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"Freiheit für die Sklaven!" Der Nord-Süd-Gegensatz

Stand: 11.04.2011 | Archiv

Mitte des 19. Jahrhunderts haben sich in den USA drei Regionen herausgebildet, die sich ökonomisch stark voneinander unterscheiden: Im Nordwesten und im Mittleren Westen prägen Farmen das Bild einer landwirtschaftlichen, teils kleinbäuerlichen Entwicklung, im Nordosten macht die Industrialisierung rasante Fortschritte und im Süden findet eine auf Sklaverei basierende Plantagenwirtschaft statt. Der Norden beliefert den Süden und den Westen mit Industriegütern und wird von dort mit landwirtschaftlichen Produkten versorgt. Die Baumwolle und der Tabak des Südens gehen überwiegend in den Export nach Europa.

In den Nordstaaten der USA leben um 1860 ca. 20 Millionen Menschen, durch Einwanderer wächst die Bevölkerung beständig (allein 1849 kommen 300.000 Neubürger, darunter viele Deutsche). Die Industrialisierung schreitet voran, das größte Eisenbahnnetz der Welt entsteht. Längst hat man erkannt, dass in den Fabriken und auf den Farmen Lohnarbeit weitaus wirtschaftlicher ist als Sklaverei. Das Ideal des freien, fleißig arbeitenden Mittelstandsbürgers wird im Norden hochgehalten, Demokratie und Liberalismus spielen eine wichtige Rolle.

In den Südstaaten leben um 1860 etwa zehn Millionen Menschen, vier Millionen davon sind Sklaven. Es gibt kaum Industrie, die Plantagenwirtschaft dominiert. Die Baumwollproduzenten, Rohstoffzulieferer für die englische Textilfertigung, sind auf billige Arbeitskräfte angewiesen, die die riesigen Monokulturen bewirtschaften. Die Oberschicht des Südens pflegt einen feudal-aristokratischen Lebensstil und ist patriarchalischen Ordnungsvorstellungen nicht abgeneigt. Großen Wert legen die Eliten des Südens auf das Selbstbestimmungsrecht der Einzelstaaten.

Die Sklavenfrage wird zum Schwelbrand

Bei der Gründung der neuen Territorien Kansas und Nebraska fällt 1854 der mühsam ausgehandelte Missouri-Kompromiss. Da beide Regionen nördlich des Breitengrades 36°30’ liegen, müsste die Sklavenhaltung eigentlich ausgeschlossen sein. Dennoch wird im Kongress der Kansas-Nebraska-Act beschlossen, der die Entscheidung über die Sklaverei den weißen Siedlern überlässt. Sowohl Sklavenhalter als auch Abolitionisten wandern nach Kansas und Nebraska ein, es kommt zu bewaffneten Auseinandersetzungen.

Mehr und mehr durchdringt die Sklavenfrage das Denken der Menschen in Nordamerika. Vordergründig mag es um das Für oder Wider der Sklavenhaltung gehen, doch tatsächlich haben sich Nord und Süd auseinander gelebt. Der Süden spürt schmerzhaft das demografische Übergewicht des Nordens. Die Südstaatler, selbst wenn sie keine Sklaven besitzen, haben Angst vor einer Majorisierung. Die anhaltende Kritik aus dem Norden führt zu Trennungstendenzen. Die Wirtschaftskraft von "King Cotton", so die Hoffnung, werde notfalls die Sezession möglich machen.


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