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Das Thema Sünde - Fegfeuer - Hölle

Stand: 22.02.2012 | Archiv

Obwohl der Sühnetod Christi die Erbschuld aller Menschen tilgte, ist die Sünde des einzelnen Menschen nach wie vor in der Welt.

Sündenvergebung als zentrale Glaubensgewissheit

Nicht jede Sünde, die der Einzelne nach der Taufe begeht, wiegt gleich schwer, aber jede zieht Strafe nach sich. Für die minder schweren und lässlichen, das heißt vergebbaren, erlässlichen Sünden, besteht sie in der schmerzlichen Sehnsucht nach der Versöhnung mit Gott. Für die schweren, die 'tödlichen' Sünden droht als letzte Strafe die ewige Entfernung aus der Liebe Gottes.

Todsünden führen zur ewigen Verdammnis

Die Todsünde zerstört die Liebe im Herzen des Menschen durch einen schweren Verstoß gegen das Gesetz Gottes. Zu den besonders schweren Verfehlungen zählen etwa Mord, Ehebruch und Glaubensabfall. Todsünden setzen überdies voraus, dass sie "mit vollem Bewusstsein" und freiwillig, "mit "bedachter Zustimmung", begangen werden. "Die Lehre der Kirche nennt denjenigen Akt eine Todsünde, durch den ein Mensch bewusst und frei von Gott und sein Gesetz sowie den Bund der Liebe, den dieser ihm anbietet, zurückweist, indem er es vorzieht, sich sich selbst zuzuwenden oder irgendeiner geschaffenen und endlichen Wirklichkeit, irgendeiner Sache, die im Widerspruch zum göttlichen Willen steht", lehrte Johannes Paul II. Wird sie nicht durch Reue und göttliche Vergebung wieder gutgemacht, bewirkt die Todsünde den endgültigen Ausschluss von der Gemeinschaft mit Gott und den ewigen Tod der Seele (Höllenstrafe).

Lässliche Sünden werden im Fegfeuer gereinigt

Die lässliche Sünde lässt die Liebe bestehen, verstößt aber gegen sie und verletzt sie. Lässliche Sünden stellen eine minder schwere, "sittliche Unordnung" dar, die durch die göttliche Liebe gutgemacht werden kann. Sie führen nicht zur ewigen Verdammnis, erfordern aber eine Reinigung der Seele nach dem Tod. Dieser Läuterungsprozess wird als "zeitliche Sündenstrafe" im Fegfeuer verstanden. Zeitlich heißt die Sündenstrafe, weil früher die Vorstellung bestand, dass der Aufenthalt im Fegfeuer je nach Schwere und Anzahl der begangenen Sünden zeitlich bemessen ist, und Tage, Jahre oder gar Jahrhunderte dauern kann. Im Spätmittelalter entwickelten Theologen aufgrund dieser Ansichten sehr präzise Fegfeuer-Strafkataloge, die Delikt und Strafdauer koppelten. Da andererseits auch die strafreduzierende Wirkung bestimmter Handlungen (Gebete, Wallfahrten, Spenden) und Heiltümer (Reliquien) messbar schien, konnte man Strafmaß und Strafminderung miteinander verrechnen und so das "Strafkonto" ausgleichen.

Der Peinigungsort wird zum Läuterungsprozess

Im modernen Verständnis ist das Fegfeuer kein räumlich lokalisierbarer Reinigungsort mit zeitlich gestaffeltem Aufenthalt, sondern ein geistlicher Prozess der Läuterung, der die Seele auf den Himmel vorbereitet. Die Läuterung geschieht durch die Sehnsucht der Seele nach der vollkommenen Gegenwart und Liebe Gottes, für die sie aufgrund ihrer Sünden noch nicht bereit ist. Trotz mancher Bedenken katholischer Theologen bestätigte zuletzt Johannes Paul II. die Existenz des Fegfeuers:

"Um die volle Seligkeit zu erlangen, bedarf der Mensch einer Art 'Reinigung', die der Glaube der Kirche mit dem Begriff 'Fegfeuer' umschreibt. Diese Bezeichnung meint keinen Ort, sondern einen Zustand. Alle, die nach dem Tod für die Begegnung mit Gott noch 'gereinigt' werden, sind schon in der Liebe Christi. Dabei ist das Fegfeuer nicht die Verlängerung des irdischen Lebens. Der Mensch kann sich nicht noch einmal neu entscheiden. Er kann im Fegfeuer nicht nachholen, was er einst auf Erden versäumt hat."

Johannes Paul II

Die Hölle ist ein Leben ohne Gott

Analog dazu wird auch die Hölle nicht mehr räumlich und physisch als Ort leiblicher Qualen, sondern als geistlicher Zustand betrachtet:

"Gott ist ein unendlich guter und barmherziger Vater. Aber der Mensch in seiner Freiheit kann seine Liebe und seine Vergebung endgültig ablehnen und sich somit seiner Gemeinschaft für immer entziehen. Diese tragische Situation wird von der christlichen Lehre als 'Verdammnis' oder 'Hölle' bezeichnet. Die Bilder, mit denen die Heilige Schrift die Hölle darstellt, müssen richtig interpretiert werden. Sie wollen die völlige Leere eines Lebens ohne Gott aufzeigen. Die Hölle meint nicht so sehr einen bestimmten Ort, sondern vielmehr die Situation dessen, der sich frei und endgültig von Gott entfernt hat."

Johannes Paul II


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