Bayern 2 - Zeit für Bayern


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Bayern genießen Sauber genießen im Februar

Februare heißt reinigen. Schon im alten Rom war der Februar der Reinigungsmonat. Für eine innerliche und äußerliche Runderneuerung. Bei uns treiben heuer noch Fastnacht-Fasching-Karneval ihre bunten Blüten und die reinigende Fastenzeit fängt erst am 6. März an – Trotzdem haben nicht wenige schon jetzt das Bedürfnis nach Sauberkeit, Klarheit, Reinheit – im konkreten und noch mehr im übertragenen Sinn.

Von: Gerald Huber

Stand: 02.02.2019 | Archiv

Sauber - Ein Mann genießt die Therme von Bad Gögging | Bild: BR / Uli Scherr

Hier unsere Genuss-Themen aus den bayerischen Regionen rund ums Motto "sauber"

Khumb Mela heißt das rituelle Massenbad der Hindus im Ganges, das in diesen Wochen wieder stattfindet. Alle zwölf Jahre stürzen sich da sage und schreibe 150 Millionen Menschen in Allahabad in eiskalte Januarfluten. Mit der äußerlichen Reinigung im dreckigen Ganges-Wasser ist das so eine Sache – aber innerlich ist das Bad im heiligen Fluss eine ungeheuer reinigende Angelegenheit. Ähnliche Wasserriten kennen die meisten Kulturen: Muslime müssen sich vor jedem Gebet waschen, Christen werden getauft, um die Erbsünde loszuwerden. In säkularen Zeiten ist der Glaube an die sündenbefreiende Wirkung des Wassers verblasst. Aber getreu dem berühmten Satz des britischen Schriftstellers Gilbert Keith Chesterton gilt:

So haben sich in den nachrevolutionären Zeiten des 19. Jahrhunderts alle möglichen mehr oder weniger esoterischen Theorien über die innerlich reinigende Wirkung des Wassers entwickelt. Allen voran das Gedankengebäude eines veritablen katholischen Pfarrers namens Sebastian Kneipp. Wobei heilendes Wasser, wie gesagt, schon immer genutzt und verehrt worden ist.

Macht nicht nur sauber: Wasser in Niederbayern

Hier sprudelt das Schwefelwasser in der Therme.

Schon die Römer kannten beispielsweise die Schwefelquellen im niederbayerischen Kurort Bad Abbach. Aber die Frage darf erlaubt sein: ob so ein Wasser tatsächlich sauber macht – äußerlich vielleicht, aber innerlich?

In Bad Gögging können Sie selbst Heilwasser abzapfen oder in den Bädern die Schwefelquellen genießen.

Info

Wer die heilsame Wirkung des Schwefel- und des Thermalwassers von Bad Gögging selber einmal ausprobieren will. Die Limes-Therme hat täglich von 8 bisd 20 Uhr geöffnet. das Schwefelwasser am Trinkbrunnen ist gratis. Der Eintritt in den Badebereich kostet 9 Euro. Anlässlich des 100. Jubiläums der staatlichen Anerkennung als Kurort gibt es das ganze Jahr über ein buntes Jubiläumsprogramm. Weitergehende Informationen dazu finden Sie im Internet unter bad-goegging.de.
Unter der gleichen Adresse finden Sie auch Informationen zur genauen Zusammensetzung und Wirkung des Gögginger Heilwassers.“

"Klassiker sind Dichter, die man loben kann, ohne sie gelesen zu haben."

G.K. Chesterton

Sollte rein sein: Wein aus Mainfranken

Chesterton war Genussmensch durch und durch. Und deswegen wundert einen der folgende Satz überhaupt nicht:

"Es ist mir völlig gleichgültig, wohin das Wasser fließt, solange es nicht in meinen Wein läuft."

G.K. Chesterton

Womit wir ganz elegant vom Wasser zum Wein und zu unserem Thema kommen. Weil: Im Wein-Keller ist Sauberkeit oberstes Gebot. Wein soll schließlich rein sein. Dazu muss aber so ziemlich alles sauber sein, was damit zu tun hat.

"Iß, was gar ist, trink, was klar ist, red, was wahr ist." Das ist ausnahmsweise nicht von Chesterton, sondern von Martin Luther. Aber der soll ja auch öfter recht gehabt haben.

Symbol der Reinheit: Wolle aus dem Allgäu

Vom Wasser und vom Wein haben wir schon geredet. Beide sind sie seit alten Zeiten Symbole für Reinheit. Genauso wir unser drittes Thema: Das Lamm, bzw. sein Produkt – die Wolle.

Saubere Wolle frisch gewaschen

Wolle ist meistens weiß – aber das ist nicht das einzige, was sie in unserem Kopf mit Sauberkeit zusammenbringt. Wolle ist darüberhinaus saugfähig. Jeder kennt die Putzwolle oder den ursprünglich aus gefilzter Wolle bestehenden Bierfilz im Wirtshaus, der überschäumendes Bier aufsaugt. So ein echtes Bierfuizl ist nebenbei ein echtes Phänomen. Weil es zwar Patina annimmt, aber nach dem Trocknen immer wieder neu seinen Dienst tut. Ganz anders als Getränkeuntersetzer aus anderen Materialien, die sich dauerhaft verformen und so an Saugfähigkeit einbüßen. Kurz: Filz, bzw. Wolle dient schon seit alten Zeiten der Sauberkeit.

Wissen und Gewissen: Biourlaub in Oberfranken

Ich will mir gar nicht vorstellen, was der vorhin öfter zitierte Chesterton über sowas wie die Wendung vom „ökologischen Fußabdruck, der möglichst klein sein soll“ gesagt hätte.

Natururlaub auf dem Biohof der Familie Heil.

Vielleicht hätte er sich damit gebrüstet, dass er lieber Vorbildern folgt, die möglichst große Fußstapfen hinterlassen haben. Was natürlich nichts daran ändert, dass vielen eine Lebensweise, die Rücksicht auf Umwelt und Natur nimmt, wichtig ist und bleibt. Grad bei vielen Leuten, die in den ländlichen Regionen Bayerns Urlaub machen, scheint das so zu sein. Deswegen nehmen manche Gastgeber viel Geld in die Hand, um ihre Unterkünfte unter biologischen Gesichtspunkten umzugestalten. Und wer ganz neu baut, macht es oft von vornherein ökologisch und nachhaltig. So ein „sauberer Urlaub“ muss aber beileibe kein Urlaub auf dem Bauernhof sein, denn eine bestimmte Zutat darf nicht fehlen: Und die hat viel mit Genuss zu tun.

Weniger ist mehr: Nürnberger Selbstversuch beim Ausmisten

Weils in dieser Sendung schon Tradition geworden ist, Chesterton zu zitieren, machma halt so weiter: Je mehr du auf der Höhe der diesjährigen Mode stehst, desto mehr bist zu bereits hinter der nächstjährigen Mode zurück. Tatsächlich eine leidvolle Erfahrung, die wir alle machen. Dass grad unsere Lieblingsstücke viel zu schnell aus der Mode kommen. Dass wir uns trotzdem nicht trennen können usw.

Dass wir überhaupt, ein häufig beklagter Fehler, viel zu viele Sachen anhäufen. Und, wenn wir in uns gehen, merken, dass diese Dinge uns belasten, dass sie unser Leben irgendwie verunklären, ja, es regelrecht verschmutzen. Wenn bloß nicht die Reinigung, das Saubermachen, das Ballastabwerfen so schwer wäre. Schon immer hat es Priester gegeben, die dafür mit Rat und Tat zur Stelle waren. Indem sie die Beichte abgenommen haben zum Beispiel. In heutigen, vermeintlich säkularen Zeiten übernehmen – gegen entsprechende Bezahlung – speziell geschulte Hilfspriester das rituelle Saubermachen.

Ausmisten Ja wer ausmistet und sich womöglich dabei helfen lässt, ist grad auf der Höhe der Zeit. Was, wenn Chesterton rechthat, natürlich sehr bedenklich ist, weil nächstes Jahr schon wieder was ganz anderes modern sein kann. Jedenfalls kann man zum Beispiel im Bildungszentrum Nürnberg lernen wie man richtig ausmistet. Heute ist erster Seminartag

Alles relativ: Sauberkeit im oberbayerischen Wald

Vielleicht ist es ja tatsächlich so, dass es die Natur, eben auch unsere Natur, ist, die zur ständigen Verweltlichung, zur Materialisierung neigt. Nur, wer sich bewusst gegen seine Natur stellt, den Blick von der Materia, der Mutter Erde abwendet, Ballast abwirft, kann Kultur entwickeln. Chesterton sagt es so: "Warum können Engel fliegen? Weil sie sich leichtnehmen."

Dass die Natur das genaue Gegenteil zur vernünftigen Kultur ist, das sieht man – am Wald! Der neigt auch zum ständigen Wuchern. Ganz ähnlich wie ein schlechtgepflegter Kleiderschrank. Und ganz wie beim Kleiderschrank muss man ausmisten. Und ebenfalls ganz wie beim Kleiderschrank und ganz wie beim Körper, ist der jetzt beginnende Spätwinter genau die richtige Zeit dafür.

Lisa Schubert inspiziert den Wald.

Die Tanne, ein Fall für den Pfarrer. Ja, es is wirklich so: Erst wenn man das Allzuviele, Überschüssige, den Ballast entfernt, wird der Blick frei fürs Wesentliche – und das ist halt ein zutiefst religiöser Akt. Zumindest ein Fall für den kleinen Pfarrer in jedem von uns. Angela Braun war unterwegs mit der Försterin Lisa Schubert.

Sauber omaßen, sauber weghaun. Eisstockschießen in der Oberpfalz.

Vor lauter Chesterton-Zitaten bin ich Ihnen heute meine an dieser Stelle sonst gewohnte Etymologie des Themas schuldig geblieben. Das will ich jetzt nachholen. Sauber ist ein Lehnwort aus dem lateinischen: sobrius oder subrius heißt dort nüchtern. Nach den tollen Tagen der winterlichen Festzeit, bei denen der Wein häufig eine riesige Rolle gespielt hat – bei uns ist das ja auch so an Weihnachten, Silvester, der anschließenden Ballsaison bis hinein in die Faschingszeit – nach all den Besäufnissen also wird’s Zeit, wieder nüchtern zu werden. Und das haben die Römer im Februar getan, im Reinigungsmonat: Nüchtern werden, sich wieder auf den Alltag besinnen, das Lebensnotwendige wieder in den Blick zu nehmen und dafür das Überflüssige abzuschütteln.

So hat das lateinisch-deutsche Wort subrius/sauber neben nüchtern noch eine zweite Bedeutung gekriegt: makellos, tadellos. Ein sauberes Mädchen ist also ein schönes Mädchen. Und es ist ein Unterschied, etwas sauberzumachen oder etwas sauber zu machen. Also die Aufgabe ins Auge zu nehmen, das rechte Maß und Ziel zu entwickeln. Beim Eisstockschießen heißt das gut zielen deswegen sauber omaßen. Und wenn danach ein anderer Stock wegfliegt, dann hat man den sauber davongehaut. Wenn das Eisstockschießen ein englischer Sport wär, hätt der gute Gilbert Keith Chesterton sicher was dazu gewusst.

Wenn Sie jetzt Lust aufs saubere Omaßen auf sauberem Eis gekriegt haben. Hier gibt's eine Liste mit Eisstockherstellern in Bayern.

Jetzt müssen Sie aber zugeben, dass uns heute fast die Quadratur des Kreises gelungen ist.

Sauberkeit um die Ecke denken

Sauber ist ja das Thema in Bayern genießen. Und weil lateinisch purus rein heißt und die Puritaner, also die Vertreter der reinen Lehre, stets etwas Genussfeindliches an sich haben, verlangt es schon nach höherem Um-die-Ecke-Denken, um der Sauberkeit genügend Genussaspekte abzuringen.

Wenngleich andererseits niemand bestreitet, dass Sauberkeit an sich genommen nicht schon ein Genuss ist. Wenn andererseits nicht gerade die dreckigsten Sachen nicht immer soviel Spass machen täten – aber darüber wollen wir uns jetzt gar nicht näher auslassen. Immer schön sauber bleiben an diesem ersten Februar-Wochenende!


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