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"Freiheit für die Sklaven!" Erster moderner Krieg der Geschichte

Stand: 11.04.2011 | Archiv

Der Amerikanische Bürgerkrieg erfasst ein riesiges Land. Die "Front" erstreckt sich von der Küste Virginias bis zum Mississippi und weiter in den Westen bis Missouri und Arkansas. Um eine Seeblockade des Südens durchzuführen, muss die Marine des Nordens eine Küstenlinie abschotten, die der Entfernung Hamburg-Genua entspricht.

Wenngleich die Armeen des Südens Anfangserfolge erzielen und mit ihrem Befehlshaber Robert E. Lee über einen brillanten Heerführer verfügen, ist der Norden von Beginn an technisch und materiell überlegen. Er besitzt ein ausgebautes Verkehrsnetz, seine Industrie produziert Kanonen, Gewehre, Schlachtschiffe und drehbare Geschütztürme. Gepanzerte Dampfer der Union kontrollieren die Flüsse, Eisenbahnen ermöglichen schnelle Truppenverlegungen.

Beide Seiten führen einen Massenkrieg mit Wehrpflichtarmeen. Moderne Waffen wie Maschinengewehre und sogar U-Boote mit Handbetrieb kommen zum Einsatz. Und weil die Gewehre immer weiter reichen und zunehmend präziser schießen, erstarrt so mancher Angriff im Grabenkrieg. Vor Petersburg spielen sich 1864 Szenen ab, die an den Ersten Weltkrieg erinnern. Schützengräben mit Stacheldraht reihen sich aneinander, Ungeziefer, Wassereinbrüche und Feuerüberfälle mit Artillerie machen das Leben der Soldaten unerträglich. Ziel der Unionsarmee ist es, den Gegner durch einen Abnutzungskrieg in den Gräben "ausbluten" zu lassen.

Kriegsverbrechen sind an der Tagesordnung. Im Hunger- und Folterlager Andersonville in Georgia sterben tausende Nordstaatler. Schwarze Unionssoldaten werden niedergemetzelt, auch wenn sie sich ergeben.

Der Ursprung des totalen Krieges

Die Trennung zwischen dem Krieg der Soldaten und einem weitgehend friedlichen Leben der Zivilbevölkerung wird im amerikanischen Bürgerkrieg aufgehoben. Als Reaktion auf die Kampfbereitschaft der Bevölkerung des Südens und den wirkungsvollen Guerillakrieg von Teilen der Südstaatenarmee geht die Union zum totalen Krieg über. General William T. Sherman plädiert dafür, "nicht nur feindliche Armeen, sondern feindliche Menschen" zu bekämpfen. Und sein Chef, General Ulysses S. Grant, ist der Meinung, Kriege werden künftig nicht mehr von Gentlemen geführt, sondern sind Glaubenskriege, die mit aller Konsequenz ausgefochten werden müssen. Als Shermans Armee 1864/65 auf ihrem Vernichtungszug durch Georgia und South Carolina zieht, verfolgt sie eine Strategie der "verbrannten Erde". Mit dem Ziel, die Bevölkerung zu demoralisieren, verwüsten und vergewaltigen die Soldaten der Union. Um der Front das Hinterland zu nehmen, vernichten sie die Lebensgrundlagen der Menschen.

Und kaum ist der amerikanische Bürgerkrieg zu Ende, beginnt der nächste totale Krieg, diesmal gegen die Prärieindianer. General Sherman plädiert dafür, gegen die Sioux mit "unversöhnlicher Härte" vorzugehen und auch Frauen und Kinder nicht zu schonen.

Negroe-Soldiers

Als der Unionsarmee Soldaten fehlen, befiehlt Abraham Lincoln im Juni 1863 die Aufstellung schwarzer Truppenteile, der "colored regiments". Der Präsident weiß, dass es starke Vorbehalte gegen den Einsatz schwarzer Soldaten gibt. Negroe-Soldiers sind für viele Nordstaatler trotz des Bekenntnisses zur Sklavenbefreiung undenkbar. Schwarze, heißt es, seien keine Kämpfer. Selbst Lincoln ist nicht frei von rassistischen Ideen - lange hat er mit dem Gedanken geliebäugelt, befreite Sklaven nach Afrika zurückzubringen und dort anzusiedeln. Insgesamt dienen knapp 180.000 Schwarze in der Unionsarmee, mehr als 37.000 fallen. An der Siegesparade im Mai 1865 in Washington nehmen schwarze Soldaten nicht teil, sie müssen in ihren Quartieren bleiben.


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