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Mystische Tiere Fledermäuse erleben im Flatterhaus Hellmitzheim

Im Flatterhaus in Hellmitzheim, einem Ortsteil der Stadt Iphofen im unterfränkischen Lkr. Kitzingen, kann man tief eintauchen, in die Welt der Fledermäuse, in Mythologie, aber auch in ganz wissenschaftlich Bereiche dieser hoch interessanten Säugetiere, die oft unentdeckt unsere Mitbewohner sind.

Stand: 03.12.2016 | Archiv

Das Bürgerhaus in Hellmitzheim – ein Fachwerkhaus mit rot gestrichenen Balken in der Fassade. Über eine knarrende Holztreppe geht es hoch ins Obergeschoss. Und dort wird man akustisch von Fledermäusen empfangen: Das sind große Mausohren

Christian Söder vom Landesbund für Vogelschutz  hat ganz maßgeblich am Flatterhaus mitgewirkt, das im Mai eröffnet wurde. Die Botschaft: Das Flatterhaus soll für Fledermäuse begeistern.

Und das beginnt schon damit, all die Vorurteile, all das Mystische, Geheimnisvolle und Schauderhafte zu entkräften, was der Fledermaus anhaftet.

Was verbinden wir noch mit Fledermäusen?  Natürlich Graf Dracula – die berühmte Romanfigur, der sich in eine Fledermaus verwandelt und in die Schlafzimmer ahnungsloser jungen Damen eindringt, um ihnen ihr Blut auszusaugen:

Und so darf im Flatterhaus weder Batman fehlen, dieser furchtlose Kämpfer gegen das Böse, der im Fledermaus-Kostüm  zum Hollywoodhelden wurde, noch die berühmte Operette von Johann Strauß – die Fledermaus.

1729 berichtet Freiherr von Fleming, dass ein Schütze besser trifft, wenn er Fledermausblut  trinkt. Von solcherlei Mystik  bleibt Christian Schmidt  völlig unbeeindruckt. Der Landwirt hat in seinem Haus in Hellmitzheim, oben im Dachstuhl, eine Fledermaus-Kolonie. Für ihn sind es angenehme Untermieter.

Der Landkreis Kitzingen ist eine wahre Hochburg für Fledermäuse. Viele, auch bedrohte Arten, wie die seltene Nymphenfledermaus,  hat der Landesbund für Vogelschutz dort nachgewiesen und kartiert. Bei Bauer Schmidt in Hellmitzheim sind es zum Beispiel Graue Langohren:

Im Flatterhaus im Hellmitzheim erfährt der Besucher – neben all den mystischen Aspekten – natürlich auch viel wissenschaftliches über Fledermäuse.

Da werden Ultraschall-Laute hörbar gemacht. So erkennt man an einem Bildschirm, wie die Fledermaus damit einen Falter bei Dunkelheit mehrund mehr fokussiert, bis sie ihn fängt. Aber eine Fähigkeit ist und bleibt gruselig. Wie schaffen es Fledermäuse in der Gruft von Fürsten oder im Dach von Kirchtürmen kopfüber zu schlafen, ohne dabei herunterzufallen.  Und das einen Winter lang?  Alles keine Hexerei, versichert Christian Söder:

Und wer es nicht glaubt: An einem einfach Modell kann man selber ausprobieren, wie sich die Krallen der Fledermaus öffnen lassen. Von Johann Strauß über Dracula und Batmann bis zum Großen Mausohr – das Flatterhaus in Hellmitzheim sollten Sie sich für eine Ausflug im Frühjahr schon mal vormerken.

Das Flatterhaus in Hellmitzheim ist ab März wieder geöffnet, dann immer von Donnerstag bis Sonntag, täglich von 10:00 - 18:00 Uhr. Der Eintritt ist frei. 

Fakten über Fledermäuse & Co.

Fleischfressende Pflanze als Hotel

Wollfledermäuse leben auf Borneo in einer perfekten Symbiose mit fleischfressenden Pflanzen. Sie schlafen tagsüber in deren Kelche, geschützt vor den Blicken von Feinden. Das einzige, was die Pflanze dafür verlangt, ist ihr Kot. Daraus gewinnt sie wichtige Nährstoffe. Doppelt praktisch für die Fledermäuse: Schlafplatz und Klo in einem.

Kreative Sexpraktiken

Indische Kurznasenflughunde praktizieren Oralsex. Weibchen beugen sich bei der Kopulation vornüber und lecken die Penisse der Männchen. Wenn sie das tun, dauert der Verkehr länger. Eine Sekunde Lecken verlängert die Kopulation im Schnitt um sechs Sekunden. Warum sie das machen, ist noch nicht erforscht. Vielleicht erhöhen sie damit ihre Chance, befruchtet zu werden. Vielleicht desinfizieren sie aber auch mit ihrem Speichel die Genitalien des Partners, und  vermeiden Geschlechtskrankheiten.

Tödliche Abenteuerlust

Zweimal schon flogen Fledermäuse als blinde Passagiere Richtung All. 2009 klammerte sich eine Bulldogfledermaus an den Außentank der Raumfähre "Discovery". Fotos belegen, dass die Fledermaus auch im Moment des Starts am Außentank hing. Wie weit sie mitgereist ist, ist nicht bekannt. Dass es ihre letzte Reise war, ist hingegen klar. "Das Tier ist wahrscheinlich schnell gestorben, als die 'Discovery' ins All flog", teilte die Nasa mit. 1998 hatte sich schon einmal eine Fledermaus an eine Raumfähre geklammert: an die Columbia.

Voyeuristisches Fledermausbaby

Eine britische Hotelangestellte machte einen bizarren Fund in ihrem BH: Sie wunderte sich über ein gelegentliches Kribbeln, dachte aber, ihr Handy vibriere in ihrer Brusttasche. Nach fünf Stunden schaute sie dann doch nach und fand ein Fledermausbaby in ihrem BH. Das hatte sich wohl im Wäscheschrank verkrochen gehabt.  Nachdem sie es hinaus gesetzt hatte, plagte sie ein schlechtes Gewissen: "Die Fledermaus hatte es im BH ganz gemütlich. Es war ziemlich unhöflich von mir, sie rauszunehmen. Vielleicht hätte ich sie drin lassen, ihr ein schönes Zuhause geben sollen."

Die fast perfekte Orientierung

Fledermäuse verlassen sich beim Fliegen auf ihre Ohren, durch Echolot erkennen sie Hindernisse und weichen ihnen geschickt aus. Nur in einem funktioniert ihre Orientierung nicht ganz: Glatte waagerechte Flächen halten sie immer für Tümpel. Wenn in einem Raum ein Tisch mit sehr glatter Oberfläche steht, versuchen sie zu trinken. Und sie lernen nicht dazu. Im Versuch probierten Fledermäuse zum Teil hundert Mal in zehn Minuten, einen Tisch zu trinken.


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