Bayern 2 - radioWissen


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Durch dick und dünn

Von: Jens Berger / Sendung: Justina Schreiber

Stand: 23.02.2015 | Archiv

PsychologieMS, RS, Gy

Männerfreunde: Von selbstloser Kameradschaft über unverbindliche Saufkumpanei bis zur machtorientierten Karriereseilschaft spannt sich das Spektrum ihrer Verbrüderungen. Doch wie steht es dabei um die Gleichberechtigung?

Echte Fründe ston zesamme - Männerfreunde erst recht?

Ein Freund, ein guter Freund - ein Ideal seit der Antike. Verspricht doch die Freundschaft, was die Liebe oft nicht halten kann: Beständigkeit über alle Zeiten und Wirrnisse hinweg. Von Aristoteles über Epikur, Montaigne und die Klassikerfreunde Goethe/Schiller reicht der Reigen ihrer Fürsprecher, die die Freundschaft nicht nur für den Einzelnen, sondern auch für Gesellschaft und Staat als Lebensfundament empfehlen. Gedacht wurde dabei allerdings meist nur an die Freundschaft zwischen Männern.

So ein Kindergarten hier!

Wie wir Freunde finden und mit ihnen umgehen, lernen wir bereits in der Sandkiste und sozialisieren uns bis zur Pubertät in immer deutlicher geschlechtergetrennten Gruppen - auch wenn sich dieses Phänomen wohl seit einiger Zeit aufweicht. Die Freundesgruppe besteht heute nicht mehr so ausschließlich wie noch vor ein paar Jahrzehnten nur aus "Blutsbrüdern" oder "-schwestern". Wenn also überhaupt Veränderungen beobachtbar sind, ist anscheinend nicht in Stein gemeißelt, was Freundschaft ist oder zu sein hat. Aber was verstehen wir denn darunter? Die Freundschaft hinterfragt man nicht, aber vielleicht den Freundschaftsbegriff: Warum überhaupt wollen wir Freunde haben? Was erwarten wir von Freundschaften? Und gibt es Unterschiede zwischen den Freundschaftsbeziehungen bei Frauen und Männern? Wenn ja: Ändert sich das zwischen Kindergarten, Schule, Pubertät und Erwachsenensein? Was unterscheidet eine Freundschaft von einer Liebes- oder (beruflichen) Zweckbeziehung? Oder konkreter: Dürfen Männerfreunde voreinander weinen?

Männerbünde: ein wirtschaftlicher Evolutionsvorteil?

Dass Freundschaft einen Zweck hat, hört man nicht gern. Aber oft ist es so. Mal wird dieser sogar explizit vorgeschoben ("Ich gehe mal zu den Jungs zum Fußballgucken."), wenn man eigentlich nur Nähe und Aussprache sucht. Doch häufig wird ein eigennütziger Zweck hinter einer Freundschaft versteckt. Wenn Männer sich zu Bünden zusammenschließen, werden oft aus Freunden Amigos, aus Blutsbrüdern Spezl, aus Seilschaften "Seilschaften". Gerade eine größere Gruppe mit ihren Hierarchien, Regeln und Ritualen bringt einige Vorteile mit sich. Man kann die Verantwortung für schuldhaftes Handeln nach oben delegieren und gleichzeitig Status und Macht sichern und ausbauen. Ist das noch zeitgemäß? Oder fallen hier vielleicht sogar verschiedene Phänomene zusammen?


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