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Extreme Wetterereignisse Das Thema

Stand: 17.12.2014 | Archiv

Fluten überschwemmen ein Feld im Australischen Staat Neusüdwales | Bild: picture-alliance/dpa

Sie stehen über klaffenden Schlünden von Gletscherspalten und Hangabrutschungen, in unzugänglichen Bergregionen, an frischen Bodenrissen von Erdbeben und am Rand rauchender und stinkender Vulkankrater. Geowissenschaftler suchen extreme Schauplätze der Erdgeschichte. Sie stehen an vorderster Front des Geschehens. Erdbeben, Tsunamis, verheerende Stürme, Lawinen, Überschwemmungen, Gletscherschmelze - die Erde scheint mehr in Bewegung geraten denn je und wird zu einer Gefahr für ihre Bewohner. Geowissenschaftler sind jetzt gefragt, sich für Aufklärung und Vorsorge ins forscherische Zeug zu legen. Und sie stellen fest: Weltweit häufen sich außergewöhnliche Wetterereignisse. Sturzfluten und Dürre, Hurrikans und Tornados, Hagelstürme und Hitzewellen, Überschwemmungen und Winterstürme. In den neunziger Jahren brachen mehr wetterbedingte Naturkatastrophen über die Menschheit herein als sonst in historischer Zeit. Gleichzeitig war es in den letzten zehn Jahren wärmer als je in der Zeit mit regelmäßigen Wetteraufzeichnungen.

Aber es wird nicht nur einfach wärmer. Ähnlich wie in den Tropen müssen die Menschen jetzt auch in gemäßigten Breiten mit extremeren Wetterereignissen rechnen. Im frühen Frühjahr gibt es Regen satt, der sich im Voralpenland mit dem Schmelzwasser aus den hohen Gebirgslagen zu reißendem Hochwasser vereinigt. Mehr und größere Lawinen donnern mit Macht zu Tal. Das Jahrhundertereignis von einst wird zur alljährlichen Saison-Routine.

Die Auswirkungen der Wetterveränderungen

Seit Anfang der 1980er-Jahre nehmen die Gletscher ab, und zwar rascher und schneller als in den letzten 150 Jahren. Regelrechte Bergstürze sind immer noch selten. Viel häufiger lösen sich Schlammlawinen, so genannte Muren. Sie rutschen vom Fels ab, weil sich der Bergboden mit Schmelz- und Niederschlagswasser so vollgesogen hat, dass er sich am steilen Hang nicht mehr halten kann. Solche im Prinzip normalen Ereignisse häufen sich allerdings da, wo Steillagen für Bauten, Lifte, Pisten, Parkplätze und Straßen eingeschnitten worden sind. Da genügt heftiger Regen und die Hänge setzen sich in Bewegung. Extreme Niederschlagsmengen durch Klimaerwärmung können da nur verschlimmern, was menschlicher Siedlungsdrang an Risiko bereits angelegt hat.

Naturkatastrophen: Verheerende Schäden in Ballungsräumen

Die Schäden, die solche Naturkatastrophen anrichten, fallen heute viel größer aus als in früheren Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten. Mit sechs Milliarden leben jetzt doppelt so viele Menschen auf der Erde wie vor fünfzig Jahren. 2050 werden es wahrscheinlich neun Milliarden sein. Die Hälfte davon konzentriert sich in Ballungszentren, in den Industrieländern sind es sogar mehr als achtzig Prozent. Je dichter also ein Katastrophengebiet besiedelt ist, desto schlimmer fallen die Schäden aus. Entwickelte Länder sind da besonders verwundbar, weil dort immens hohe Sachwerte zerstört werden und zudem zeitweise die Produktion lahm liegt. Daher fallen auch Erdbebenkatastrophen immer furchtbarer aus. Gefährdet sind hier vor allem Kalifornien und die Türkei, aber auch Japan. Das Erdbeben von Kobe 1995 richtete Schäden an, die zum ersten Mal die 100-Milliarden-US-Dollar-Grenze überschritten haben. Die Geophysik kann aber heute noch keine Prognosen abgeben, die über reine Wahrscheinlichkeitsangaben hinausgehen. Mehr Präzision ist aber nicht zu erreichen, weil die seismischen Vorgänge im Erdinneren viel zu unregelmäßig sind.


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