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Das Thema 1848 - Die Revolution, die keine war?

Stand: 31.03.2008 | Archiv

historische Szene Straßen von München | Bild: picture-alliance/dpa

Die Märzforderungen gehen durch das Land. Hinter der französisch-deutschen Grenze sitzen die Revolutionäre schon in den Startlöchern. Schon am 27. März berufen sie eine Volksversammlung ein und verfassen eine Petition mit Forderungen an ihre badische Regierung in Karlsruhe: Wohlstand, Bildung und Freiheit für alle Klassen der Gesellschaft, ohne den Unterschied der Geburt und des Standes. Volksbewaffnung mit freien Wahlen der Offiziere, unbedingte Pressefreiheit, Menschenrechte, Bürgerrechte und eine Verfassung, Schwurgerichte, wie es sie in England gibt und vor allem eine Volksvertretung, ein deutsches Parlament.

So zentral sind diese "Märzforderungen", dass sie innerhalb weniger Tage zu Aufständen im gesamten deutschsprachigen Raum führen: Zuerst wird der badische Landtag besetzt, dann folgen Aufstände in Berlin, in Wien, dort flieht Staatskanzler Fürst Metternich ins Exil, in Bayern dankt König Ludwig der I. ab und die Lombardei separiert sich von Habsburg.

Hunger und Not der Massen

Volksversammlung im Franziskanerkeller in der Münchner Au 1848

Große aufgebrachte Menschenmengen, die Forderungen stellten, das hatten die Herrschenden in Deutschlands Straßen bis dahin nicht gesehen. Doch die Lebensumstände waren für Unzählige so bitter, so miserabel, dass die Zeit für eine Revolution reif schien. Missernten im Jahr 1846 führten im darauf folgenden Jahr zu solch einer schweren Hungersnot in Europa, dass in fast allen 38 deutschen Staaten Hungerrevolten stattfanden. Hinzu kam die gestiegene Zahl an Besitzlosen Bauern, die zwar von ihren Grundherren soeben befreit, nun kein Auskommen mehr fanden. Die Armut erfasste so große Teile der Gesellschaft, das ein neuer Begriff dafür geprägt wurde: Pauperismus.

Industrialisierung – die Emsigkeit der Maschinen

Historischer Webstuhl aus Holz

Die Märzrevolution markiert den Endpunkt der ersten Jahrzehnte der so genannten "Frühindustrialisierung" seit dem Ende des 18. Jahrhunderts. In diese Zeit fallen die Entwicklung und der Einsatz von Maschinen im Handwerksbereich, wie z.B. der voll mechanisierte Webstuhl. Noch nimmt die neue Emsigkeit der Maschinen den Menschen vor allem Arbeitsplätze weg und schafft noch wenig neue. Die bittere Not und Verarmung der Weber, die noch versuchten in Konkurrenz mit den Maschinen zu treten und darum für immer weniger Lohn arbeiten mussten, führt 1844 zum ersten Weberaufstand.

Unrechtsgefühle quer durch die Gesellschaft

Die Handwerker waren durch die aufkommende Industrialisierung in ihrer Existenz bedroht, immer mehr von ihnen verarmten. Die Adeligen fühlten sich entrechtet, da der Staat seine Kompetenz immer mehr monopolisierte. Bürger konnten sich nicht frei äußern, ohne Repressalien fürchten zu müssen. Und die mittellosen Tagelöhner, und Fabrikarbeiter wussten bei den gestiegenen Lebensmittelpreisen nicht, wie sie ihre Familien ernähren sollten.


Der Freiheitsgedanke als Antriebskraft der Bürgerlichen

Versammlung in der Frankfurter Paulskirche

Obwohl die soziale Frage einen Großteil der Revolutionäre auf die Barrikaden gebracht hatte, war die "Märzrevolution" dennoch keine proletarische Revolution, der es um einen Umsturz der wirtschaftlichen Verhältnisse ging. Im Vordergrund standen bürgerliche Ideen, vor allem der Begriff der Freiheit. Vielleicht weil es in der Hauptsache Bürger waren, die diese Ideen in den Nationalversammlungen in der Frankfurter Paulskirche artikulierten. Vertreter des vierten Standes waren in diesem "Organ" der Märzrevolution kaum noch zu finden. Pressefreiheit, die Freiheit Vereine - also Parteien - zu gründen, freie Meinungsäußerung, um ein souveränes Volk sein zu können, diese Ziele standen im Mittelpunkt der Märzrevolution, dafür wollten die Revolutionäre einen einheitlichen deutschen Nationalstaat gründen.

Die Revolution scheitert

Gedenktafel für die Toten der Märzrevolution in Berlin Friedrichshain

Trotz der gemeinsamen Anfangseuphorie im März 1848 fielen die Unterschiede in den verschiedenen sozialen Schichten, das unterschiedliche Bewusstsein von Handwerkern, Bauern, von Liberalen und Demokraten im Bürgertum immer mehr ins Gewicht. So hatten die konterrevolutionären Truppen der Preußen und Österreicher mit den zerstrittenen Revolutionären leichtes Spiel: Sie beenden die Versammlungen und schlagen die Revolution im Juli 1849 zuletzt mit Waffengewalt nieder.


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