Bayern 2 - radioWissen

Die Täufer in Augsburg

Eine Täuferin um 1500 Die Täufer in Augsburg

Stand: 23.09.2019

Ansicht der Stadt Augsburg, kolorierter Holzschnitt von Hans Weiditz (1521) nach einer Zeichnung von Georg Seld | Bild: picture-alliance/dpa

Durch die Beteiligung seiner Kaufleute am Erzhandel und an Finanzierungsgeschäften steigt Augsburg um 1500 zur führenden europäischen Wirtschaftsmetropole auf. Einer wohlhabenden Kaufmannschicht steht die Masse armer Handwerker, Gesellen und Tagelöhner gegenüber. Immer wieder kommt es zu sozialen Konflikten, etwa 1524, als der Barfüßermönch Johannes Schilling mit seinen Predigten gegen die Ungleichheit der Menschen und die Prasserei der Reichen eine Revolte anzettelt.

Die Reformationsunruhen erfassen auch Augsburg, hier findet 1518 das Verhör Luthers vor dem Kardinallegaten Cajetan statt. Gegen den Willen der reichen Kaufleute mehren sich in Augsburg die Sympathien für die neue Lehre. Der Rat der Stadt, geprägt von humanistischer Toleranz, ist bemüht, die Lage zu entspannen. Er spielt bei der Durchführung der Reformation auf Zeit, bietet aber ihren Anhängern Entfaltungsmöglichkeiten. Dennoch wird - vor allem aus Furcht vor sozialen Unruhen - eine rote Linie gezogen: Stellt sich eine Gruppierung gegen die Obrigkeit, muss sie mit Verfolgung rechnen.

Mitte der 1520er Jahre ist Augsburg das Ziel auswärtiger Täufer. Auch Hans Hut (1490-1527), ein fahrender Buchhändler und Schüler des hingerichteten Sozialrevolutionärs Thomas Müntzer kommt in die Stadt, Pfingsten 1526 lässt er sich taufen. Hut, ein Mann mit Charisma und Predigertalent, wird Anführer und Organisator der Täufergemeinde, die auch in der Umgebung der Stadt Anhänger rekrutiert und auf einige hundert Personen anwächst. Die einheimischen Täufer kommen aus allen sozialen Schichten, doch Angehörige des handwerklichen "Mittelstands" überwiegen.

Die Hut'sche Eschatologie

Augsburgs Täufer bekennen sich zur Wehrlosigkeit, sie wollen ein christliches Leben in Brüderlichkeit führen. Für Unruhe sorgt allerdings die Eschatologie des Hans Hut. Er ist überzeugt, dass das Ende der Welt bevorsteht. Nach seinen Berechnungen geht die Welt zu Pfingsten 1528 unter, und die Gottlosen erhalten ihre Strafe. Angesichts der in Augsburg weit verbreiteten Sündenangst haben die Predigten Huts eine beträchtliche Zugkraft: Er bietet Rettung, wenn sich Fromme den Täufern zuwenden.

Im August 1527 ruft Hut eine "Täufersynode" ins Leben, die als "Märtyrersynode" in die Stadtgeschichte eingeht, weil viele Teilnehmer später der Verfolgung zum Opfer fallen. Täufer aus Augsburg, Franken, Schwaben, Bayern und Österreich treffen sich, um unter anderem über das nahende Weltende zu beraten. Die Augsburger beschließen, Boten auszusenden, um noch vor dem Strafgericht möglichst viele Sympathisanten zu gewinnen.

Schlag gegen die Täufer

Ende August erhält der Rat der Stadt beunruhigende Nachrichten aus Salzburg und Zürich und kommt zu dem Schluss, dass eine politische Verschwörung im Gange  sei. Nun wird die Zerschlagung der Täufergemeinde beschlossen. Im Herbst geht eine Verhaftungswelle durch Augsburg. Zwar kommen die meisten Festgenommenen glimpflich davon, doch an Hut soll ein Exempel statuiert werden. Den Prozess führt der Humanist Konrad Peutinger (1465-1547). Hut bekennt sich zu seiner Eschatologie: Das Ende der Welt wird kommen und die Gerechten werden mit Gottes Billigung Rache nehmen. Diese Aussage ist für den Rat der willkommene Beleg dafür, dass Hut ein Aufrührer ist. Zur Vollstreckung der Todesstrafe kommt es jedoch nicht, im Dezember stirbt der Täuferführer im Gefängnis, vielleicht durch Selbstmord, vielleicht an den Folgen der Folter.

Das Ende der Augsburger Täufergemeinde

Auch nach dem Tod Huts bleibt die Gemeinde aktiv - schließlich hat der nun als Märtyrer Verehrte vorhergesagt, dass das Endgericht zu Pfingsten 1528 kommt. Da will man schon gern dabei sein. Jörg von Passau, Huts Nachfolger, versucht beruhigend auf die Täufer einzuwirken, doch ihre Erregung steigt.

Am Ostersonntag 1528 schlägt der Rat erneut zu. Eine Versammlung mit 88 Teilnehmern im Haus des Bildhauers Adolf Daucher, darunter mehrere Frauen, wird aufgelöst. 43 auswärtige Täufer, darunter Jörg von Passau, werden verhört und ausgewiesen, die Einheimischen zumeist gefoltert und als Ketzer gebrandmarkt, indem man ihre Backen mit einer glühenden Eisenstange durchbohrt. Zur Abschreckung wird der Schneider Hans Leupold am 25. April 1528 enthauptet. Damit ist das Täuferzentrum Augsburg am Ende. Als sich Huts Prophezeiung an Pfingsten nicht erfüllt, geben die meisten seiner Bewunderer resigniert auf.

Zurück zur Übersichtsseite

Blick auf Augsburg um 1500 | Bild: picture-alliance/dpa zum Thema Eine Täuferin um 1500 Susanna Daucher

Sie verweigern Kindertaufe, Eid und Kriegsdienst, Rechts- und Kirchenordnungen sind ihnen ein Graus. Selbst Luthers Glaubensrevolution geht den Täufern nicht weit genug. Wer so denkt, gerät schnell ins Visier der Mächtigen. [mehr]