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Frieden Das Thema

Stand: 04.08.2010 | Archiv

In einer Anti-Kriegs-Demo auf dem Budapester Gellerthügel in 2009 bilden Menschen mit Fakeln das Peace-Zeichen | Bild: picture-alliance/dpa

Sicherlich reicht es nicht, Frieden mit "Abwesenheit vom Krieg" zu definieren. Der Begriff beinhaltet die Ideale der Gleichberechtigung, Gerechtigkeit, den gegenseitigen Respekt, gleiche Würde, gleiche Chancen, Harmonie. Auch der Begriff der "Freiheit" hängt damit zusammen. Der Mensch strebt nach Freiheit und Gleichheit, und die Freiheit hört immer dort auf, wo die des anderen eingeschränkt wird. Leider sind die Bedürfnisse zweier Menschen oder Staaten oft miteinander unvereinbar, so dass es zu Konflikten kommt. Frieden würde bedeuten, eine perfekte Harmonie zwischen den Menschen zu schaffen, wobei keiner den anderen unterdrückt oder einschränkt. Eine Utopie?

Das Ideal vom Weltfrieden

Der Gedanke des Weltfriedens ist nicht neu: in verschiedenen Kulturen und Religionen tauchen Visionen einer perfekten Erde, eines "Paradieses" auf. Entweder erscheinen sie als Jenseitsvorstellungen, mythische Weltentstehungsmotive oder als Utopien nach der Endzeit, also als "neue Welt" nach Untergang der alten, sündenbehafteten Welt.

"Sie werden Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Kein Volk wird gegen das andere das Schwert erheben, und sie werden fortan nicht mehr lernen, Krieg zu führen. Ein jeder wird unter seinem Weinstock und Feigenbaum wohnen, und niemand wird sie schrecken. Denn der Mund des Herrn Zebaot hat es geredet."

Prophet Micha aus Moreschet (Mi 4,1-4)

Organisationen

Die "Weltmacht ohne Schwerter", wie die Friedensbewegung des 21. Jahrhunderts auch schon genannt wurde, benutzt heutzutage unterschiedlichste Pflugscharen - vom Verhaltenstraining über die Friedensforschung bis hin zu Boykotten, Blockaden, Demonstrationen, Klagen und Demontagen. Es gibt etliche kleine, nicht-staatliche Organisationen und Initiativen für den Frieden. Hier werden Aktionen geplant, Meinungen ausgetauscht, Werbung für einen friedlichen "Kampf" für den Frieden wird geschaltet. Eine der bekanntesten Organisationen, die sich für Menschenrechte - die Basis für ein menschenwürdiges Dasein - einsetzt, ist Amnesty International. Die in der Sendung erwähnten Trident to Ploughshares sind eine Gruppe von AktivistInnen, die gegen jene U-Boote Aktionen durchführen, die Atomraketen abschießen können.

Vorraussetzungen des Friedens

"Wir müssen die Veränderung sein, die wir in der Welt sehen wollen"

, hat der große Pazifist des vergangenen Jahrhunderts, Mahatma Gandhi gesagt. 

Es gibt die Möglichkeit "Ja" und "Nein" zu sagen, etwas zu bewegen. Zivilcourage und Aufklärung über Ungerechtigkeit sind gefragt. "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit", die Ideale der französischen Revolution - aber weltweit. Auch im Christentum gelten diese Ideale: Vor Gott sind alle Menschen gleich. Im deutschen Grundgesetz ist dies ebenso verwurzelt: der Artikel 3 des GG lautet:

1. Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

2. Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin

3. Niemand darf wegen seines Geschlechte, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Kommunikationstechniken

Wir leben in einer Gesellschaft, in der wir überflutet werden von Bildern, Werbungen, Meinungen, die uns - bewusst oder unbewusst - beeinflussen. In klassischen Hollywood-Streifen sieht man das wiederkehrende Schema des "Gut gegen Böse", was der Psychologe Marshall Rosenberg für gefährlich hält. Gewalt werde als Normalität begriffen und als vorhandene Größe in unserer Welt akzeptiert. Dem will Marshall entgegenwirken, indem er den Fokus auf die Kommunikation legt.

Diese "gewaltlose Kommunikation" ("Non-violent communication") soll in zwei Etappen funktionieren: dem "empathic listening" (anteilnehmendem Zuhören) und "honestly expressing" (ehrlichem Ausdruck). Beobachtungen, Gefühle, Bedürfnisse und Anliegen des Zuhörers und des Sprechers sollen immer im Mittelpunkt stehen. Diesem Konzept liegt der Gedanke zu Grunde, dass Gewalt - und damit im weitesten Sinne auch Krieg - durch Kränkung und Unzufriedenheit entsteht. Das gilt sowohl für diplomatische als auch für persönliche Gespräche.

Wie aber will man Bedürfnisse sichern, wenn sie völlig entgegengesetzt sind wie beispielsweise im Israel-Palästina-Konflikt, wo Palästinenser und Israeliten sich aus verschiedenen (religiösen, geschichtlichen, traditionsbedingten) Gründen als rechtmäßige Herren "ihres" Landes fühlen? Der Friedensforscher Johann Galtung setzte im Falle jahrelanger Grenzstreitereien zwischen Ecuador und Peru die Schaffung einer binationalen Zone mit einem Naturpark durch, die international auf große Anerkennung stieß. Prof. Dr. Dietrich Fischer, Direktor der European University Center for Peace Studies (EPU) im österreichischen Stadtschlaining, vergleicht die aggressive Politik der meisten Regierungen mit dem Fahren eines Autos mit verschlossenen Augen, während man auf den Zusammenstoß wartet, anstatt Gefahren mit offenen Augen vorzubeugen.

Es gibt bereits einige funktioniere Modelle für den Frieden und seine Sicherung. Aber sie dürfen nicht theoretisch bleiben, sondern müssen angewendet werden.


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