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Frische Brise auf Knopfdruck

Kühltechnik Frische Brise auf Knopfdruck

Stand: 23.08.2018

Außenmodule von Split-Klimaanlagen an einem Supermarkt | Bild: picture-alliance/dpa

Das "Time Magazine" zählt ihn zu den wichtigsten 100 Männern des 20. Jahrhunderts: Willis Haviland Carrier (1876-1950), berühmt als "Father of Cool". Zu Beginn des 20. Jahrhunderts arbeitet der Maschinenbauingenieur für eine Druckerei in Brooklyn. Weil sich an schwülen Sommertagen oft das Papier verzieht und die Arbeit stark beeinträchtigt, sucht Carrier nach einer Möglichkeit, die feucht-heiße Luft zu trocknen und zu kühlen.

1902 leitet Carrier kaltes Wasser in die Heizungsrohre des Betriebes. An den abgekühlten Rohren kondensiert Luftfeuchtigkeit - und tatsächlich sinkt die Temperatur, es wird spürbar trockener. Basierend auf dieser Erfahrung entwickelt der Tüftler den "Apparatus for Treating Air" und erhält 1906 ein US-Patent.

Mit dieser Erfindung sind die Grundlagen der modernen Klimaanlage geschaffen: Raumluft wird durch einen Filter angesaugt und an Spiralen mit Kühlmittel vorbeigeleitet. Entfeuchtete und abgekühlte Luft gelangt in den Raum zurück, Warmluft wird nach draußen abgegeben. Als sich die Anlage Carriers im Krankenhauseinsatz bewährt, steht dem Erfolg nichts mehr im Wege. 1915 gründet der Ingenieur mit einigen Partnern die erste Klimaanlagenfirma der Welt.

Die Klimaanlage verändert das Leben

Die ersten Betriebe, die die Vorteile der Klimaanlage nutzen, sind Druckereien, Papierfabriken, Tabak- und Textilfirmen. Krankenhäuser, Kinos, Theater und Konzerthallen folgen. Nicht zuletzt auf Druck der Gewerkschaften werden Klimaanlagen in Fabriken und Büros installiert. Erfreut registrieren Arbeitgeber eine deutliche Produktivitätssteigerung in klimatisierten Betrieben. Und als Einkaufszentren und Hotels ihre Räume kühlen, halten Klimaanlagen Einzug in Luxusimmobilien und schließlich im Auto.

Auch die Eisenbahn springt auf den Klimatisierungszug auf, in Deutschland werden die D-Züge in den 1960er Jahren mit Klimaanlagen ausgestattet. Erfreut zeigen sich auch Architekten, die sich auf den Hochhausbau spezialisiert haben. Dank Klimaanlagen können sie neuartige Gebäude errichten - mit dünneren Mauern und hellen Glasfassaden statt kleiner Fenster.

Die Schattenseiten der Klimaanlage werden von Menschen, deren Leben längst von der künstlichen Kälte geprägt ist, nur zögerlich zur Kenntnis genommen: Steigender Strom- und Spritverbrauch, schlechte CO2-Bilanz und die Bildung von Hitzeinseln durch ausgeblasene Warmluft in Städten.

Der Siegeszug des Hauskühlschranks

Auch im Bereich der Kühltechnik für Haushalte sind die USA führend, Europa folgt mit einiger Zeitverzögerung. Wie bei Großanlagen setzt sich beim Hauskühlschrank das Prinzip der Kompressionskühlung durch. Firmen wie Kelvinator und General Electric bringen in den 1920er Jahren geregelte Heim-Kühlschränke auf den Markt. Bereits 1937 steht in jedem zweiten US-Haushalt ein Kühlschrank.

In Deutschland werden Lebensmittel bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zumeist im heimischen Eisschrank gekühlt. Als moderne Kühlschränke auf den Markt kommen, sind sie für Privatpersonen oft unerschwinglich. Gemeinschaftsgefrieranlagen, kleine Kühlhäuser mit Kältemaschine, bieten ihre Dienste an. Hier können Fächer gemietet werden, es gibt separate Räume für frisch Geschlachtetes oder Gemüse. Erst infolge des "Wirtschaftswunders" wird der Kühlschrank zum Massenprodukt.

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