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Gladiatoren und andere Vergnügungen im alten Rom

Von: Jens Berger / Sendung: Imogen Rhia Herrad

Stand: 04.04.2016 | Archiv

GeschichteMS, RS, Gy

Unterhaltung, Gottesdienst, Propagandabühne, Richtplatz und Ort der sozialen Umverteilung - sie waren alles zugleich, die Spiele im alten Rom. Wagenlenker, Gladiatoren und Schauspieler festigten so Herrschaft und Gesellschaft.

Das Volk will Brot und Spiele

So beklagte es seinerzeit der römische Satiriker Juvenal. Sein Unterton dürfte uns aus dem heutigen politischen Kabarett vertraut sein. Damit reduzierte er jedoch eine damals bereits jahrhundertealte Tradition auf reines Unterhaltungsspektakel. War sie mehr? Zumindest in ihren Anfängen: ja. Bis ins sechste Jahrhundert v. Chr., also noch vor "Gründung der Stadt", reichen die Wurzeln der römischen Spiele. Waren Theateraufführungen und sportlicher Wettkampf anfangs noch Teil religiöser Riten, gewannen sie bald ein Eigenleben, ohne aber je ihre religiöse Bedeutung abzulegen. So wurden sogar die großen, spektakulären Wagenrennen von festlichen Prozessionen und Opferungen zu Ehren einzelner Götter begleitet. Diese oft staatlich geförderten Festlichkeiten summierten sich zeitweise auf zweieinhalb Monate pro Jahr.

Nicht nur diese Zahl beeindruckt. So stellt der Circus Maximus mit seiner Länge von sechshundert Metern und seinen mehr als 250.000 Plätzen noch heute weltweit die größten Stadien in den Schatten. Entschied man hier mit seinem Vierspänner das Rennen über sieben Runden für sich, hatte man finanziell ausgesorgt. Aber auch unter den Zuschauern flossen die Wettgelder in Strömen.

Nicht weniger wichtig war das Theater. Sei es volkstümliche Posse im "Mimus" oder anspruchsvollerer Tanz und Musik im "Pantomimus" - die Ränge waren von Publikum gefüllt, das mit Kritik nicht hinterm Berg hielt und unterbrochene Veranstaltungen als schlimmes Omen für die Stadt deutete.

Bis aufs Blut - das aber professionell

All diese Vergnügungen gibt es heute noch in mehr oder weniger veränderter Form; nur die Gladiatorenkämpfe waren immer etwas Besonderes, auch in Rom. Im Unterschied zu den übrigen "Spielen" haben sie ihren Ursprung in Begräbnisfeierlichkeiten. Bald fand das Publikum jedoch solchen Gefallen an ihnen, dass sie sich von der Bestattung lösten, zu einem beliebigen Zeitpunkt "im Angedenken" veranstaltet wurden und immer besser ausgebildete und spezialisierte Kämpfer als muskulöse Stars in der Arena antreten ließen. Den seltenen Höhepunkt stellte schließlich ein Kampf "sine missione" dar, also auf Leben und Tod. Hier durfte das Publikum über das Los des Verlierers entscheiden. Der Veranstalter der Kämpfe hoffte meist auf Begnadigung, musste er doch der engagierten Gladiatorenschule den Verlust erstatten.

Gunst erwerben, Freigebigkeit zeigen

Nein, billig waren sie keineswegs zu haben, die Spiele. Wer als hoher Beamter mit Aussicht auf Magistratsposten die Gunst beim Volk erwerben wollte, konnte sich - wie Cäsar - schon mal als Veranstalter in hohe Schulden stürzen. Oft ging die Rechnung auf. Das Volk belohnte die bewiesene Freigebigkeit (Liberalitas), und man durfte den Verlust durch Kriegsbeute wiedergutmachen. Zum Dank boten dann Volksspeisungen mit exotischen Tieren aus den eroberten Gebieten die Gelegenheit, sich dem Volk zu zeigen und dessen Stimmung zu prüfen.

Infotainment im Kolosseum

Und wo konnte man eben diese Volksstimmung besser prüfen und lenken als im hitzigen Rund eines Amphitheaters? Der psychologisch kluge Einfall, das Publikum zweier Theatertribünen um einen zentralen Bühnenkessel zu versammeln, ist immer noch Grundlage heutiger Sportstadien.

Das prächtige Kolosseum, nach Neros Tod anstelle seiner Palast- und Parkanlagen errichtet, erfüllte viele staatstragende Funktionen, war Begegnungs- und Repräsentationsstätte sowie Ort öffentlicher Hinrichtungen. Hier wurden nicht nur die Götter im Wettstreit erfreut, hier fuhr Rom seine Propagandamaschine auf volle Touren hoch, stellte siegreich Schlachten nach und ließ dazu sogar die Arena fluten, um in Seegefechten mit allem Drum und Dran zu zeigen: Roms Tugenden und Waffen sind nicht zu besiegen.


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