Bayern 2 - radioTexte


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Roman zum Kriegsende "Finale Berlin" von Heinz Rein

"Finale Berlin" von Heinz Rein, ein Roman über die letzten Kriegstage in der Reichshauptstadt, erschien 1947 und wurde ein Bestseller. Nun liegt eine Neuausgabe vor, in den radioTexten sind Auszüge aus dem Roman zu hören.

Stand: 24.04.2015

Buchcover "Finale Berlin" von Heinz Rein | Bild: Schöffling& Co, Montage: BR

April 1945 in der zerbombten, belagerten Reichshauptstadt: Greise und Schuljungen sollen Berlin auf Leben oder Tod gegen die Alliierten verteidigen, Deserteure versuchen, Zeit zu gewinnen, Fanatiker begleichen offene Rechnungen, noch immer gilt der Führerbefehl, Lynchkommandos sind in der Stadt unterwegs, es gibt Verzweiflungs-, Rache- und Sabotageakte. In seinem Roman "Finale Berlin", einem der ersten Bestseller der Nachkriegszeit, malt Heinz Rein ein Kaleidoskop verschiedenster Typen und Biografien, flicht historische Quellen ein und führt seinen Lesern so die apokalyptischen Tage vor dem Kriegsende vor Augen.

Ein engagierter Schriftsteller

Rein, geboren 1906 in Berlin, war Bankangestellter und Sportjournalist, 1933 verlor der politisch links engagierte Autor seine Arbeit, wurde mit einem Schreibverbot belegt und zeitweise von der Gestapo in Haft genommen. Nach 1945 arbeitete er zunächst Literaturreferent in der sowjetischen Besatzungszone, später als freier Schriftsteller in der DDR. In den frühen 50er-Jahren jedoch brach er mit der SED und zog nach Baden-Baden, wo er 1991 starb. "Finale Berlin" erschien bereits 1947. Das Buch, noch ganz unter dem Eindruck der Ereignisse rasch geschrieben, bot einer traumatisierten Leserschaft erste Ansätze der Auseinandersetzung mit der jüngsten Vergangenheit. Wie in einem Brennglas zeigt der Roman die brutale Realität des Krieges - in einer Situation, in der das Weiterkämpfen längst aussichtlos war. Heinz Rein zeichnet auch die Fronten innerhalb der deutschen Gesellschaft zwischen letzter Mobilmachung und Widerstand nach, und er beschreibt das stets gefährdete Alltagsleben in der umkämpften Stadt.

"Die Bewegungen der Menschen, ihre Sprache haben etwas seltsam Gehetztes, jedes Geräusch, das aus der fließenden Eintönigkeit aufzuckt, läßt sie zusammenfahren und erregt lauschen. Sie kennen nur ein Gesprächsthema: die Luftlage, ob das Reich feindfrei, ob Bomberverbände eingeflogen sind, welchen Kurs sie nehmen, ob sie abfliegen. Jeder, der seine Wohnung verläßt, nimmt von seinen Angehörigen Abschied wie jemand, der eine lange, beschwerliche Reise in die Ungewißheit eines unbekannten, gefährlichen Landes unternimmt, jeder führt einen Koffer, einen Rucksack, eine pralle Aktentasche oder eine Umhängetasche mit sich, da die Alarme sie oft überraschen und zwingen, irgendwo, weitab von der Wohnung, Deckung zu nehmen."

aus: Heinz Rein, "Finale Berlin", Verlag Schöffling & Co 2015

Literarische Wiederentdeckung

Christian Baumann

"Finale Berlin" ist in einer rhythmischen, packenden, auch pathetischen Sprache geschrieben, die dramatische Situation wird mit großem Detailreichtum lebendig gemacht. Das Buch versammelt unterschiedliche Textsorten: erzählerische Passagen, Dokumente, Pressezeugnisse. 70 Jahre nach Kriegsende liegt nun eine Neuausgabe des Romans vor - eine beeindruckende Wiederentdeckung. In den radioTexten am Donnerstag ist ein Auszug zu hören, in dem es um einen als Skatrunde getarnten Widerstandszirkel geht, in dessen Mitte der NS-Blockwart auftaucht. Es liest Christian Baumann.

radioTexte

"Finale Berlin" von Heinz Rein
Christian Baumann liest Auszüge aus einem halbdokumentarischen Roman der Nachkriegszeit.
Donnerstag, 30. April 2015, 21.05 Uhr auf Bayern 2

Regie: Irene Schuck
Redaktion und Moderation: Judith Heitkamp


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