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Büchner-Preis für Jan Wagner Der Magier, der aus Kleinem Großes macht

Ein Sonett für einen Nagel oder eine Regentonne? Jan Wagner schafft es, uns im Kleinen, dem Alltäglichen, das Große zu zeigen. "Für seine spielerische Sprachfreude und meisterhafte Formbeherrschung" wird dem in Berlin lebenden Lyriker Jan Wagner jetzt am 28. Oktober der wichtigste Literaturpreis des deutschsprachigen Raums verliehen.

Stand: 19.10.2017 | Archiv

Jan Wagner als Stipendiat der Villa Massimo | Bild: picture-alliance/dpa

Büchner-Preis 2017 für den Meister "poetischer Sprachkunst"

Jan Wagner, 1971 in Hamburg geboren, in Ahrensburg aufgewachsen, lebt heute in Berlin. Er greift zurück auf traditionelle Formen und Stoffe, beherrscht das Sonett, das Pantum, die Ode und weiß eine Sestine zu erklären. Er dichtet formbewusst, anspielungsreich, elegant. Er choreographiert Szenen, sucht das Rezept gefüllter Champignons und erweist sich als kluger, aufmerksamer Beobachter von Dingen, der Naturbeschreibungen, kulturellem Geschehen. Er übersetzt und antwortet Dichter-Kollegen wie Rimbaud und foppt seine Leser mit unreinen Reimen, Halbreimen, Anklängen, Assonanzen. Seit "Probebohrung im Himmel", seinem Debüt 2001, jubiliert das Feuilleton angesichts seiner virtuosen Formenspiele. Am 28. Oktober verleiht ihm die Darmstädter Akademie für Sprache und Dichtung den höchsten Preis für deutschsprachige Literatur, den Georg-Büchner-Preis.

Begründung der Jury

"Jan Wagners Gedichte verbinden spielerische Sprachfreude und meisterhafte Formbeherrschung, musikalische Sinnlichkeit und intellektuelle Prägnanz. Entstanden im Dialog mit großen lyrischen Traditionen, sind sie doch ganz und gar gegenwärtig. Seine Gedichte erschließen eine Wirklichkeit, zu der Naturphänomene ebenso gehören wie Kunstwerke, Sujets der Lebens- wie der Weltgeschichte, erste Fragen und letzte Dinge. Aus neugierigen, sensiblen Erkundungen des Kleinen und Einzelnen, mit einem Gespür für untergründige Zusammenhänge und mit einer unerschöpflichen Phantasie lassen sie Augenblicke entstehen, in denen sich die Welt zeigt, als sähe man sie zum ersten Mal. Für diese poetische Sprachkunst, die unsere Wahrnehmung ebenso schärft wie unser Denken, verleiht die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung den Georg-Büchner-Preis 2017 an Jan Wagner."

Erschienen bei Hanser

radioTexte - Das offene Buch ehrt den frisch gekürten Preisträger Jan Wagner am Sonntag, dem 22. Oktober mit einer Lesung aus seiner vor kurzem zusammen mit dem Autor Tristan Marquardt herausgegebenen Anthologie "Unmögliche Liebe" und aus seinem jüngst erschienen Gedichtband "Selbstporträt mit Bienenschwarm" mit Wagners Lieblingsgedichten.
Gespräch und Lesung um 11 Uhr auf Bayern 2.
Redaktion und Moderation: Cornelia Zetzsche


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