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Ende der Welt - Die tägliche Glosse Engmaschiges Glücksempfinden

Sensationelle Erkenntnisse liefert uns der „Glücksatlas“ der Süddeutschen Klassenlotterie: Im Schnitt geht es dem Menschen im Sommer besser als im Winter. Wer hätte das gedacht? Allerdings ist der Unterschied in nackten Zahlen eher zu vernachlässigen. Eine Glosse von Gregor Hoppe.

Author: Gregor Hoppe

Published at: 16-3-2023

Während wir gebannt die Fortschritte auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz bestaunen, gerät, was sich bei der menschlichen Intelligenz tut, eventuell ein wenig aus dem Blick. Das lässt sich, für den Laien, schon daran ermessen, welche Binsenwahrheiten im Gewand einer wissenschaftlichen Studie ihm vorgesetzt werden. Zum Beispiel hat der SKL Glücksatlas die Erkenntnisse aus seinen jüngsten Umfragen herausgegeben.

Nichts gegen den SKL Glücksatlas und seinen verdienten wissenschaftlichen Leiter Professor Bernd Raffelhüschen von der Universität Freiburg! 60-tausend Menschen zu befragen, zudem die Datenbank des SKL-Glücksatlas aus dem Fünfjahreszeitraum 2018 bis 2022 in die Umfrageergebnisse einzubeziehen, ist bestimmt eine lobenswerte Unternehmung. Aber es bleibt fraglich, ob sich der Glücksatlas der Süddeutschen Klassenlotterie diesmal nicht an äußerst nüchternen Zahlen volltrunken redet.

Wir sind also im Winter mit unserem Leben am unzufriedensten. 6, 68 Punkte auf der Zehn-Punkte-Skala. Kommt aber der Frühling, steigt unser Glücksempfinden. Und zwar um durchschnittlich um 0,03 Punkte auf 6,71 von 10.

Drei Hundertstel mehr Glücksempfinden. Gut, wir verlangen keine rauschhaften Zufriedenheitszustände. Aber was ist ein Frühling wert, der uns gerade mal drei Hundertstelpunkte glücklicher macht als im Winter, wo wir alle totalgenervt sind?

Freilich dürfen wir Bayern uns schon zugestehen, unabhängig von der Jahreszeit zu granteln

Freilich dürfen wir Bayern uns schon zugestehen, unabhängig von der Jahreszeit zu granteln. Selbst im Hochsommer nämlich erreicht der Mensch laut SKL Glücksatlas mit bei 6,74 das Ende des glückseligen Fahnenmasts. Das bedeutet: Unser abgrundtiefes Unglück im Winter ist von der Frühlingseuphorie genauso weit entfernt wie die Lenzeslust von der Sommerseligkeit. Konkret: Von dem Zustand „völlig fertig“ reichen uns 0,06 Prozentpunkte zum Überschnappen vor Glück.

Wenn Sie heute also einem Menschen begegnen, der freundlich und aufgeräumt auf Sie wirkt, ist Vorsicht geboten: Sein nächster Wutanfall ist gerade mal 6 Hundertstel auf der 10-Punkte Skala des SKL Glücksatlas entfernt. Und diese Angabe ergeht noch dazu ohne Gewähr.


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