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Wie Tiermütter mit ihren Jungen umgehen Das Thema

Stand: 08.04.2010 | Archiv

Ein vier Wochen alter Eselspinguin bettelt bei seiner Mutter um Futter | Bild: picture-alliance/dpa

In der Antarktis kann es ganz schön ungemütlich sein: Minus 50 Grad, Dunkelheit und eisiger Wind.

Krill

Kein guter Ort zur Kinderaufzucht. Kaiserpinguine schaffen das trotzdem. Allerdings ist ihr voller elterlicher Einsatz gefordert: Die befruchteten Eier werden auf Füßen getragen, eingehüllt vom Flaum des Vaters. Papa Pinguin brütet nämlich das Ei aus, während die Mama auf Nahrungssuche geht und Krillvorrat für das Pinguinjunge fängt.

Masse statt Klasse

Eine solch aufopferungsvolle Fürsorge für ihre Jungen können sich nicht alle Tiere leisten. Haben Pinguinmama und Pinguinpapa vielleicht die Kraft, sich ganz um die ein bis zwei Jungen zu kümmern, ist das bei den meisten Fischen, Reptilien oder Weichtieren anders: Sie produzieren so viele Nachkommen, dass das viel zu aufwändig wäre, sich auch nich darum zu kümmern. Ihre Strategie: Von den vielen Nachkommen sterben zwar viele, aber ein paar werden bestimmt überleben und neue Generationen gründen.

Egoistische Eltern?

Für den Nachwuchs nur das Beste, scheint die Maxime im Fall der Kaiserpinguine zu sein. Doch ganz so harmonisch ist es dann doch nicht, denn Mama und Papa haben vor allem eins im Sinn: Sie wollen ihre Gene in die nächsten Generationen bringen. In ihren Kindern leben die nämlich je zu 50 % weiter. In den Körperzellen des Menschen etwa kommt jedes Gen zweimal vor. Die Geschlechtszellen, die auch Gameten genannt werden, sind hingegen haploid, das heißt sie haben nur den einfachen Chromosomensatz. Treffen bei der Befruchtung zwei haploide Geschlechtszellen aufeinander, entsteht wieder eine diploide Körperzelle, die erste Zelle des neuen Lebewesens, die auch Zygote genannt wird. Es wächst ein Junges heran, dessen Körperzellen wieder den doppelten Chromosomensatz besitzen. Und der kommt zur einen Hälfte von der Mutter, zur anderen vom Vater.

Sexuelle Selektion: Der Kampf um die besten Gene

Für den Nachwuchs nur das Beste? So altruistisch sind die Eltern bei genauem Hinsehen gar nicht. Denn welchem Vater die künftige Mutter sie 50% Genanteil an ihrem Nachwuchs zugesteht, will gut überlegt sein, allein schon deshalb, weil von der Partnerwahl auch das Wohl und Wollen der eigenen Gene abhängt. Kein Wunder, dass manche Männchen besonders extravagant um das Weibchen buhlen: Das prächtige Federkleid des Hahns etwa soll dem Weibchen nicht nur schöne Augen machen, sondern auch signalisieren, welche 1A-Gene sich in ihm verbergen. "Schau auf mein Prachtkleid, ist es nicht schön?", scheint der Hahn die Henne zu fragen, um verschmitzt hinzuzufügen: "Und meine Gene erst..."

Der Vorteil von Seitensprüngen

Nicht immer muss die Wahl des Weibchens aber perfekt gewesen sein. Mit welchem Männchen das Weibchen kopuliert ist so wichtig, dass einige da lieber auf Nummer sicher gehen. Seitensprünge sind in der Natur nicht nur gang und gäbe, sondern geradezu von Vorteil: Sich auch noch mit anderen Männchen zu paaren und deren Gene auszuprobieren, mindert also das genetische Risiko. Mit mehreren Männchen zu kopulieren, kann darüber hinaus noch einen weiteren Vorteil haben: Nicht selten zerstören Männchen fremde Gelege, vermuten sie hier doch den Nachwuchs der Konkurrenz. Hat das Weibchen mit dem Männchen jedoch vorsichtshalber kopuliert, lässt der rasende Papa in spe Gnade walten. Hier könnten ja die eigenen Jungen mit den eigenen Genen ausgebrütet werden.

Keine gute Kinderstube: Mord im Nest

Auch in den Nestern selbst herrscht Konkurrenzdruck: zwischen den Jungen selbst. Einige Vögeljungen gehen nicht gerade zimperlich mit ihren Geschwistern um. Der Stärkere hackt etwa so lange auf den Schwächeren ein, bis dieser stirbt oder halbtot aus dem Nest fällt. Und die Mutter schaut unbeteiligt zu. Der Grund: Früh übt sich, wer stark sein und überleben will. Nur die stärksten Individuen mit den besten Genen setzen sich im Kampf ums Dasein durch. Manchmal legt da die Mutter sogar selbst Hand an. In Notzeiten frisst es das schwächste Junge schon mal auf. Aus Hunger und weil sie weiß, dass eh nicht alle durchkommen werden.

Eigenes Überleben contra Überleben der Jungen

Das Leben einer Mutter kann ganz schön hart sein – und gefährlich. Nicht selten bringt sie die Sorge um die eigenen Jungen in große Gefahr. Riesenkalmare vor der kalifornischen Küste etwa legen ihre Eier in eine Art Sack und halten ihn neun Monate lang fest. Weil sie keinen Tentakel frei haben, nehmen sie selber die ganze Zeit über keine Nahrung auf. Das ist zwar gut für den Nachwuchs, aber sehr gefährlich für die Mutter. So geschwächt ist sie leichte Beute für potentielle Fressfeinde. Im schlimmsten Fall müssen sich die Weibchen gar entscheiden: Ich oder die Kinder. Denn werden die Umweltbedingungen zu harsch, können nicht beide Interessen der Mutter – eigenes Überleben einerseits und das Überleben des Nachwuchses andererseits – erreicht werden. Manchmal ist es besser, selbst zu überleben, die Kinder zu verlassen und sterben zu lassen, um in der nächsten Saison neuen Nachwuchs zu zeugen. Diese Entscheidung sichert das Überleben der eigenen Art – und darauf kommt es in der Evolution nun mal vor allen Dingen an.


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