Bayern 2 - radioWissen


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Tot, aber lebendig?

Von: Christian Sepp / Sendung: Andreas Miekisch

Stand: 16.10.2013 | Archiv

ReligionMS, RS, Gy

Der Tod und die Frage, was danach kommt, beschäftigt die Menschheit seit ihren Anfängen. In der Antike formuliert der Philosoph Platon seine Idee von der Unsterblichkeit der Seele, die in allen Weltreligionen zum festen Glaubensbestand gehört.

Unsterblichkeit in Antike und Mittelalter

In der griechischen Antike wurden die Götter für unsterblich gehalten. Doch auch die unsterblichen Götter hatten menschliche Schwächen und verliebten sich in sterbliche Menschen. So wie Eos, die Göttin der Morgenröte, die den Sterblichen Tithonos heiratete und den Göttervater Zeus bat, ihn unsterblich zu machen. Allerdings vergaß sie, auch um ewige Jugend zu bitten, so dass Tithonos zwar am Leben blieb aber unaufhörlich alterte, bis er zu einer Zikade vertrocknete. Nicht nur in der Mythologie sondern auch in der Philosophie beschäftigten sich die Griechen mit der Unsterblichkeit. In seinem Dialog "Phaidon" schildert der Philosoph Platon (427 v. Chr. - 347 v. Chr.) die letzten Stunden seines zum Tode verurteilten Lehrers Sokrates. Dieser Dialog, der einer der bekanntesten Platons ist, zeichnet sich besonders durch eine Argumentation vom Weiterleben der Seele aus. Nach der Auffassung Platons ist der Körper mit allen seinen Einschränkungen für die Entfaltung der Seele nur hinderlich und der Tod damit in gewisser Weise eine Befreiung. Platons Vorstellung von der Unsterblichkeit der Seele wurde im 13. Jahrhundert von dem Kirchenvater Thomas von Aquin (1225-1274) aufgegriffen, der sie zu einem Teil der christlichen Jenseitsvorstellung machte. Seiner Darstellung nach wandert die unsterbliche Seele nach dem Fegefeuer entweder in den Himmel oder in die Hölle.  Dass die Vorstellung von der Unsterblichkeit nicht nur die Menschen in Europa beschäftigt zeigt die chinesische Religion des Taoismus, in dem die Suche nach Unsterblichkeit ein zentrales Motiv ist. Im Gegensatz zur christlichen Vorstellung der Unsterblichkeit der Seele im Jenseits kennt der Taoismus mystische Orte im Hier und Jetzt, wo die unsterblichen Seelen leibhaftig weiterleben sollen.

Unsterblichkeit im 21. Jahrhundert

Hat bisher die Menschheit von der Unsterblichkeit lediglich geträumt so versucht man seit Mitte des 20. Jahrhunderts das Thema wissenschaftlich zu erforschen. Ein wichtiger Schritt war die Entdeckung des menschlichen Genoms, des Erbguts, in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist es vor allem die Stammzellenforschung, die den Forscherinnen und Forschern neue Erkenntnisse bringen. Das Besondere an embryonalen Stammzellen ist, dass sich aus diesen Zellen jede Art von menschlichem Gewebe entwickeln kann. Es handelt sich also um eine Art Urzelle, die über alle genetischen Informationen verfügt, um sich später zu einer Nerven-, Haut- oder Muskelzelle zu entwickeln. Embryonale Stammzellen werden so möglicherweise eines Tages in der Medizin als Ersatzmaterial dienlich sein können. In der Natur können solche Prozesse schon beobachtet werden: Beim Süßwasserpolypen kann kein Alterungsprozess festgestellt werden, denn er ist in der Lage, durch ständige Teilung seiner Stammzellen alle Zellen zu ersetzen. So erneuert sich der Süßwasserpolyp innerhalb von fünf Tagen vollständig. Eine weitere moderne Technik, um Unsterblichkeit zu erreichen, ist die vor allem in den USA verbreitete Kryonik. Dabei wird der Körper mit Hilfe von flüssigem Stickstoff bei -196 Grad Celsius konserviert.


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