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Das Thema Mao auf dem Weg zur Macht

Stand: 15.07.2013 | Archiv

Statue von Chiang Kai-shek in Taipeh | Bild: picture-alliance/dpa

Die allmähliche Hinwendung Maos zum Sowjetkommunismus ist auch eine Folge des Scheiterns der Republik. Sie hat die Erwartungen auf einen grundlegenden Wandel der Verhältnisse nicht erfüllt.

Krisenjahre der Republik: Die unvollendete Revolution

Die Armut der Massen ist nach wie vor ein schreiender Skandal. Zudem ist China politisch heillos zersplittert, die Zentralgewalt in Peking kann sich keine durchgreifende Geltung verschaffen. Die Provinzen werden Militärführern kontrolliert, die 1911 gegen das Kaisertum rebellierten und sich nun erbittert gegen jede Beschneidung ihrer Lokalmacht wehren. Dutzende rivalisierender Warlords liefern sich gegenseitig blutige Fehden und werden dabei von wechselnden Kolonialmächten unterstützt, die kein Interesse an einem geeinten, handlungsfähigen China haben.

Lagerbildung: Die Machtblöcke formieren sich

1921 greift Sun Yat-sen erneut ins Geschehen ein. 1912 hatte er das Präsidentenamt an Yuan Shikai, den Befehlshaber der Nordarmee übergeben, aber schon 1913 einen Putsch gegen dessen diktatorisches, restauratives Regime angezettelt und war gescheitert. Die folgenden vier Jahre verbringt er im japanischen Exil, erst 1917 kehrt er nach Hongkong zurück und beginnt mit der Vorbereitung seines politischen Comebacks. 1921 ist es soweit. Gestützt auf die von ihm geschmiedete und geführte Chinesische Nationalpartei Kuomintang (KMT) bildet er in Kanton eine eigene Nationalregierung als Widerpart zu den Militärmachthabern in Peking. Im selben Jahr gründen kommunistische Zellen in Shanghai die Kommunistische Partei Chinas. Mit der Kuomintang und der KPCh haben sich nun jene entscheidenden Kräfte formiert, die mehr als zwei Jahrzehnte lang verbissen um die Vorherrschaft im zerrissenen Riesenreich kämpfen werden.

Rivalen: Mao Zedong und Chiang Kai-shek treten an

Die Gründung einer oppositionellen Nationalregierung ist nur ein erster Schritt und kaum mehr als eine bloße Willenserklärung. Um politische Wirksamkeit zu entfalten und Chinas Zukunft zu gestalten, muss Sun das Reich unter seiner Führung einigen, die Pekinger Regierung ausschalten und vor allem die Macht der Warlords brechen. Doch dazu reichen die Ressourcen der Kuomintang alleine nicht aus. Daher sucht Sun den Schulterschluss mit den Kommunisten, die schließlich 1923 ein Zweckbündnis mit den Nationalisten eingehen. Die Allianz der beiden konträren Blöcke steht von Anfang an auf tönernen Füßen: Die bürgerlich geprägte Kuomintang vertritt einen demokratischen Reformprozess, der traditionelle chinesische Werte, Familien-, Sozial- und Besitzstrukturen verändern, jedoch nicht radikal umwälzen möchte. Die bourgeoisiefeindlichen Kommunisten streben dagegen eine grundlegende Neuausrichtung des Staates nach sowjetischem Vorbild und den Umsturz aller bisherigen Verhältnisse an.

Kampfansagen: Die Gier nach der Macht

Die gegensätzlichen Auffassungen der beiden Lager personifizieren zwei Männer, deren unversöhnliche Rivalität das nächste Viertelhundert entscheidend prägen und China in einen fast dreißigjährigen Bürgerkrieg stürzen wird: In der KPCh hat sich Mao zum Mitglied des Zentralen Exekutivkomitees emporgearbeitet, in der Nationalpartei ist der nur fünf Jahre ältere Berufsoffizier Chiang Kai-shek (1887-1975) zum engsten Mitarbeiter und militärischen Berater Sun Ya-tsens aufgestiegen. Was beide Männer unüberbrückbar trennt, ist ihre politische Grundausrichtung, was sie zu charakterlichen Zwillingen macht, ist ihr unbedingter Wille zur Macht, die Einforderung absoluter Gefolgschaftstreue, die Neigung zur egomanen Überhöhung der eigenen Person und vor allem die Bereitschaft, ihre jeweiligen Ziele skrupellos umzusetzen.


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