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Das Thema Der Weg an die Spitze

Published at: 26-3-2011 | Archiv

Bismarck Denkmal im Berliner Tiergarten | Bild: picture-alliance/dpa

Während Preußen und Österreich auf die Machtprobe zusteuern, beginnt sich das Gleichgewicht der Kräfte auf dem Kontinent zu verschieben.

Der Trend zum Nationalstaat

Die Entwicklung von Nationalstaaten zeichnet sich ab. Ein Herrscher, der diesen Trend befeuert, ist Louis Napoleon (1808-73), ein Neffe des "Großen Korsen", der zu Beginn des Jahrhunderts halb Europa erobert und wieder verloren hatte. Nach einem blutigen Putsch lässt er sich 1852 zum Kaiser der Franzosen ausrufen. Napoleon errichtet ein autokratisches System, was ihn aber nicht davon abhält, nationale Bestrebungen in Polen, Ungarn und Italien zu unterstützen.

Als Russland das Osmanische Reich angreift, um Zugang zum Mittelmeer zu bekommen, stellt sich Napoleon III. gegen den Zaren. Zusammen mit England, Piemont-Sardinien und Österreich tritt Frankreich auf türkischer Seite in den Konflikt ein. Russland wird im Krimkrieg (1853-56) geschlagen.

Die Einigung Italiens

Österreich gerät bald darauf in der italienischen Frage unter Druck. Die Einigung Italiens zu einem Nationalstaat treibt Camillo Benso Graf von Cavour (1810-61), Regierungschef des Königreichs Piemont-Sardinien, voran. Mit Rückendeckung Napoleons provoziert er Österreich so lange, bis es im Jahr 1859 zum Krieg kommt. Frankreich leistet Waffenhilfe, die Streitkräfte der Habsburger werden in den Schlachten von Magenta (4. Juni 1859) und Solferino (24. Juni 1859) besiegt. Kaiser Franz Joseph I. (1830-1916) muss im Friedensschluss auf die Lombardei verzichten, behält jedoch Venetien. In den folgenden Jahren bringt Cavour im Bündnis mit dem Guerillaführer Guiseppe Garibaldi (1807-82) große Teile Italiens unter Piemont-Sardiniens Kontrolle. Dessen Monarch Victor Emanuel II. (1820-78) nimmt 1861 den Titel eines Königs von Italien an. Als Verbündeter Preußens kommt er nach der Niederlage Österreichs bei Königgrätz 1866 in den Besitz Venetiens und schreckt auch nicht davor zurück, 1870/71 den Kirchenstaat zu zerschlagen und der weltlichen Herrschaft des Papsttums ein Ende zu setzen. 1871 wird Rom Hauptstadt des Königreichs Italien.

Verfassungskonflikt in Preußen

Wilhelm I. (1797-1888), der Bruder des an einer Gehirnerkrankung leidenden Königs Friedrich Wilhelm IV., übernimmt 1858 die Regentschaft in Preußen. Zum Erstaunen vieler beruft der "Kartätschenprinz", der Jahre zuvor rücksichtslos Soldaten gegen Revolutionsanhänger einsetzte, auch liberale Minister in sein Kabinett und leitet die so genannte "Neue Ära" ein. Sein vorrangiges Ziel ist eine Heeresreform (Anpassung der Heeresstärke an die Bevölkerungszahl, Ausbau der aktiven Truppe, dreijährige Wehrpflicht etc.). Über die Finanzierung dieses Vorhabens - das Haushaltsbewilligungsrecht ist eines der wenigen wirksamen Machtinstrumente des Parlaments - kommt es zu heftigen Debatten. Gestritten wird auch darüber, ob die Truppe künftig ein "Königsheer" oder ein "Parlamentsheer" ist. Die Fortschrittspartei, Wahlsiegerin des Jahres 1861, lehnt das Wehrgesetz Wilhelms strikt ab. Tief gekränkt erwägt der König, der sich in seinen angestammten Rechten beeinträchtigt sieht, die Abdankung. Nun bringt die Militärpartei Otto von Bismarck als "Krisenmanager" ins Spiel.

Bismarck wird preußischer Ministerpräsident

In seinen "Gedanken und Erinnerungen" berichtet Bismarck über die Ernennung zum Regierungschef im September 1862:

"Ich will nicht regieren, wenn ich es nicht vermag, wie ich es vor Gott, meinem Gewissen und meinen Untertanen verantworten kann [erklärte der König]. Das kann ich aber nicht, wenn ich nach dem Willen der heutigen Majorität des Landtags regieren soll, und ich finde keine Minister mehr, die bereit wären, meine Regierung zu führen, ohne sich und mich der parlamentarischen Mehrheit zu unterwerfen. Ich habe mich deshalb entschlossen, die Regierung niederzulegen [...]. Der König stellte nach einigem Erwägen und Hinundherreden die Frage, ob ich bereit sei, als Minister für die Militär-Reorganisation einzutreten, und nach meiner Bejahung die weitere Frage, ob auch gegen die Majorität des Landtags und deren Beschlüsse. Auf meine Zusage erklärte er schließlich: Dann ist es meine Pflicht, mit Ihnen die Weiterführung des Kampfes zu versuchen, und ich abdiziere nicht. [...] Ich sagte: In dieser Lage werde ich, selbst wenn Ew. Majestät mir Dinge befehlen sollten, sie ich nicht für richtig hielte, Ihnen zwar diese meine Meinung offen entwickeln, aber wenn Sie auf der ihrigen schließlich beharren, lieber mit dem Könige untergehen, als Ew. Majestät im Kampfe mit der Parlamentsherrschaft im Stiche lassen."

Otto von Bismarck

Damit beginnt die Ära Bismarck und später wird Wilhelm sagen: "Es ist schwer, unter Bismarck König zu sein". Bis 1890 prägt Bismarck - und darin sind sich viele Historiker einig - die Zeit durch sein Handeln entscheidend.

Bismarck, das Parlament und die "Lückentheorie"

Bismarck ist kein Freund des Parlamentarismus. Seine Rede in der Budgetkommission am 30. September 1862 betrachten viele Abgeordnete als pure Provokation: "Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse", sagt der Ministerpräsident, "werden die großen Fragen der Zeit entscheiden - das ist der große Fehler von 1848 und 1849 gewesen - sondern durch Eisen und Blut".

Bismarck sucht die Konfrontation mit dem Parlament. Drei Jahre legt er den Staatshaushalt mit den Heeresausgaben gar nicht erst zur Genehmigung vor. Der König regiert ohne bewilligten Haushalt und Bismarck findet eine fadenscheinige Begründung: die "Lückentheorie". Kommt es zu keiner Einigung zwischen Exekutive und Parlament oder stimmt das Herrenhaus für und das Abgeordnetenhaus gegen einen Gesetzesentwurf, tut sich, so die Argumentation, eine "Lücke" in der Verfassung auf. Da die Staatsgeschäfte aber weiter laufen müssen, darf der Monarch nicht auf die Konfliktlösung warten, sondern muss handeln.

Bismarck weiß, dass seine "Lückentheorie" auf Dauer keinen Bestand hat. Er braucht außenpolitische Erfolge und greift den Wunsch vieler Liberaler nach Schaffung eines deutschen Nationalstaats auf - allerdings als kleindeutsche Lösung unter preußisch-monarchischem Blickwinkel.


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