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Auf dem Weg zum Marshall-Plan

Der Marshall-Plan Auf dem Weg zum Marshall-Plan

Stand: 19.10.2017

Porträtaufnahme von George C. Marshall (um 1955) | Bild: picture-alliance/dpa

Europa liegt 1946/47 in Trümmern. Landwirtschaft, Industrie und öffentliche Infrastruktur befinden sich in beklagenswertem Zustand. Das Eisenbahnnetz ist vielerorts zerbombt, Lokomotiven und Waggons sind rar. Zwischenstaatlicher Handel findet kaum mehr statt. Es fehlt an Nahrungsmitteln. In Frankreich toben Brotkrawalle und selbst in der "Weltmacht" Großbritannien hungern die Menschen.

Das in Besatzungszonen geteilte Deutschland leidet unter den Kriegszerstörungen. Flucht und Vertreibung der Ostdeutschen haben Wanderungsbewegungen ausgelöst, entlassene Wehrmachtsoldaten irren ebenso umher wie "Displaced Persons", Überlebende aus den Konzentrations- und Vernichtungslagern. In den zerbombten Städten blüht der Schwarzmarkt.

Beginn des Kalten Krieges

Zwischen den Siegermächten nehmen die Spannungen zu. Die Sowjetunion wünscht den Zugriff auf Gesamtdeutschland, vor allem auf das Ruhrgebiet. Frankreich beharrt auf dem linken Rheinufer und möchte von der Schaffung gesamtdeutscher Institutionen nichts wissen. Der Alliierte Kontrollrat, 1945 eingesetzt zur Ausübung der obersten Regierungsgewalt in Deutschland, verliert seine Handlungsfähigkeit.

Der sich anbahnende Ost-West-Konflikt zwingt die US-Führung zu einer Positionsbestimmung. Der Traum des Präsidenten Franklin D. Roosevelt von einer friedlichen Koexistenz der Siegermächte nach dem Krieg gegen Hitler-Deutschland und Japan ist ausgeträumt.

Containment-Politik der USA

George F. Kennan, ein Diplomat und Russlandkenner, betrachtet mit Sorge das Vorgehen des Stalin-Regimes, das in den von der Roten Armee besetzten Ländern Osteuropas rücksichtslos das Sowjetsystem installiert. Andernorts bedienen sich Kommunisten der Nachkriegsnot und starten Propaganda- und Unterwanderungsaktionen. Vor allem in Frankreich und Italien sind starke KPs aktiv. In Griechenland und in der Türkei nimmt der Druck Moskaus stark zu, es kommt zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Kennans Schluss: Gegen das Andrängen des Totalitarismus muss Amerika einen Damm errichten (Containment-Politik). Dazu ist es nötig, Europa wirtschaftlich wieder auf Vordermann zu bringen.

Die Truman-Doktrin

Präsident Harry S. Truman, der dem Diktator Josef Stalin erstmals 1945 während der Potsdamer Konferenz begegnete, macht sich die Erkenntnisse Kennans zu eigen. Am 12. März 1947 verkündet er die Truman-Doktrin: "Ich glaube, dass es die Politik der Vereinigten Staaten sein muss, freie Völker zu unterstützen, die versuchen, der Unterwerfung durch bewaffnete Minderheiten oder auswärtigen Druck zu widerstehen. Ich glaube, dass wir freien Völkern beistehen müssen, die ihr Schicksal auf eigene Weise gestalten wollen". Mit Unterstützung meint Truman finanzielle und wirtschaftliche Hilfe. An einer militärischen Auseinandersetzung ist er nicht interessiert.

Durch die Lage in Europa - Lebensmittelknappheit, Wirtschaftskrise, "rote Gefahr" - sieht die US-Führung die nationale Sicherheit gefährdet. Unterstützung bekommt der Demokrat Truman von prominenten Republikanern. Der frühere Präsident Herbert Hoover bereist Europa und bringt erschütternde Nachrichten: Auf dem alten Kontinent droht eine Hungerkatastrophe, ein Kindersterben immensen Ausmaßes ist zu erwarten.

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