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Eine Augsburger Täuferin

Eine Täuferin um 1500 Eine Augsburger Täuferin

Stand: 23.09.2019

Pranger oder Schandpfahl aus dem Mittelalter (Hessen) | Bild: picture-alliance/dpa

Susanna wird um 1495 in Augsburg als Tochter der Familie Spitzmacher geboren. Um 1515 heiratet sie den Bildhauer Hans Adolf Daucher, der mit seinem Vater eine Werkstatt betreibt. Susanna arbeitet im Betrieb mit und betreut die Lehrlinge. Die Familie wohnt in der Bürgergasse im Lechquartier. Zwei Kinder werden geboren; 1528 sind sie drei und sechs Jahre alt, Susanna ist zu dieser Zeit mit einem dritten Kind schwanger.

1527, im Erfolgsjahr der Augsburger Täufer, lässt sich Susanna zusammen mit ihrer Schwester Maxentia taufen. Sie veranstaltet Bibellesungen, besucht Versammlungen und engagiert sich in der Armenbetreuung. Bei heimlichen Treffen gehört sie zu den Frauen, die die Teilnehmer bewirten und Quartiere für Auswärtige beschaffen.

Auch nach der ersten Verhaftungswelle im Herbst 1527 bleibt Susanna Daucher aktiv. Damit zeigt sie den für die Täufer typischen Opferwillen. Als mutmaßliche Anhängerin Hans Huts ist sie wohl vom nahen Weltuntergang überzeugt.

Verhaftet, verurteilt, vertrieben

Beim zweiten Schlag des Rates gegen die Täufer gibt es für Susanna kein Entrinnen. Während ihr Mann auf Reisen ist, stellt sie das Haus der Familie für eine Versammlung am Ostersonntag 1528 zur Verfügung. Das Täufertreffen wird ausgespäht oder verraten. 88 Personen kommen in Haft, darunter Susanna und ihre Schwester. Beim Verhör beteuert Susanna ihre Unschuld, schließlich "wurde nur das Wort Gottes vorgelesen und gelehrt".

Das Urteil fällt "milde" aus, denn das Gericht verzichtet darauf, die Schwangere zu brandmarken. Sie wird am 21. April unter dem Rathauserker an den Pranger gestellt und nach Verlesung des Urteils lebenslang aus Augsburg vertrieben. Die Kinder muss sie zurücklassen. Hans Adolf Dauer verliert nicht nur seine Frau, auch seine Werkstatt und sein Vermögen; ab 1530 wird er in Steuerbüchern als Habenichts erwähnt, 1537 stirbt er in Stuttgart.

Wie das Leben Susannas endet, ist nicht bekannt. Eine Gedenktafel an ihrem Haus erinnert heute an die Täuferaktivistin und die tragischen Ereignisse vom Ostersonntag 1528.

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Blick auf Augsburg um 1500 | Bild: picture-alliance/dpa zum Thema Eine Täuferin um 1500 Susanna Daucher

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