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Ende der Welt - Die tägliche Glosse Geschwister

Kennen kann man viele, darunter sind vielleicht auch Freunde und Bekannte kann man auch haben. Und dann gibt es da noch die Geschwister. Eine Glosse von Nicole Hirsch.

Von: Nicole Hirsch

Stand: 10.04.2025

Angeblich kennt jeder jeden über sechs Komma sechs Ecken. Ja, auch Sie haben einen Bekannten, der eine Freundin hat, die wiederum jemanden kennt, der sich mit jemandem getroffen hat, der mit Donald Trump verkehrt. Isso. Dafür können Sie auch von sich behaupten, Taylor Swift oder den Dalai Lama zu Ihrem weitesten Freundeskreis zu zählen.

Über sechs Ecken mit der ganzen Welt bekannt zu sein ist immer noch besser, als sich über sechs Ecken mit jedem verwandt zu wähnen - in manch hügeligem Haufendorf oder auf manch abgelegener Hallig mögen es sogar deutlich weniger Ecken sein. Generell ist es jedenfalls nicht ratsam, wenn der Cousin auch der Vater der eigenen Kinder ist. Die Habsburger konnten ein Lied davon pfeifen - sofern es ihnen ihre berühmte Habsburger-Lippe erlaubte, selbige ausreichend zu spitzen.

Nein wir machen jetzt nicht mit den Schwesterparteien CDU und CSU weiter

Apropos „liebe Verwandte“ beziehungsweise „schrecklich nette Familien“, nein wir machen jetzt nicht mit den Schwesterparteien CDU und CSU weiter, die sich nun wieder mit der ungeliebten Stiefschwester SPD zusammenraufen müssen, aber eins muss gesagt werden: So wie den schwarzen Unionsbrüdern mit ihrer roten Sozia geht es allen, die Geschwister haben: Sie sind diejenigen unter unseren Angehörigen, mit denen wir die meiste gemeinsame Lebenszeit teilen. Egal ob wir eine Koalition mit ihnen bilden oder nicht.

Auch die Eltern müssen wir mit unseren Brüdern und Schwestern teilen, die sind ja das, was – zumindest für demokratische Parteien – die Verfassung ist, gerne auch mal in Personalunion mit dem obersten Gericht und der Taschengeldkürzungen anberaumenden Exekutive. Aber wer hat schon behauptet, in einer Familie gebe es Gewaltenteilung. Neben den Alleinherrschern namens Eltern teilen wir mit Geschwistern auch noch zum Beispiel diese kleine Lücke zwischen den Schneidezähnen. Die jedes Kind der Familie hat, weshalb man das Geschwisterkollektiv auf dem Schulhof gerne mal „den Hasenstall“ nennt. Die Billo-Turnschuhe, die es beim Lidl im Angebot gab und die deshalb ALLE bekommen haben. Mal sehen, ab wann Saskia Esken im Trachtenjanker auftaucht.

Am heutigen Tag der Geschwister ist es auf jeden Fall Zeit, sich einmal grundlegend Gedanken zu machen, wie wir zu unseren Schwestern und Brüdern stehen. Ja, wir könnten sie manchmal auf den Mond schießen, und doch sind wir froh, sie zu haben, nämlich dann, wenn es dringend bedingungslos Verbündete braucht, sei es als Erstklässler gegen die gefährlichen Dudes aus der Vierten, sei es, um zusammen mit der Lieblingsschwester eine Killerstrategie gegen die Bitches aus dem Einkaufszentrum auszuhecken. Da könnten sich die Parteien im Bundestag mal was davon abschauen, von diesem Zusammenhalt, wenn es um die wirklich schlimmen Jungs und Mädels geht. Nämlich um die, die gerade an den Fundamenten unseres Familienheims namens Demokratie zündeln. Spätestens da wird es Zeit, allen Bruderzwist und Schwesterstreit ruhen zu lassen und zusammen den schweren Gartenschlauch aus der Garage zu holen, zum Löschen. Fragen Sie mal den Dalai Lama, wie der das sieht. Den kennen Sie doch.


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