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Was man vom Apostel Petrus weiß Das Thema

"Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen." (Mt 16.18). Auf diese Worte aus dem Matthäusevangelium beruft sich die römisch-katholische Kirche gern, um die Leitungsfunktion des römischen Bischofs, des Papstes, zu untermauern. Petrus wird als der erste Papst angesehen, der nicht nur die führende Rolle in der noch jungen Kirche einnahm, sondern auch den Märtyrertod in Rom, der damaligen Welthauptstadt, erlitt. Von hier aus reiße dann die Kette der Sukzession bis zum heutigen Papst nicht mehr ab.

Stand: 03.09.2011 | Archiv

Apostel Petrus, Monreale, Sizilien | Bild: picture-alliance/dpa

Problematisch ist nur, dass keine dieser Annahmen historisch belegbar ist. Es ist nicht einmal zu beweisen, ob Petrus tatsächlich überhaupt in Rom gewesen ist. Als einziger aus dem ursprünglichen Apostelkreis hat er fraglos außerhalb Jerusalems Mission betrieben. Laut dem Zeugnis des Paulus in Gal 2,11f hielt sich Petrus in Antiochien auf, auch eine Reise nach Korinth ist, wie 1 Kor 1-12 zeigt, keineswegs unwahrscheinlich. Über einen Aufenthalt in Rom aber, gar mit anschließendem Märtyrertod, schweigt sich das Neue Testament aus. Ein Nachfolger, der dann ja der zweite Papst in der Geschichte wäre, wird ebenfalls nicht erwähnt.

Die römische Petrustradition

Dennoch gibt es einen gewichtigen Grund, es als wahrscheinlich anzunehmen, dass Petrus sich in Rom aufhielt und dort der Neronianischen Verfolgung zum Opfer fiel. Die traditionelle Annahme dessen ist so alt – schon am Ende des ersten Jahrhunderts berichtet der Klemensbrief ebenso davon wie zu Beginn des zweiten Jahrhunderts Ignatios von Antiochien -, unwidersprochen und einhellig, dass mit Fug und Recht mit hoher Sicherheit angenommen werden kann, dass diese im Wortsinn katholische (d.h. allgemeine) Annahme historisch zutreffend ist. Dafür, dass er allerdings Bischof von Rom war, gibt es keinen historisch zuverlässigen Beleg. Unbezweifelbar aber sind die kirchen- und theologiegeschichtlichen Folgen der römischen Petrustradition.

Das neutestamentliche Zeugnis über Petrus

Papst Franziskus, das Oberhaupt der katholischen Kirche

Dass Petrus schon zu Lebzeiten Jesu eine gewisse Vorrangstellung unter den Jüngern hatte, eine Sprecherrolle, lässt sich bei genauerer Kenntnis des Neuen Testamentes schwerlich bestreiten. Dieser, übrigens verheiratete, Mann, der von Beruf Fischer war, war allerdings keineswegs so etwas wie ein "Chefjünger" oder "Chefapostel", sondern lediglich der Erste unter Gleichen. Fraglos von hohem Eifer für die Sache Jesu getrieben, fehlt ihm doch jedwedes Heldenhafte. Kleinmut und Unzuverlässigkeit prägen ebenso sein Verhalten, wie sein Glaube daran, dass in Christus Jesus das Reich Gottes angebrochen ist. Interessant jedoch ist, dass diese gerade in ihren negativen Eigenschaften so menschliche Gestalt zum ersten männlichen Zeugen der Auferstehung Christi, freilich nach Maria Magdalena und den Frauen, wird.

Erkenntnisse über Petrus begrenzt

So ist es nur natürlich, dass er auch nach dem Tode Jesu die Sprecherrolle im Jüngerkreis beibehält. Ein Jurisdiktionsprimat wie die mittelalterlichen Päpste und auch der heutige Papst, also eine alleinige Leitungsvollmacht, besaß er aber keineswegs. Die Leitung der Jerusalemer Urgemeinde übte er zunächst in Kollegialität mit dem Zwölferkreis der Apostel aus. Später, nach dem Apostelkonzil, ging die Leitung auf den Bruder Jesu, Jakobus, der nun den Vorrang erhielt, auf Petrus und auf Johannes über. Insgesamt sind unsere historischen Kenntnisse über Petrus recht begrenzt. Zum Beispiel wissen wir nahezu nichts darüber, was er im Einzelnen glaubte oder predigte. Das Papstamt also von Petri Funktion in der frühen Kirche abzuleiten, ist, wie wir gesehen haben, fragwürdig.


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