Wir müssen die Phänomene beobachten, von denen wir noch nicht genau wissen, was es ist. Dazu leisten wir einen Beitrag in der Form, dass wir Beobachtungssysteme entwickeln. Das sind dann eben Systeme, die aus Kameras bestehen. Aber nicht nur Kameras, es sind dann eben auch perspektivisch Radaranlagen mit dabei, Spektrometer, Infrarot-Kameras, Audio-Aufzeichnungen, Magnetfeld-Messungen und so weiter. Es sind diverse Sensoren denkbar, die eingesetzt werden können. Damit wollen wir versuchen, möglichst viele objektive Daten über das Phänomen zu sammeln. Denn das ist das, was gebraucht wird: objektive Daten. Bisher war es in den letzten Jahrzehnten so, dass zwar viel über UFOs berichtet wurde, aber das waren meistens Augenzeugenberichte und wenige oder gar keine Daten. Um die Phänomene wissenschaftlich untersuchen zu können, brauchen wir tatsächliche Daten aus Instrumenten, die dafür geschaffen worden sind."

Hakan Kayal, Professor für Raumfahrttechnik

Die Sky Cam in Würzburg fotografiert den Himmel

Das klingt fast ein bisschen nach dem US-Filmklassiker Ghostbusters. Auf dem Dach eines Universitätsgebäudes auf dem Campus haben die Wissenschaftler bereits eine sogenannte Sky Cam installiert, die rund um die Uhr Bilder von Himmels-Phänomenen macht. Quasi als Testlauf. Parallel arbeiten Hakan Kayal und sein Team an weiteren Systemen, die auch mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz, UAPs wissenschaftlich erfassen und möglichst viele Daten darüber sammeln sollen.

Die Gesellschaft zur Erforschung des UFO-Phänomens

Außerdem arbeiten die Würzburger Wissenschaftler mit der Gesellschaft zur Erforschung des UFO-Phänomens, kurz GEP, zusammen. Deren ehrenamtliche Mitglieder sammeln Beobachtungen von Bürgern, werten sie aus und suchen nach Erklärungen. Den Verein mit Sitz im nordrhein-westfälischen Lüdenscheid gibt es schon seit 1972. Und der Vorsitzende heißt nach über 50 Jahren immer noch Hans-Werner Peiniger.

"Wir beschäftigen uns ja nur mit den Wahrnehmungen der Bürger. Wir waren also nicht selbst dabei und haben auch in der Regel keine messtechnischen Daten zur Verfügung. Hin und wieder werden uns schon einmal Fotos oder Videos vorgelegt. Aber das sind keine wirklich harten Fakten, mit denen man in der Wissenschaft arbeiten kann und deshalb geht Professor Kayal an der Uni Würzburg eben einen anderen Weg und versucht über Messtechnik, unbekannte Phänomene zu detektieren und mit diesen erfassten Daten dann zu arbeiten. Wir ergänzen uns da schon."

Hans-Werner Peiniger, Vorsitzender der Gesellschaft zur Erforschung des UFO-Phänomens

Die Menschen, die UFO-Beobachtungen machen, kommen aus allen Bevölkerungsschichten und Altersgruppen, sagen die beiden Experten. Manche machen spontan ein Foto mit dem Smart Phone und schicken es ein, andere behalten ihre Beobachtungen jahrelang für sich, weil sie Angst davor haben, ausgelacht oder zumindest nicht ernst genommen zu werden. Wenn sie sich melden, dann meistens bei der Tageszeitung, bei der Polizei oder direkt bei der GEP. Vor dem BR-Mikrofon wollte keiner von ihnen sprechen.

"Die Beobachtungen lassen sich tatsächlich vom Schreibtisch aus relativ schnell erklären, weil wir uns eben mit diesen optischen Erscheinungsbildern und dem dynamischen Verhalten der beschriebenen Objekte auskennen und dann schon mal sagen können: Das sieht so aus wie dieses und jenes, was wir schon kennen. Dann recherchieren wir noch ein bisschen weiter und versuchen das noch zu untermauern. In seltenen Fällen müssen wir auch mal rausfahren und die Hauptzeugen vor Ort befragen. Oder auch mal Spuren sichern. Also wenn ein Zeuge behauptet: In meinem Garten ist ein Flugkörper gelandet und hat Spuren hinterlassen, dann wäre das natürlich ein Fall dafür, rauszufahren und dann die Spuren zu sichern."

Hans-Werner Peiniger, Vorsitzender der Gesellschaft zur Erforschung des UFO-Phänomens

Nur drei Prozent der UFO-Sichtungen sind interessant

Solche Fälle kann man in den letzten 50 Jahren aber an einer Hand abzählen, sagt Hans-Werner Peiniger. Der allergrößte Teil der angeblichen UFO-Sichtungen ist ohnehin uninteressant, sagt Professor Hakan Kayal. Meistens handelt es sich um Lichtpunkte am Himmel. Laut der Einschätzung der offiziellen UFO-Untersuchungsstelle Geipan aus Frankreich sind nur etwa drei Prozent der Fälle eine weitere Überprüfung wert. Eine Zahl, die Hakan Kayal im Zuge seiner Untersuchungen auch so bestätigen kann.

"Ich kann mir vorstellen, dass mit der Zeit die Meldungen zunehmen. Und aus diesem Grund sind wir gerade dabei, konkret ein intelligentes Meldesystem zu entwickeln. Automatisiert. Das heißt, die Menschen können dann UFOs mit Hilfe eines Webformulars melden. Und das Besondere an diesem neuen System, was es weltweit so noch nicht gibt, ist, dass es dann sofort auch ein Feedback gibt, was es sein könnte. Also prozentual 90 Prozent Venus, 70 Prozent ein anderer Stern, 60 Prozent ein Flugzeug und so weiter. So dass die Menschen auch sofort automatisch eine erste Bewertung erhalten. Das wollen wir einsetzen, um eben der möglichen Flut von Meldungen entgegenzuwirken und uns nur auf die Fälle zu konzentrieren, die besonders interessant erscheinen."

Hakan Kayal, Professor für Raumfahrttechnik

Professor wünscht sich mehr Fördergelder für UFO-Forschung

Professor Kayal hat noch einiges vor. Wenn die Entwicklung seiner Beobachtungssysteme abgeschlossen ist, will er sie an verschiedenen Orten weltweit installieren, an denen besonders viele UAPs gesichtet werden. Solche Hotspots befinden sich in Belgien oder Norwegen, aber auch an der Westküste der USA oder in Südamerika. Problem ist dabei natürlich das liebe Geld, denn die Technik kostet viel Geld und sein Personal ist auch knapp. Momentan beschäftigt der Professor im Bereich UFO-Sichtungen gerade mal eine halbe Stelle und eine studentische Hilfskraft. Das ist auf Dauer natürlich viel zu wenig, deshalb hofft Kayal auf Förderungszusagen für seine spektakulären Ideen. Auch wenn seine UFO-Forschung von manchen Kollegen oder Fördergremien nicht so ganz ernst genommen wird.

"Ich hoffe, dass sich das in den folgenden Monaten ändert und dass wir dann bei Anträgen erfolgreich sein werden. So ein Belächeln bei Anträgen haben wir nicht so direkt mitbekommen. Es wird schon ernsthaft geprüft, aber es gibt natürlich tausend andere Forschungsideen und eine davon sind eben wir. Nein, also ich muss schon sagen, das wird ernsthaft geprüft, allerdings können wir natürlich nicht in die Köpfe von den Menschen schauen, die das begutachten. Wie sie da reagieren, kann ich nicht sagen. Wir kennen nur die offiziellen Antworten, aber die sind eigentlich ernsthaft."

Hakan Kayal, Professor für Raumfahrttechnik

Angst davor, seinen guten Ruf als Wissenschaftler zu verlieren, hat Hakan Kayal nicht. Obwohl er natürlich weiß, dass seine UFO-Forschung vor einigen Jahren noch als völlige Spinnerei abgetan wurde. Der Würzburger Wissenschaftler glaubt fest daran, dass es intelligentes Leben außerhalb des Planeten Erde gibt und dass es nur eine Frage der Zeit ist, wann es zum ersten Kontakt kommt. Dafür allerdings ist die Menschheit erschreckend schlecht vorbereitet, sagt der Professor.

"Es gibt verschiedene Gruppierungen, verschiedene Versuche von Zeit zu Zeit, genau das vorzubereiten. Aber es gibt noch keinen Plan, der weltweit bindend wäre. Und das ist meiner Meinung nach wirklich nicht gut, weil wir das nicht ausschließen sollten. Es kann eines Tages passieren. Das kann jetzt in fünf Minuten sein, oder in tausend Jahren. Wir wissen es nicht, aber es kann passieren. So unwahrscheinlich das erscheinen mag, auch für diesen Fall sollten wir vorbereitet sein."

Hakan Kayal, Professor für Raumfahrttechnik


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