Ende der Welt - Die tägliche Glosse Adé Bindestrich
Im Namensrecht soll der Bindestrich verschwinden. Ob es uns im Radio gelingt, die Neuerung, die ab 2025 in Kraft treten soll, akustisch umzusetzen sei dahingestellt. Ohne Bindestrich wird der Zusammenhalt loser. Dann wäre vielleicht sogar ein Name wie Bayerle Österreicher denkbar, der mit Bindestrich eher sinnlos wäre. Eine Glosse von Georg Bayerle.
Es gehört zu den Erstaunlichkeiten unserer jüngeren Kulturgeschichte, dass es Namensungetüme wie „Müller-Lüdenscheidt“ zu allgemeiner Bekanntheit bringen. Natürlich steht die Genialität von Loriot dahinter, der in seinem berühmten Badewannensketch aus dem Jahr 1978 schon außerordentlich früh das Recht zur freien Wahl des Nachnamens verarbeitet hat. Rekordhalterin in dieser Disziplin dürfte die ehemalige Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sein, die Loriots Kunstnamen mit ihren 26 Buchstaben im Nachnamen um satte 8 Zeichen übertrifft.
So ist es sicher kein Zufall, dass ihr junger Parteigenosse Buschmann in der Nachfolge als Justizminister das Namensrecht nun weiter liberalisieren und den Bindestrich bei Doppelnamen abschaffen will. Das soll die freie Kombinatorik der Namen bei Eheleuten, Partnern, deren Kindern und Adoptivkindern erleichtern, denn das Namensrecht, so Buschmann, sei „flexibel wie Beton“.
Ob es uns im Radio gelingt, die Neuerung, die ab 2025 in Kraft treten soll, akustisch umzusetzen sei dahingestellt. Mit dem Bindestrich verschwindet jedenfalls etwas vom Verbindenden, das einen Doppelnamen bisher zusammengehalten hat. Freilich ist die Sache komplizierter, denn der Sprachgeschichtskundige weiß, dass Leutheusser vom bereits zusammengesetzten, mittelhochdeutschen Lithus kommt, was soviel wie Schankwirtschaft bedeutet. Der Schnarrenberg wiederum ist ein Hügel, dem Misteldrossel und Wachtelkönig, (die heutzutage aus der Kulturlandschaft weitgehend verschwunden sind,) durch ihre schnarrenden Lockrufe in der Zeit des Nestbaus jetzt im Frühling ein akustisches Gepräge gegeben haben.
Ohne Bindestrich wird der Zusammenhalt loser
Ohne Bindestrich wird der Zusammenhalt loser. Dann wäre vielleicht sogar ein Name wie Bayerle Österreicher denkbar, der mit Bindestrich eher sinnlos wäre, denn entweder man ist Bayer oder Österreicher. Das -le spricht für eine schwäbische Komponente, aber Bayerisch-Schwaben ist ja eindeutig ein Herzland dieses Freistaats.
Der Frühling, wenn der Wachtelkönig singt, ist ein eher seltener Nachname, dabei ist sein Erscheinen ja besonders herzerfrischend. Sommer und Winter dagegen finden sich tausendfach in den Telefonbüchern, die Kombination Winter-Sommer mit oder ohne Bindestrich dagegen logischerweise eher nicht.
Wenn wir uns schon mit diesem unerwarteten Einfallstor der Poesie in den nüchternen Alltag aufhalten, dann müssen die Kulturen Afrikas und Lateinamerikas gelobt werden. Statt der immer gleichen Vornamenshitlisten hierzulande, gibt es dort das von Mylady abgeleitete Mileidis, das heute noch auf Prinzessin Diana zurückgeht oder Namen wie Clever, Brillant, Eversmile oder Kissmore – also „Küsse mehr“.
Ganz so liberal sind wir noch lange nicht und der beliebigen Aneinanderreihung von Namen, die ganze Ketten ergeben würden, bleibt ein Riegel vorgeschoben. Phantasiebegabte Naturen mögen das bedauern, aber in der alltäglichen Realität der Formulare werden sie doch dafür danken, dass endlos-Namenskaskaden Grenzen gesetzt sind.