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Das Thema Vulkanismus

Stand: 06.02.2013 | Archiv

Der Popocatepetl-Vulkan in Mexiko im Februar 2012 | Bild: picture-alliance/dpa

Als Vulkanismus werden alle geologischen Vorgänge bezeichnet, die mit dem Aufsteigen von Magma aus dem Erdmantel zur Erdoberfläche zu tun haben. Vulkanismus entsteht vor allem dort, wo die tektonischen Platten der Erdkruste aktiv sind. Beim Vulkanismus treten feste Materialien wie Lapilli, Asche und Bimbsstein, sowie flüssige wie Lava, Lahar, Geysire aus. Aber auch gasförmige Stoffe entweichen teils explosionsartig. Vulkane sind das Ergebnis spektakulärer geologischer und geodynamischer Prozesse, die es nicht nur auf der Erde, sondern auch auf anderen Planeten und deren Monden gibt. Gewaltigen Umwälzungen in der Erdgeschichte und auch einen nicht geringen Einfluss auf das globale Klima sind auf Vukanismus zurückzuführen. Vulkanobservatorien beobachten die Tätigkeit aktiver Vulkane, um notfalls Warnungen auszusprechen. Vorhersagen sind noch immer schwierig, aber die Analysen werden dank immer präziserer Computertechnik immer genauer. Aber der Vulkanismus hat trotz aller Gefahren auch viele positive Aspekte zu bieten: vulkanische Böden sind höchst ertragreich, geothermische Quellen bringen Energie und der Vulkantourismus boomt. Etwa ein Zehntel der Weltbevölkerung lebt in Nachbarschaft mit aktiven Vulkanen - zum Glück meist sehr friedlich.

Krakatau 1883 - die erste Katastrophennachricht geht um die Welt

Am 27. August 1883 erschütterte eine gigantische Explosion die Erde. Eine unbewohnte indonesische Insel zwischen Sumatra und Java wurde durch einen heftigen Vulkanausbruch in die Luft gesprengt. Das Ereignis hatte sich über mehrere Wochen angekündigt. Im Mai 1883 gab es bereits einen ersten kleineren Ausbruch. Die niederländische Kolonialverwaltung wurde informiert und der Leiter des zuständigen Observatoriums, Ernst van der Stok, wurde nach Krakatau gesandt, um den Vulkan zu besteigen. Er hatte Glück. Seine Expedition fand noch einige Wochen vor dem großen Ausbruch statt.

Das "Kind von Krakatau" ist einer von etwa 150 indonesischen Vulkanen, die entlang einer Störungszone liegen ...

Da damals über Entstehung, Typen und Abläufe von Vulkanausbrüchen wenig bekannt war, wurde erst viel später rekonstruiert, wie es zu diesem gigantischen Ausbruch kommen konnte. Wahrscheinlich hatte sich im Mai eine Art "Stöpsel", ein zäher Pfropf aus erstarrtem Magma und Gestein, aus dem Schlund des Vulkans gelöst. Insgesamt brachen elf Schlote und entluden sich in einer Serie von großen Explosionen. Die stärksten hatten die Energie von mehreren tausend Atombomben und konnten auf einem Viertel der Erdoberfläche gehört werden. Eine 20 Kilometer hohe Rauchsäule stieg in den Himmel. Ascheregen verdunkelte den Himmel, Gase und feine Aschestaubpartikel gelangten bis in die obersten Schichten der Atmosphäre. Die Temperatur sank weltweit messbar ab. Die Druckwellen durch ins Wasser stürzende Gesteinsmassen lösten gigantische Tsunamis aus, denen 20.000 Menschen zum Opfer fielen. Weitere 16.000 starben durch Feuer, Lavaströme und herumfliegende Gesteinsmassen.

Was macht einen Vulkan gefährlich?

Es gibt verschiedene Typen von Vulkanen, denen eine unterschiedliche Gefährlichkeit nachgesagt wird. man unterteilt in effusive und explosive Vulkane: Effusive Vulkantypen sind weniger gefährlich, da sie sich permanent entladen und deshalb nicht so viel Druck aufbauen. Große dünnflüssige Lavamengen fließen ruhig und ohne Explosionen aus. Diese Vulkane werden wegen ihrer eher flachen und breiten Form Schildvulkane genannt Der größte Vulkan der Erde, der Mauna Loa auf Hawaii ist ein solcher Schildvulkan. Diese Form der vulkanischen Tätigkeit wird auch als "Hawaitätigkeit" bezeichnet.

Explosive Vulkane, sind dagegen sehr viel gefährlicher. Je länger sie untätig sind, desto größer ist der Druck der sich aufbaut. Zu ihnen gehört, der Krakatau in Indonesien. Hier wird unterschieden zwischen Vulkanen, bei denen Glutwolken ausbrechen, die aus geschmolzener zäher Lava und Gasen bestehen (Peléetätigkeit) und solchen, die ein Gemisch aus Schlacken, "Bomben", Dampf und Aschewolken ausstoßen (Strombolitätigkeit). Pompeij in Italien wurde beispielsweise nicht durch Aschefall und Lava, sondern durch 200 km/h schnelle Glutwolken zerstört, die wie Lawinen vier- bis fünfhundert Grad heiße Lava transportierten. Andere Formen vulkanischer Tätigkeit sind der Ausstoß von hohen Asche- und Glutwolken in der Form eines Blumenkohls (Vesuvtätigkeit) und der wahrscheinlich stärksten Form, bei der sehr dicke, zähflüssige Lava und große Bomben durch große Explosionen in die Luft geschleudert werden (Vulcanotätigkeit). Die klassischen Vulkankegel sind steil und können einen und mehrere Krater bilden. Durch den wechselnden Ausstoß von Asche und Lava bilden diese Vulkanformen meist einen Kegel aus Schichten und werden deshalb auch Schichtvulkane genannt. Die meisten großen Vulkane, wie der Vesuv, der Ätna und der Fujijama gehören zu diesem Vulkantyp.

Wenn Erdkrusten zusammenstoßen

Die meisten Vulkane liegen dort, wo die Platten der Erdkrusten zusammenstoßen. Die japanischen Inseln gehören dazu, aber auch Griechenland und die Türkei. Um Island und die Azoren herum streben die Platten auseinander. Aus dem Erdinneren sucht sich Magma durch Erdspalten einen Weg nach oben. Im Süden Europas dagegen schiebt sich die Afrikanische unter die Eurasische Platte und schmilzt dort im heißen, flüssigen Untergrund. Das geschmolzene Gestein drängt mit hohem Druck nach oben. Treffen ozeanische Platten auf eine kontinentale Platte, schiebt sich die dünnere ozeanische immer unter die stärkere Platte eines Kontinents. Dadurch verändert die Erde über Jahrmillionen ihre Struktur. Vulkane, die durch dieses Untertauchen entstehen, gelten als besonders gefährlich, da die Gesteine, die dabei im Erdinnern Schmelzen durch ihren hohen Wassergehalt heiße hochexplosive Gase bilden.

Die Hot-Spot-Theorie

Vulkane treten aber nicht nur an den Plattenrändern der Erdkruste auf, sondern auch mitten auf den Platten. Sie entstehen über Magmaquellen im Erdinneren und werden also aus noch tieferen Erdregionen gespeist. Das geschmolzene Gestein steigt nach oben und bringt die darüber liegende Platte zum Schmelzen. Die Punkte, an denen die Lava austritt, werden heiße Flecken, also Hot Spots genannt. Hot-Spot-Vulkane werfen sehr dünnflüssige Lava aus, die eine Geschwindigkeit von bis zu 100 km/h erreichen. Da sich die Erdplatten langsam weiterbewegen, ein Hot Spot aber immer an der gleichen Stelle bleibt, wird der Hot Spot an der Erdoberfläche wieder verschlossen, ältere Vulkane erlöschen und neue entstehen über der Magmaquelle. Hot Spots treten auch in Ozeanen auf. Die hawaiianische Inselkette mit ihren mehr als 130 Vulkanen ist dafür ein eindrucksvolles Beispiel. Sie liegt auf einer pazifischen Platte und ist nacheinander durch einen einzigen Hot Spot entstanden. Wissenschaftler können anhand dieser Kette den Verlauf der pazifischen Platten über 75 Millionen Jahre zurückverfolgen und haben festgestellt, dass diese einmal in ihrer Geschichte die Richtung geändert hat. Die Hot-Spot-Theorie wurde in den 1960er Jahren aufgestellt.

Gewaltige Kraft - Historische Vulkanausbrüche

Lavastrom des Vulkans Kilauea auf Hawaii 2010

Im Jahr 79 n. Ch. brach völlig unerwartet der Vesuv (Italien) aus und begrub drei Städte unter einer bis zu 9 Meter dicken Ascheschicht. 1669 brach der Ätna (Italien) aus. Nach ersten Erdbeben floss Lava aus einer 12 Kilometer Spalte und begrub die Stadt Catania unter sich. Der Ätna ist heute noch aktiv. Der indonesische Vulkan Tambora, brach 1815 ums vielfache heftiger aus als später der Krakatau und kostete 90.000 Menschen das Leben. Aus dem Mont Pelée auf der Karibikinsel Martinique ergoss sich 1902 eine glühendheiße Aschelawine über das Städtchen St. Pierre. 36.000 Menschen starben. Der Mount St. Helen (USA) galt seit 1857 als ruhender Vulkan. 1980 kommt sein Gipfel durch einen Erdstoß ins Rutschen und gigantische Asche und Gaswolken schießen bis zu 18 Kilometer hoch in den Himmel. 500 Quadratkilometer Land werden total zerstört. Aber all diese Vulkanausbrüche wirken fast harmlos vergleicht man sie mit solchen Naturkatastrophen früherer Erdzeitalter. Im amerikanischen Yellowstone-Naturpark liegt eine riesige "Caldera", ein stark erweiterter kraterähnlicher Vulkankessel, von 70 Kilometer Breite. Dieser Kessel entstand bei einem Vulkanausbruch vor 600.000 Jahren.

Forschungsstand

Erst Anfang des 20 Jahrhunderts lernte man mit seismologischen Geräten Erschütterungen zu messen, die Vulkane erzeugen. Dann in den 1970er Jahren konnte die Vulkanologie einen großen Schritt machen, weil die Computertechnik neue Untersuchungsmethoden ermöglichte. Die 1980er Jahre gelten als Hoch-Zeit der Vulkan-Seismologie. Es ist kaum möglich, die Signale, die auf einen Ausbruch hinweisen, von einem Vulkan auf einen anderen zu übertragen. Deshalb ist es nie wirklich gelungen eine einheitliche Theorie zu etablieren.

Vulkane gelten als "Chaotisches System", die nur begriffen werden können, wenn man sie in langen Zeitreihen, also über Jahrzehnte, Jahrhunderte, Jahrtausende beobachtet, denn manche Vulkane brechen im Abstand von 10.000 Jahren aus. Wichtig ist die Zusammenarbeit aller Wissenschaften, die sich mit der Erde und ihren Gesetzmäßigkeiten, ihrer Zusammensetzung und den Wettereinflüssen beschäftigt. Aber oft fehlt das Geld für umfassende langjährige Forschungsprojekte.


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