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Kulinarische Reisen Maryse Condé über "Köstliches und Kostbares"

Das autobiografische Buch der alternativen Literaturnobelpreisträgerin ist nicht nur ein Blick in die farbenfrohen, duftenden Küchen der Welt. Maryse Condé erzählt zugleich die Geschichte ihrer Rebellion. Zweiteilige Lesung mit Charlotte Schwab

Stand: 03.06.2022 | Archiv

Maryse Condé | Bild: picture alliance / TT NYHETSBYRÅN | Christine Olsson/TT

"Den Protesten der stocktraditionellen Adélia zum Trotz dachte ich mir einen Grapefruit-Avocado-Salat aus, den ich mit ordentlich Zitronensaft anmachte. Doch seitdem war mir jedes Mal, wenn ich die Küche betrat, als würde ich ein Verbot missachten, ihm zuwiderhandeln – ein Gefühl, das mich einige Jahre später erneut beschleichen sollte, als ich die Jungs zum ersten Mal wie im Film auf den Mund küsste. Mit fünfzehn konnte ich Zicklein-colombo zubereiten, das Nationalgericht von Guadeloupe, das uns die Inder vermacht haben. Adélia konnte ich freilich nie überzeugen. Sie schürzte immer nur die Lippen: »Wie kommst du darauf, Zimt zu nehmen! Zimt hat im colombo gar nichts verloren!« Warum? Wer hatte das entschieden?... Ich schuf und erfand gern Neues."

(Maryse Condé, Köstliches und Kostbares)

Mit der von ihrer Großmutter Victoire geerbten Leidenschaft für das Kochen als rotem Faden setzt Maryse Condé die Reihe ihrer autobiografischen Bücher fort. Auch dieses Buch erzählt von einer Rebellion: „Nur Dummköpfe begeistern sich fürs Kochen“, bekommt Maryse als Kind von ihrer Mutter zu hören, die nicht verstehen kann, warum das intelligente Mädchen so gern der Köchin der Familie zur Hand geht. Und auch die Freunde der Bestsellerautorin sind mitunter schockiert, dass eine intellektuelle Frau sich der Kochkunst ebenso leidenschaftlich widmet wie der Literatur. 

Maryse Condé zelebriert ihre „Majestätsbeleidigung“ umso genüsslicher und nimmt die Leser*innen mit auf ihre Reisen nach Indien, Südafrika, Japan und in andere Länder. Kulinarische Entdeckungen und Erinnerungen sind dabei Anknüpfungspunkte für Reflexionen über politische, soziale und kulturelle Probleme, bieten Anlass für die kritische Auseinandersetzung mit eigenen Ansichten, Hoffnungen und Enttäuschungen. Wie in Mein Lachen und Weinen oder Victoire erzählt Maryse Condé humorvoll, sinnlich und versiert davon, wie sich die Welt auch auf Tellern spiegelt.

Jambalaya-Rezept von Maryse Condé

"Das Jambalaya ist ein Rezept aus Louisiana. Du brätst ein zerteiltes Hühnchen in vier Esslöffeln Olivenöl mit Salz, Pfeffer, ein wenig Kardamom (denn ich gebe Kardamom in alles) und reichlich Paprika an. Sobald die Stücke goldbraun sind, gibst du eine halbe Dose Tomaten hinzu und lässt alles etwa zwanzig Minuten köcheln. Anschließend fügst du Rauchfleisch oder Speck hinzu und lässt das Gericht weitere zwanzig Minuten schmoren, bevor du rote Bohnen – je eine Dosen für ein Huhn – und schließlich Garnelen zugibst. Lass das Jambalaya dreißig bis vierzig Minuten weiterschmoren und serviere es sehr heiß mit Reis oder Safranreis."

(Maryse Condé)

Maryse Condé, 1937 in Guadeloupe geboren, studierte Literaturwissenschaften an der Sorbonne in Paris und lebte danach viele Jahre in Westafrika. Zurück in Frankreich, widmete sie sich dem literarischen Schreiben und der Wissenschaft. Nach Stationen als Universitätsdozentin in Paris, Berkeley und Maryland wechselte sie 1995 an die Columbia University in New York. Seit der Gründung 1997 hatte sie den Vorsitz des Center for French and Francophone Studies bis zu ihrer Emeritierung 2002. Sie wurde vielfach ausgezeichnet, u. a. 1988 mit dem LiBeraturpreis. 2018 erhielt sie den New Academy Prize für Literatur. Maryse Condé lebt heute in New York und in Guadeloupe.

Poulet à l‘ananas/Huhn mit Ananas

Bunte Obstpracht von den Antillen

"Du brätst das Huhn eine Viertelstunde in Olivenöl an und gibst, sobald es gut gebräunt ist, nur den Saft aus zwei Dosen Ananas hinzu. Du lässt es eine halbe Stunde schmoren und fügst dann die in große Würfel geschnittenen Ananas, Paprika, Pfeffer, Kardamom und Kreuzkümmel dazu. Diesmal lässt du es zwanzig Minuten bei kleiner Flamme zugedeckt garen, dann servierst du es sehr heiß mit weißen Reis."

(Maryse Condé)

"Köstliches und Kostbares" von Maryse Condé
Kulinarische Reisen
Aus dem Französischen von Ina Böhme, erschienen bei litradukt

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