Bayern 2 - radioWissen

Bayern wird Freistaat

Die Münchner Räterepublik Bayern wird Freistaat

Stand: 05.11.2018

Niederwerfung der Räterepublik durch Freikorps in München 1.2. Mai 1919. Ein in den Kämpfen getötetes Pferd wird von der hungernden Münchener Bevölkerung zerstückelt. | Bild: picture-alliance/dpa

Nach dem Scheitern der Großoffensive im Westen, der Friedensnote Österreichs und dem Zusammenbruch der bulgarischen Front drängt die deutsche Oberste Heeresleitung im September 1918 darauf, ein Waffenstillstandsangebot an US-Präsident Wilson zu richten. Während die Regierung des Prinzen Max von Baden dem Wunsch der Militärs nachkommt, dreht sich die Stimmung im Reich. Zahlreiche Menschen verlangen ein sofortiges Kriegsende, Forderungen nach einer Abdankung des Kaisers werden laut.

Dass die Seekriegsleitung Ende Oktober einen Flottenvorstoß in die Nordsee anordnet, bringt das Fass zum überlaufen. In Wilhelmshaven und Kiel meutern die Matrosen. Rasend schnell breitet sich die Aufstandsbewegung aus, Soldaten in den Garnisonen und Fabrikarbeiter rebellieren, der Militär- und Polizeiapparat kollabiert. Von Russland springt der Funke der Revolution nach Deutschland über, vielerorts entstehen spontan Arbeiter- und Soldatenräte.

Die bayerische Hauptstadt in Unruhe

Im Spätherbst 1918 erreicht die Protestwelle Bayern. Auch hier ist von Kriegsbegeisterung längst nichts mehr zu spüren, die Ernährungslage hat sich drastisch verschlechtert. Die Menschen machen dafür die von Berlin aus zentral gesteuerte Kriegswirtschaft verantwortlich. Preußenhass und Friedenssehnsucht nehmen zu. Auch die Kritik an König Ludwig III., der als willenloses Werkzeug in der Hand des Kaisers gilt, wächst.

Für den 7. November rufen die "Mehrheitssozialdemokraten" (MSPD) und die 1917 von der SPD abgespaltene "Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands" (USPD) sowie die Gewerkschaften zu einer Kundgebung auf der Münchner Theresienwiese auf. Tausende Menschen kommen, von mehreren Tribünen sprechen Redner. Zwei Politiker dominieren die Veranstaltung: Erhard Auer (MSPD), der sich vage für Frieden und Freiheit ausspricht, und Kurt Eisner (USPD), ein Befürworter der Revolution. Eisner hat bereits mit den Führern des einflussreichen Bauernbundes, den Brüdern Gandorfer, verhandelt und von ihnen ein Neutralitätsversprechen erhalten.

Revolution in München

Während Auer nach dem Ende der Kundgebung mit seinen Anhängern zum Münchner Friedensengel marschiert und sie zur Heimkehr auffordert, ziehen die Eisner-Leute zu den Kasernen. Viele Soldaten schließen sich ihnen an, Waffendepots werden ausgeräumt. Noch in der Nacht vom 7. auf den 8. November besetzen die Aufständischen den Landtag und mehrere öffentliche Gebäude. Eisner wird zum Vorsitzenden eines Arbeiter-, Bauern- und Soldatenrates gewählt. Der Linkssozialist nutzt seine Chance: Er ruft den "Freistaat" aus - Bayern soll frei sein von der Monarchie.

König Ludwig III. setzt sich bei Nacht und Nebel nach Österreich ab. Es braucht keinen Schuss und keine Gewalt, um den Wittelsbachern nach 900 Jahren Herrschaft einen blamablen Abgang zu bereiten. Kurz entschlossen greift Kurt Eisner nach dem Posten des Ministerpräsidenten und schlägt - die Massen hinter sich wissend - seinem Rivalen Auer eine Koalitionsregierung vor. Der MSPD-Mann stimmt zu und wird Innenminister. Binnen 24 Stunden hat Eisner die Revolution in München - und damit in Bayern - unblutig zum Erfolg geführt.

Zurück zur Übersichtsseite

Kurt Eisner, 1918/19 bayrischer Ministerpräsident, mit seiner Gattin und dem bayrischen Minister Unterleitner in München. (Jan./Febr. 1919) | Bild: picture-alliance/dpa zum Thema Die Münchner Räterepublik Bayern sozialistisch

Der Mord an Ministerpräsident Kurt Eisner versetzt Bayern in Schockstarre. Die Macht wabert in München umher - wer zugreift, hält sie in Händen. Im April 1919 proklamieren Revolutionäre eine Räterepublik. Ihr Ausgang ist blutig. [mehr]