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Romane und Lyrik Buchtipps für den Sommerurlaub

Ob am Strand, im Hotelzimmer oder auf Balkonien: Mit diesen Buchtipps wird der Sommer besonders unterhaltsam. Mit dabei: Ein fast vergessener Klassiker aus Franken, ein Buch über den 1. FC Nürnberg und zwei fränkische Romane.

Von: Julia Hofmann und Dirk Kruse

Stand: 19.08.2019

Buchcover von: August von Platen, Die Sonette; Simone Veenstra, Auf nach Irgendwo; Roland Winterstein, Naus zum Glubb | Bild: Männerschwarm Verlag, Heyne Verlag, Verlag Die Werkstatt | Foto: BR-Studio Franken/Franz Engeser

Simone Veenstra: Auf nach Irgendwo!

Mit seinem umgebauten VW-Bus, dem er liebevoll den Namen "Bienchen" gegeben hat, macht sich der alte Jakob auf nach Osteuropa. Er will historische Dampflokomotiven fotografieren. Auf einer Raststätte gabelt er den 17-jährigen Ausreißer Miro auf – und es beginnt für die beiden eine abenteuerliche Reise und eine ganz besondere Freundschaft. Die in Forchheim aufgewachsene Autorin Simone Veenstra schickt zwei sehr unterschiedliche Männer auf die Reise. Und es ist auch kein Zufall, dass dieser Jacob ein großer Freund alter Eisenbahnen ist: Die fränkischen Eisenbahnfreunde aus Ebermannstadt waren für Simone Veenstra wertvolle Berater. Am Ende des Romans enthüllen die beiden ungleichen Reisenden dann auch in Ebermannstadt ein großes Geheimnis aus der Vergangenheit. Der Roman ist lebendig, positiv und sehr unterhaltsam erzählt "Auf nach Irgendwo" ist also ein echtes Urlaubsbuch!  

Info & Bewertung

Wertung: 4 Frankenrechen von 5 | Bild: BR

Simone Veenstra: Auf nach Irgendwo!

München 2019, Heyne Verlag
462 Seiten, 9,99 Euro
ISBN 978-3-453-42270-4

Matthias Egersdörfer: Vorstadtprinz – Roman meiner Kindheit

Polternd, maulend und cholerisch – so kennen und lieben Kabarettfreunde den Fürther Matthias Egersdörfer. Sein erster Roman dagegen kommt überraschend anders daher: leise, feinfühlig, poetisch und manchmal auch melancholisch. Egersdörfer beschreibt seine Kindheit und Jugend in einer fränkischen Kleinstadt in den 1970er-Jahren. Für den kleinen Matthias ist das Leben mit seiner Mutter, seinen beiden älteren Schwestern und der Großmutter ein einziges großes Abenteuer, in dem er sich immer wieder behaupten muss. Obwohl liebevoll umsorgt, hat er irgendwie immer das Gefühl, nicht so richtig hineinzupassen in diese Welt. Ein warmherziges Buch über das Großwerden, originell und manchmal sehr komisch erzählt – ein großes Lesevergnügen.

Info & Bewertung

Wertung: 5 Frankenrechen von 5 | Bild: BR

Matthias Egersdörfer: Vorstadtprinz – Roman meiner Kindheit

Berlin 2019, Rowohlt Verlag
320 Seiten, 20,00 Euro
ISBN 978-3-7371-0009-0

August von Platen: Die Sonette

So berühmt wie Goethe und Schiller war der 1796 in Ansbach geborene August Graf von Platen nie. Er war eher ein Außenseiter im Literaturbetrieb der Weimarer Klassik. Das lag auch daran, dass er sich mit dem größten Spötter seiner Zeit, Heinrich Heine, anlegte. Platen startete einen unschönen antisemitischen Angriff auf Heine, was dieser damit beantwortete, dass er Platens Homosexualität öffentlich machte. Daraufhin war der fränkische Dichter in Deutschland erledigt und wanderte nach Italien aus, wo er schon mit 39 Jahren an der Cholera starb. Aber Platen schrieb wundervolle Gedichte, die früher Schulbuchlektüre waren. Im 19. und 20. Jahrhundert konnten viele Deutsche Platen-Gedichte auswendig. Doch seit Jahrzehnten schon zählt er zu den vergessenen Klassikern. Das will der Männerschwarm Verlag nun ändern und gibt eine Platen-Reihe heraus. Der jüngste Band enthält sämtliche Sonette des Dichters.

"Du liebst und schweigst – O hätt ich auch geschwiegen,
Und meine Blicke nur an dich verschwendet!
O hätt ich nie ein Wort dir zugewendet,
So müßt ich keinen Kränkungen erliegen!

Doch diese Liebe möcht ich nie besiegen,
Und weh dem Tag, an dem sie frostig endet!
Sie ward aus jenen Räumen uns gesendet,
Wo selig Engel sich an Engel schmiegen.

Drum laß des Wahns mich, daß du liebst, mich freuen,
Damit die Seele nicht mir ganz veröde,
Und meinen Glauben möge nichts zerstreuen!

O Glück, verweigre nicht mir allzuschnöde
Den Tag, an welchem seinem Vielgetreuen
Die ganze Seele zeigt der schöne Spröde!"

August von Platen

Viele traurige Liebesgedichte sind in dem Band zu finden. Darunter auch erstaunlich offen homosexuelle. Extrem mutig in dieser Zeit. Platen war ein sehr empfindsamer und sprachmächtiger Dichter. Sein Werk ist es wirklich wert nicht vergessen zu werden. Und die tiefempfundenen und formvollendeten Sonette sind ein guter Anfang, um ihn kennen- und vielleicht auch lieben zu lernen. Also: Platen lesen!

Info & Bewertung

Wertung: 5 Frankenrechen von 5 | Bild: BR

August von Platen: Die Sonette
Mit einem Nachwort von Werner Heck,

Berlin 2019, Männerschwarm Verlag,
160 Seiten, 26,00 Euro
ISBN 978-3-86300-270-1

Roland Winterstein: Naus zum Glubb

In der vergangenen Saison ist der 1. FC Nürnberg – wieder einmal – aus der Ersten Bundesliga abgestiegen und der Club-Fan trauert. Neunmal ist das dem fränkischen Traditionsverein schon passiert. Ein Rekord in der Bundeliga. Aber er ist auch schon achtmal aufgestiegen. Auch das ein Rekord. Einer an dem die leidende Clubberer-Seele sich wieder aufrichten kann. Denn wie schreibt Roland Winterstein in seinem Fan-Buch "Naus zum Glubb": "Du kannst dir nicht aussuchen, wem du dein Herz schenkst."

Und der Nürnberger Winterstein weiß, wovon er schreibt. Schon 1975 wurde er als kleiner Bub zum unverbrüchlichen Club-Fan:

"Du kannst im Leben vieles wechseln. Deine Unterwäsche (sinnvoll), deinen Partner (möglicherweise sinnvoll), deine Autoreifen (ohne Profil relativ sinnvoll) und vieles andere mehr. Aber deinen Fußballverein, dessen Blut dein Herz durch deine Adern pumpt, wirst du niemals wechseln!"

Roland Winterstein

Winterstein schreibt witzig und manchmal auch rührend von Kutten-Karl, der ihn mit Stickern für seine Jacke versorgte, von Spielen im Schneetreiben noch ohne Rasenheizung und vielen weiteren Erlebnissen im Stadion und drumherum. Und er tut das mit der nötigen Selbstironie, die den echten Club-Fan auszeichnet. Denn man hat ja auch ganz schön zu leiden an seiner Liebe zum FCN. Winterstein kann schreiben. Aber sein humoriger Ton, der in jedem Satz eine Pointe oder eine launige Fußballmetapher setzen will, kann mit der Zeit auch nerven. Da wäre weniger mehr gewesen. Der Autor wirkt mitunter wie ein Dribbelkünstler, der über seiner Ballverliebtheit den Torschuss vergisst. Sprachlich ist das Buch dann doch eher zweite Liga. Insofern passt es auch wieder ganz gut zum Club.

Info & Bewertung

Wertung: 3 Frankenrechen von 5 | Bild: BR

Roland Winterstein: Naus zum Glubb – Mein Leben mit einem Traditionsverein

Göttingen 2019, Verlag Die Werkstatt
192 Seiten, 12,90 Euro
ISBN 978-3-7307-0437-0


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