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Insekten: Das Reich der Sechsfüßer Das Thema

Stand: 02.02.2012 | Archiv

Eine Fliege auf einem Halm | Bild: picture-alliance/dpa/Jürgen Effner

Es gibt sie seit über 400 Millionen Jahren – genügend Zeit, um die Erde zu erobern. Schätzungsweise 80-90 Prozent aller Tierarten gehören zu den Insekten, weshalb man sie als die erfolgreichsten Organismen der Welt bezeichnen kann. Dazu hat ihnen ihre immense Anpassungsfähigkeit, aber auch ihre ungewöhnliche Reproduktionsfähigkeit verholfen – nach nur wenigen Wochen sind viele der Hexapoden, der Sechsfüßer, geschlechtsreif und produzieren eine immense Anzahl von Nachkommen.

Unübertroffene Fruchtbarkeit

Unübertroffen in der Fruchtbarkeit ist die Kohlblattlaus. Sie kann sich sowohl sexuell fortpflanzen als auch durch Parthenogenese, einen Prozess, in dem sich die Eier ohne männliche Befruchtung entwickeln und die Nachkommen als genetische Kopie der Mutter schlüpfen. Wäre eine einzige Mehlige Kohlblattlaus während eines Jahres ungestört und verfügte sie über ein unbegrenztes Nahrungsangebot, dann würden Nachkommen mit dem dreifachen Gewicht der menschlichen Weltpopulation produziert. Glücklicherweise garantieren natürliche Feinde wie Marienkäfer und die Florfliegen, dass die Blattläuse stark reduziert werden und das natürliche Gleichgewicht aufrechterhalten bleibt.

Immense Biomasse

Aber auch ohne die Blattläuse übertrifft die Biomasse der Insekten die der Menschen um eine zehnfache Potenz. Dass sie es so weit gebracht haben, liegt nicht nur an ihrer Reproduktionsfähigkeit, sondern auch an ihren speziellen Überlebensstrategien: Wasserkäfer zum Beispiel können dank ihrer Körperflüssigkeit, die eine Art Frostschutzmittel ähnlich dem Glykol enthält, bis zu neun Monate festgefroren im Eis überleben. Selbst bestimmte Schmetterlinge, wie der hiesige Zitronenfalter, überleben die kalte Winterzeit – sie warten, mit Reif überzogen, in dunklen Baumhöhlen den Frühjahrsbeginn ab, bis sie über den ersten Blüten wieder herumgaukeln können.

Trickreiche Verteidigungs- und Überlebensstrategien

Knapp eine Million Insektenarten sind bisher beschrieben und klassifiziert worden, was nur einen Bruchteil der schätzungsweise fünf bis zehn Millionen verschiedenen auf der Erde lebenden Sechsfüßer ausmacht. Diesen immensen Artenreichtum konnten die Insekten auch durch die Anwendung trickreicher Verteidigungsstrategien ausbilden: Marienkäfer zum Beispiel setzen das Reflexbluten ein, sobald sie angegriffen werden – aus Membranen sondern sie ein orange-bräunliches Sekret aus, das den Anschein erweckt, sie seien tot und im Verwesen begriffen. Der Bombardierkäfer praktiziert eine ganz andere Form der Verteidigung: Er lagert zwei Chemikalien in einer Kammer seines Hinterleibs. Sobald er sich bedroht fühlt, fließen diese Chemikalien in eine zweite Kammer, in der sie sich mit einem Enzym vermischen, was eine heftige chemische Reaktion auslöst, die Hitze von etwa 100 Grad freisetzt. Durch den After stößt der Käfer dieses Gemisch – ein explodierendes, dampfendes Reizgas – als Waffe aus. Diese und andere Strategien, die besonders ausgeprägten Instinkte und Fähigkeiten, von Superlativen und Absonderlichkeiten machen die Sechsfüßer so faszinierend.


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