Bayern 2 - radioWissen


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Einschränkung der Grundrechte?

Von: Ulrich Chaussy

Stand: 29.03.2010 | Archiv

GeschichteHS, RS, Gy

Die Notstandsgesetze, die 1968 im Bundestag beschlossen wurden, hatten nicht nur anhaltende Diskussionen der Gegner, sondern auch Demonstrationen und den großen Sternmarsch auf Bonn ausgelöst. Seit dem ersten Verfassungskonvent 1948 standen Anwendbarkeit und Missbrauchsgefahr einer im Grundgesetz verankerten Notstandsregelung für Deutschland in scharfem parteipolitischem Gegensatz.

Die westlichen Besatzungsmächte erkannten 1955 die Bundesrepublik Deutschland als souveränen Staat an. Damit erlosch das Besatzungsstatut von 1949 bzw. 1951. Doch verfügten Frankreich, Großbritannien und die USA neben den Rechten über "Deutschland als Ganzes" noch über Sonderrechte im Falle eines Notstandes. Diese Vorbehaltsrechte konnten nur durch eine Regelung im Grundgesetz für den Fall des äußeren und inneren Notstandes beseitigt werden. Die CDU/CSU-FDP-Regierungen hielten dafür mehrere Gesetzentwürfe in ihren Schubladen bereit, aber sie fanden bis 1966 nie die notwendige Zweidrittelmehrheit. Erst die große Koalition suchte einen parteiübergreifenden Kompromiss, der allerdings größeren Teilen der SPD-Bundestagsfraktion schwer fiel. Gegen den Gesetzentwurf demonstrierten nicht nur Studenten, sondern auch Gewerkschaften und Intellektuelle, die dadurch eine Einschränkung der Grundrechte befürchteten und eine Wiederkehr des unseligen Notstandsartikels der Weimarer Reichsverfassung. Die Proteste hatten keinen Erfolg, die Notstandsgesetze wurden am 16. Mai 1968 verabschiedet.


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